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I honestly beleave it iz better tew know nothing that two know what ain’t so.
— Henry Wheeler Shaw (aka Billings)-
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Der Bürgermeister von Wesel
“Wie heißt der Bürgermeister von Weeeesel?” So riefen wir es als
Kinder in den Tälern gegen die Bergwände, in der Hoffnung, vom Echo die
richtige Antwort zu bekommen: “Eeeesel!”
Die Marketing-Abteilung der Stadt hat sich das zu eigen gemacht und den Esel
zu einer Art Symbol-Trier für Wesel erhoben. Überall im Stadtzentrum stehen
bunt bemalte Esel. Die können von Firmen oder von Bürgern erworben und nach
eigenem Geschmack gestaltet werden. In der Fußgängerzone sind u.a. ein
Schuhgeschäft, eine Eisdiele und der Weltladen mit einem Esel vertreten.
Das eigentliche Wappentier Wesels ist aber nicht der Esel, sondern ein
schwer identifizierbares Tier, das immer gleich in dreifacher Ausführung
erscheint. Ein Jaguar? Kaum vorzustellen, die waren zu der Zeit, als Wappen
aufkamen, in Europa vermutlich noch gar nicht bekannt. Es stellt sich heraus,
dass es der Wiesel ist, Wir haben es mit einem “sprechenden Wappen”
zu tun, wie bei dem Eimer in Emmerich, dem Pfau in Pfauen oder dem Bären in
Berlin. Hier spielt nur die lautliche Ähnlichkeit eine Rolle.
Wesel war in der Vergangenheit eine bedeutende Handelsstadt. Erkennen kann
man das an dem prächtigen Dom, mit dessen Bau die Stadt auf ihren Reichtum
hinwies. Schon die Tatsache, dass er Dom heißt, ist bezeichnend.
Die Kirche, spätgotisch, stammt aus dem 16. Jahrhundert. Das ursprüngliche
Patrozinium, Willibrord, wurde beibehalten, auch als die Kirche evangelisch
wurde. Willibrord, der angelsächsische Missionar und Gründer des Bistums
Utrecht, wird meist mit dem Kloster Echternach in Verbindung gebracht, das er
ebenfalls gründete. In Echternach wurde er nach eigenem Wunsch begraben, und
dort wurde er auch als erstes als Heiliger verehrt.
Innen fällt die Orientierung, im wahrsten Sinne des Wortes, schwer, denn man
betritt die Kirche von der Seite, und den Osten hat man, vor die Apsis, eine
mächtige Orgel aufgestellt. Der moderne Altar steht davor.
Der Dom ist fünfschiffig und hat ein aufwendig gestaltetes Ziergewölbe. an
einer durch ein Gitter abgetrennten Kapelle gibt es ein schönes Relief mit
posaunenden Engeln.
In der Kirche eine Stadtdarstellung von 1572, mit dem latinisierten Namen
von Wesel, Vesalia. Eine komplette Stadtmauer umschließt die Stadt, und eine
Doppelbrücke führt über den Festungsgraben und die Lippe in die Stadt. Die
Lippe fließt direkt vor der Stadtmauer her. Ob das historisch richtig ist, weiß
man nicht, aber es sieht hübsch aus. Auf jeden Fall hat Wesel seiner Lage an
Lippe und Rhein seine Entwicklung zur Handelsstadt zu verdanken.
Auf schwarz-weiß Photos sieht man die Zerstörung der Stadt nach dem 2.
Weltkrieg. Die Stadt war von den Preußen zu einer Festung ausgebaut worden, und
die alliierten Bombardements haben sie in Schutt und Asche gelegt. Als Teil des
Herzogtums Kleve war Wesel schon im 17. Jahrhundert zu Preußen gekommen.
Als Erinnerung an die Kriegszerstörung ist in die Seitenwand ein Stein aus
der Dresdner Frauenkirche eingelassen, die wiederum einen Stein des Weseler
Doms hat. Auch eine zerstörte Glocke aus der Matena-Kirche, die auf der
Stadtansicht von 1572 zusammen mit dem Dom hoch über die Stadtmauer hinausragt,
erinnert an den 2. Weltkrieg.
Auf einem weiteren Photo sieht man die Brücke über den Rhein, von den
deutschen Soldaten angesichts des Heranrückens des Feindes zerstört, in der
trügerischen Hoffnung, den Feind aufhalten zu können. Etwas weiter
flussaufwärts sieht man dann die Ponton-Brücke, über die die Alliierten auf die
rechte Rheinseite gelangten.
Nach dem Krieg wurde die Kirche mit Hilfe eines Dombauvereins und einer
Lotterie wiederaufgebaut, und zwar, wie es heißt, in einer Rückkehr zu dem
ursprünglichen spätgotischen Vorbild. Schon im 19. Jahrhundert war die
baufällige Kirche aufwendig restauriert worden, und zwar, dem Zeitgeschmack
entsprechend, im neugotischen Stil. Ich frage mich aber, woher man nach dem
Krieg wusste, wie die Kirche ursprünglich aussah.
