Musik macht klug. Musik macht klüger. Diese Annahme hat dazu geführt, dass in zwei Bundesstaaten der USA jedes neugeborene Baby mit einer Mozart-CD beglückt wird. Doch die Sache hat einen Haken: Die Annahme stimmt nicht. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Grundlage dafür. Seit Jahrzehnten versuchen Forscher (meist selbst Musiker), den allgemeinen Bildungseffekt des Musikunterrichts zu belegen. Seit Jahrzehnten polemisiert Glenn Schellenberg, ein kanadischer Psychologe (selbst Musiker) dagegen. Sein wichtigster Einwand: Es wird, wie so oft, Korrelation und Kausalität verwechselt. Erstaunlich, wie viele Wissenschaftler nicht immun sind gegen diesen methodischen Bazillus. Wenn ein Kind, das Musik spielt, ein größeres Abstraktionsvermögen, bessere Sprachfähigkeiten oder bessere Noten in Mathematik hat, dann liegt das nicht zwingend daran, dass es Musik macht. Die Transferleistungen sind nicht durch die Musik zustande gekommen. Wer Klavier spielt und bessere Noten hat, ist vielleicht einfach allgemein leistungsbereiter. Oder stammt aus einem Elternhaus, in dem Wert auf Bücher und anregende Gespräche gelegt wird. Ein weiteres methodisches Problem ist der Faktor Langzeitwirkung. Forscher vergleichen Kinder, die Musik machen mit Kindern, die keine Musik machen, aber sie können kaum beobachten, wie sich die Musik im Laufe der Jahre auswirkt. Dennoch wird in unzähligen Studien immer wieder der Zusammenhang behauptet. Besonders unkritisch zeigen sich, Schellenberg zufolge, Hirnforscher, wenn es um ihre Methode geht. Sie neigen dazu, ihre Studien mit EEGs und Kernspintomographen zu untermauern. Aber mit beeindruckenden Apparaturen lassen sich nicht so ohne Weiteres objektive Sachverhalte messen. Und man kommt leicht zu falschen Ergebnissen, wenn man Talent und Durchhaltevermögen “herausrechnet”, weil man nicht weiß, wo sie im Gehirn sitzen. (Drösser, Christoph: “Macht Musik wirklich klüger?”, in: Die Zeit 53/2019: 39.)
Zitate
Sometimes I sits and thinks. And sometimes I just sits.
— English countryman-
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