1. Das Reinheitsgesetz von 1516 nennt nur Gerste, Hopfen und Wasser. Dennoch wird Hefe zu den ‚reinen’ Ingredienzien gezählt. Bier besteht zu 96% aus Wasser.
2. Seinen Geschmack bezieht das Bier weitgehend durch das Malz. Je höher die Temperatur, desto dunkler das Bier. Bis zur Industrialisierung wurde fast nur dunkles Bier getrunken, da man die Temperatur nicht kontrollieren konnte.
3. In Athen und Rom wurde Wein getrunken, aber im Alten Ägypten Bier. Es gab sogar schon private und staatliche Brauereien. Die Germanen tranken auch Bier, aber nur zu besonderen Gelegenheiten, z.B. bei Versammlungen. Das Bier sollte die Zunge lösen sollte.
4. Die deutsche ‚Hauptstadt des Biers’ war weder München noch Köln, sondern Hamburg, mit den weitaus meisten Brauereien. In Bayern wurde das Bier erst nach dem Dreißigjährigen Krieg populär.
5. Im Mittelalter trank man Bier, weil es sättigend und nahrhaft war. Auch Kinder bekamen Bier, z.B. in Form von Biersuppe. Das Bier war allerdings nicht so stark wie heute. Der Konsum von Bier hatte einen positiven Nebeneffekt: Es hatte weniger Krankheitserreger als Wasser. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag zwischen 250 und 500 Litern. Heute sind es 100 Liter.
6. Bier wurde traditionellerweise in der Schenke getrunken oder in Krügen aus der Schenke nach Hause getragen. Flaschenbier setzte sich lange nicht durch. Die Herstellung war kostspielig, und die Flaschen wurden nicht zurückgebracht. Als Flaschen aufkamen, hatte sie zunächst Korken als Verschluss, dann kam der Bügelverschluss. Schenken sahen eher wie Wohnzimmer aus, erst später, durch die Einführung der (aus England importierten) Theke wurde ein kommerzieller Raum geschaffen mit einer klaren Trennung zwischen Wirt und Kunde.
7. Die Zahl der Kneipen ist rückläufig: In Duisburg z.B. von 851 (1982) auf 598 (1999).
8. Die einzige überlebende Brauerei in Duisburg ist die König-Brauerei in Beeck. Der Gründer, König, hatte seine ersten Schritte als Brauer in Sterkrade getan, sein Handwerk aber in Süddeutschland gelernt. Er gründete die ‚Bairische Bierbrauanstalt’ und setzte sich damit, mit untergärigem Bier, gegen den populären Trend zu obergärigem Bier (Export, Alt, Kölsch) im Rheinland durch.
9. Dortmund war einstmals die größte Bierstadt Europas mit vielen Brauereien: Kronen, Hansa, Thier, Actien, Union, Stifts, Ritter, Bergmann. Der Niedergang kam mit dem Niedergand von Stahl und Kohle und den neuen Trends, die von den alten, patriarchalischen Brauereibesitzern nicht erkannt wurden, wie der Wechsel vom Export zum Pils.
10. Das Export war ursprünglich wirklich das Bier, das zum Export bestimmt war. Es wurde etwas stärker gebraut als das einheimische, aber es stellte sich heraus, dass das auch den Dortmundern schmeckte. Dann wurde es zum Standard-Getränk.
11. Es gab auch konfessionelle Affinitäten: Thier (das ‚Herz-Jesu-Bier’) war immer stark mit der katholischen Kirche verbunden und verdankte seine Rettung nach dem Krieg der Intervention der Kirche. Noch heute wird in den Kolpinghäusern Thier ausgeschenkt. Das protestantische Bier war Hansa.
12. Legendär ist der ‚Bierkrieg’ zwischen Münsterländern und Dortmundern: Die Münsterländer wollten die Gefahr aus dem Ausland abwehren und ließen die Dortmunder Bierfässer beschießen, woraufhin die Dortmunder Söldner zum Schutz der Bierfässer rekrutierten. Es gibt keine historischen Belege für den Bierkrieg, aber das Gerücht hält sich hartnäckig.
13. Das Dortmunder Biermuseum befindet sich auf dem Gelände der Hansa-Maschinenhalle und des Sudhauses der Actien-Brauerei.
