Sie leben in Einklang mit Baum und Tier, in Freiheit und Harmonie mit den anderen, einfacher, aber sinnerfüllter und gesünder, freier im Sex, sie führen einfach das bessere Leben: edle Wilde, nicht korrumpiert von den Versuchungen und Zwängen der Zivilisation. So das schöne, falsche Klischee, das sich in den Köpfen der Großstädter der westlichen Welt mit großer Zähigkeit hält, der Mythos vom edlen Wilden. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Und daran haben auch die Touristen der zivilisierten Welt ihren Anteil, die auf Photosafaris zu den indigenen Völkern reisen, die noch in relativer Isolation leben. Das hat zum Beispiel bewirkt, dass der Lippenteller der Frauen bei den Mursi im äußersten Südwesten Äthiopiens noch weiter gewachsen ist. Als Reaktion auf das photographische Interesse. Wer eine größere Lippe hat, bekommt mehr Klicks und mehr Geldscheine. Aber dieser Schattenverkauf berührt die eigentliche Frage nur marginal. Wichtiger ist, dass die Wirklichkeit der indigenen Völker ganz anders aussieht als unsere hehre Vorstellung von ihnen. Und unsere Überzeugung, ihre Lebensweise müsse auf jeden Fall bewahrt werden. Ist das wirklich so wünschenswert? Die Lebenserwartung bei den indigenen Völkern ist aufgrund schlechter Hygiene meistens niedrig, Hexenglauben und Gewalt sind an der Tagesordnung, Freundschaften sind zweckorientiert, Nahrungsmitteltabus führen zu schlechter Ernährung, religiöse Vorstellungen zu unnötigen Ängsten, die Sexualität ist reglementierter als in westlichen Gesellschaften. Und auch mit der Umwelt gehen die sogenannten Naturvölker nicht immer schonend um. Die Maori verbrannten anfangs des 14. Jahrhunderts fast den gesamten Wald Neuseelands. Bei vielen Naturvölkern hat Gewalt einen hohen Stellenwert. Bei manchen Gruppen im Omo-Tal in Äthiopien muss ein Mann einen anderen Mann getötet haben, um überhaupt heiratsfähig zu sein, bei den Hamar werden alle Frauen zur Initiation ausgepeitscht, bei dem Volk der Arbore werden den Mädchen die mittleren unteren Schneidezähne aus dem Kiefer gebrochen. Ganz zu schweigen von der allgegenwärtigen Verstümmelung der Vulva, mit Rasierklinge oder Küchenmesser von medizinisch ahnungslosen Laien durchgeführt. Ethnologen erklären solche Praktiken mit der inneren Logik dieser Gesellschaften: Die Altentötung oder Aussetzung der Alten bei den Kalahari diene dem Überleben der Gruppe. Aber muss man das deshalb gut finden? Jedenfalls gibt es keinen Grund, Naturvölker zu idealisieren. Auch wenn bei ihnen die Kinder autonomer aufwachsen als bei uns, auch wenn hier niemand einsam ist, auch die Alten nicht, auch wenn immer jemand für einen da ist. Weber, Christian: „Dschungelmärchen“, in: Süddeutsche Zeitung 239/2016: 36-37)
Zitate
I’ve always thought I’d be particularly good in Romeo. As the nurse.
— Noel Coward-
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