Außen sieht man an einem Seitenportal ganz weit oben Willibrord, weiter
unten, über dem Eingangsportal, auf der einen Seite den Großen Kurfürsten, auf
der anderen den Kaiser, vermutlich Wilhelm I.
Schön gestaltet ist das Brautportal. Das erinnert daran, dass man ursprünglich
außerhalb der Kirche heiratete und dann in die Kirche einzog, so, wie man auch
ursprünglich außerhalb der Kirche getauft wurde.
In einer Außenmauer des Doms ist ein Stein eingelassen der an Peter Minuit
erinnert, dem Seefahrer, der Legende nach der Gründer von New York. Man weiß
inzwischen, dass das nicht stimmt, aber er war in den Anfangsjahren der Stadt,
als sie noch Nieuw Amsterdam heiß, wesentlich an der Entwicklung der Stadt
beteiligt. Der französische Nachname ist das Indiz dafür, dass seine Vorfahren Glaubensflüchtlinge
waren. Wesel nahm auf verschiedenen Ländern, vor allem aus Frankreich und den
Niederlanden, Glaubensflüchtlinge auf.
Neben Minuit stammen auch Konrad Duden, Jan Hofer und Dieter Nuhr aus Wesel,
und Hanns-Dieter Hüsch und Udo Lindenberg haben gewisse Verbindungen mit Wesel.
Nach Duden wurde das hiesige Gymnasium benannt. Ob es auch eine Verbindung zu
Lombard gibt, auf den angeblich ein Relief in der Lambert-Straße hindeuten
soll, steht in den Sternen.
Genauso rekonstruiert wie der Dom ist die wunderbare gotische Fassade des
alten Rathauses. Sie ist auch spätgotisch, in einem flämisch wirkenden Stil,
aber älter als der Dom. Die Fassade ist schön gestaltet, mit schmalen Fenstern,
allerlei Türmchen und Fialen und Figuren aus der Ortsgeschichte in der
Beletage. Unten ein Portal mit einer hölzernen Tür und eine Freitreppe daneben.
An einem Platz sehen wir zwei moderne Bronzefiguren, an einem Brunnen
sitzend, der eine lange und dürr, der andere rundlich. Sie verkörpern volkstümliche
Typen der Vergangenheit.
An der Fassade des neuen Rathauses sieht man das stilisierte Wappen der
Stadt mit den drei Wieseln. Dieses Rathaus ist bereits das dritte, denn es gab
ein weiteres, das in der Fußgängerzone stand. Das wurde aber tatsächlich
abgebrochen, nachdem der Kaufhof Interesse angemeldet hatte und genau diese
Parzelle wollte. Man gab dem Drängen des Konzerns nach, mit dem Ergebnis, dass
der Bau heute leer steht.
Die ganze Fußgängerzone, vom Markt bis zum Berliner Tor, durchzieht ein
graues Band mit den Namen von Städten, über mehr als einen Kilometer. Es sind
an die 200 Städte. Man fragt sich, was diese Städte wohl miteinander oder mit
Wesel zu tun haben: Unna, Hamm, Münster, Roermond, Brügge, Lüneburg, Danzig,
Riga, Visby. Es sind alles Hansestädte!
Etwas abseits der Fußgängerzone ein Wandbild an einer Häuserwand, mit dem
Titel Hansestadt Wesel. Es stellt eine Szene aus der frühen Neuzeit dar, mit
zwei in Pelz gehüllten Kaufleuten, die Felle inspizieren. Hinter ihnen ein
gotisch wirkendes Sprossenfenster, um sie herum Säcke, Krüge, Fässer, Körbe.
Die Felle sind ein Hinweis darauf, dass der Tuchhandel die Basis des Reichtums
von Wesel war.
In einer Unterführung sehen wir den Fries eines abgerissenen Stadttors, des Klever Tors. Er stammt aus dem 18. Jahrhundert und stellt eine Huldigung an den Kurfürsten dar. Der sitzt, gewandet wie ein Römer, in der Mitte des Frieses auf einem Thron unter einem Baldachin und nimmt die Huldigungen des Volkes entgegen. Er trägt den Kurhut, die Bekrönung der Kurfürsten. Der sieht aus wie eine Krone, hat aber eine hermelinbesetzte Krempe anstelle eines Metallreifens. Wer die Figuren rechts und links des Kurfürsten sind, ist schwer zu sagen, aber sie sehen aus wie ein Zitat aus der Antike, mit Soldaten und Bauern links und Göttern und Helden rechts. So setzten sich die Preußen in Szene.
Die letzte Sehenswürdigkeit der Innenstadt ist ein erhaltenes Stadttor, das Berliner Tor. Aber wir bekommen es nicht zu sehen, denn es wird gerade restauriert. Man kann oben gerade noch zwei posaunenblasende, geflügelte Figuren erkennen, rechts und links des preußischen Wappenschilds. Wir erfahren aber, dass auch hier die Antike zitiert wird, mit zwei überlebensgroßen Statuen von Minerva und Herkules.
Auf Photos sieht das erleuchtete Berliner Tor dem Brandenburger Tor sehr ähnlich. Das dürfte auch ein Indiz für die ehemalige Bedeutung der Stadt sein.