14. Von den vielen Dortmunder Brauereien blieben nach dem Konzentrationsprozess noch Kronen, Thier, Bergmann, Union, Actien, Ritter, Hansa und Stifts übrig. Später schlossen sich Actien und Hansa zusammen und Thier und Stifts. Zur Hochzeit der Dortmunder Produktion kam jedes 10. in Deutschland getrunkene und jedes 2. exportierte deutsche Bier aus Dortmund.
15. Es gab immer eine enge Verbindung von Sport und Bier. Der OSC Thier war einer der erfolgreichsten deutschen Leichtathletikvereine, und der BVB erhielt seinen Namen von der Borussia-Brauerei!
16. Im Laufe der 50er Jahre stieg der Bierkonsum von 40 Litern pro Person und Jahr auf 100 Liter! Mitte der 70er Jahre lag er dann bei 150 Litern. Jetzt liegt er wieder da, wo er in den 60er Jahren lag.
17. Die Thier-Brauerei schaffte nach dem Krieg bis zum Höhepunkt der Produktion (1949-1976) 300 neue Fahrzeuge für den Biertransport an, eins pro Monat!
18. Die Brauereien beschäftigten ehemals nicht nur Brauer und Mälzer, sondern auch Küfer, Maschinisten, Heizer, Schlosser, Schmiede, Elektriker, Fuhrleute, Sekretärinnen, Buchhalter. Dennoch belief sich die Zahl aller an allen Dortmunder Brauereien Beschäftigten auf weniger als 6.000!
19. 1293 verlieh König Adolf von Nassau der Stadt Dortmund das Privileg, Bier mit Grut zu brauen. Das Grut musste im Städtischen Gruthaus gekauft werden. Die Stadt erhob also eine indirekte Steuer und verschaffte sich damit eine Einnahmequelle. Lange wurde dem Bier Aromastoffe hinzugefügt wie Harz, Lorbeer und Porst (wilder Rosmarin).
20. Die Actien-Brauerei hatte in den 20er Jahren 60.000 Fässer. Alle aus Holz. Holzfässer hielten sich lange, trotz der offensichtlichen Nachteile: teuer, undicht, schwer, arbeitsintensiv, Verletzungsrisiko. Bei der Wartung der Fässer war das Pichen und Entpichen ein wichtiger Vorgang, das Auftragen, Ausbessern und Entfernen der Pechschicht im Inneren des Fasses.
21. Der Konsum von Fassbier ist von ehemals ca. 70% auf jetzt ca. 25% gefallen.
22. Die Gesellen wohnten ehemals in der Brauerei. Kost, Logis und Freitrunk gab es zusätzlich zum Lohn. Für den Freitrunk bekam jeder sogenannte Schießmarken, mit denen man sich aus einem in die Wand eingelassenen Automaten, dem Schießautomaten, sein Bier in einen Krug füllen konnte.
23. Zuerst wird die Gerste in Wasser gelegt, dann getrocknet. Dann kommt das Malz hinzu. Das Malz prägt entscheidend den Charakter des Bieres. Je heißer das Malz, umso dunkler das Bier.
24. Der Siegeszug des Hopfens begann erst im 16. Jahrhundert. Bis dahin gab es Grutbier. Beim Grut wurden nur die weiblichen Pflanzen verwendet. Pils enthält mehr Hopfen als Export. Beim Wasser zählt nicht nur die Frische und Reinheit, sondern auch der Mineralgehalt.
25. Im 2. Weltkrieg blieb der Bierkonsum erst stabil. Dann, als die Malzzuteilungen knapper wurden, ging der Konsum herunter. Später wurde Ersatzbier aus Molke und Süßstoff gebraut.
26. Obergäriges Bier ist nach 10 Tagen bei normaler Kellertemperatur fertig, untergäriges Bier braucht mehr Zeit und größere Kälte. Die Kronenbrauerei transportierte lange das Bier zur Kühlung von der Brauerei im Zentrum in die Kronenburg.
27. Der Bügelverschluss wurde 1875 erfunden. Damit gab es einen massenhaften Anstieg des Bierkonsums in Flaschen. Bis dahin gab es Korken aus Glas und Keramik, die mit einem Draht an der Flasche gehalten wurden. Später kam der Kronkorken, der gegenüber dem schweren, teuren, arbeitsintensiven Bügelverschluss viele Vorteile hatte. Vor der Erfindung des Etiketts standen Art und Herkunft der Biers direkt auf der Flasche.
28. Dortmunder Bier darf nur so genannt werden, wenn es auch in Dortmund gebraut wird. Das ist bei Brinkmann (noch) nicht der Fall. Der jetzige Besitzer, Thomas Raphael, war kein Brauer. Er stellte bei einem Besuch des Patentamtes nur zufällig fest, dass die Marke Bergmann frei war. Das Bier war seit 1972 nicht mehr gebraut worden. Da sicherte er sich die Rechte (2005), studierte Brauereiwesen und brachte die Marke wieder auf den Markt. Er braute aber znächst nicht selbst, sondern ließ bei einer anderen Brauerei brauen, die außerhalb Dortmunds lag. Deshalb durfte das Bier zunächst nicht Dortmunder Bier genannt werden. Es hat aber viele Anhänger, da es einen eigenen Geschmack hat. Die anderen Dortmunder Biere, sofern sie noch existieren, gehören jetzt zu Oetker, und die fördern den Verkauf anderer Biere, die zum Konzern gehören, mehr als den der Dortmunder Biere, die sich auch im Geschmack kaum noch voneinander unterscheiden.
29. Deutsches Bier enthält ca. 4,3% Alkohol. In Schweden hat das im freien Handel erhältliche Bier gerade mal 2,8%. Wer stärkeres Bier trinken will, muss zum starköl greifen. Viele deutsche Brauereinen vertreiben Starkbier. Dabei gibt es auch hochgezüchtete Sorten: Das fränkische Schorschbock hat 43%. Wolf, Hubert: „Und trinken kann man es auch“, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung 112/2010: WAW 4.
30. 1990 trat die Deutsche Biertrinker Union (DBU) zur Volkskammerwahl in der DDR an. Sie erreichte 0,2 Promille. Wolf, Hubert: „Und trinken kann man es auch“, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung 112/2010: WAW 4.
31. Hopfen beruhigt, Hopfen entspannt. Er lässt uns auf dem Sofa einschlafen. Diese Wirkung war bereits von arabischen Ärzten im Mittelalter entdeckt worden. Doch dieses Wissen ging bei uns verloren und wurde erst im 18. Jahrhundert wieder entdeckt. In England behandelte man die Schlafstörungen von Georg III. mit einem Hopfenkissen. Ärzte wie Hufeland nutzen den Hopfen nicht nur zum Schlafen, sondern auch als Mittel gegen Aufstoßen und gegen Verdauungsbeschwerden. Noch bevor man den Hopfen zur Beruhigung einsetzte, hatte man eine andere Eigenschaft des Hopfens entdeckt und nutzbar gemacht: Man konnte mit Hopfen Getränke haltbar machen. Das hatten kluge Nonnen herausgefunden. Von da war es kein weiter Weg mehr zum gehopften Bier. Das übernahmen dann die Mönche. Koruhn, Petra: „Gute Nacht mit Hopfen“, in: Westdeutsche Allgemeine Zeitung 112/2010: WAW 4.
32. In der Zeit von 1990 bis 2007 ist der Bierkonsum in Deutschland von 142,7 Litern pro Jahr auf 117,7 zurückgegangen. Auch der Konsum von Wein, Schaumwein und Spirituosen ist in der Zeit zurückgegangen. „Na denn prost“, in: Die Zeit 20/2010: 42
33. Im Bierkonsum liegt Tschechien weltweit vorne, vor Österreich. Deutschland liegt an dritter Stelle, vor Polen und Irland. Die USA liegt vor Großbritannien, Spanien vor den anderen südeuropäischen Ländern, Finnland vor den anderen skandinavischen Ländern, Venezuela vor allen anderen amerikanischen Ländern, einschl. der USA! (Grafik „Hier gärt’s“, in: Die Zeit 25/2013: 39)
34. Bei den Marken liegt Oettinger vor Krombacher und Bitburger, bei den Biertypen liegt Pils vorne. Export liegt vor Weizen, Kölsch vor Alt, Alkoholfreies vor Kölsch und Biermixgetränke vor Alkoholfreiem. (Grafik „Hier gärt’s“, in: Die Zeit 25/2013: 39)