“Es ist got gefellig gewesen, in unsern tagen Kranckheiten zu senden, die unsern vorfaren unbekant seint gewesen.” So schrieb es Ulrich von Hutten, selbst von einer dieser Krankheiten befallen, einer Seuche, die er blatteren nannte und die später von einem berühmten Veroneser Arzt ihren heutigen Namen bekam: Syphilis. Für Ulrich von Hutten kam sie “von den Franzosen”, und in dieser Benennung war er sich mit vielen seiner Zeitgenossen einig. Es war aber auch vom mal de Naples die Rede, und diese Bezeichnung verweist ganz direkt auf den Ort, von dem aus die Krankheit in Europa vermutlich ihren Lauf nahm: Neapel. Dort war Karl VIII. 1485 eingedrungen, mit einem Heer von Söldnern aus vielen Ländern, das achtzig Tage in der eroberten Stadt verbrachte, in einem einzigen Alkoholrausch. Und einer Sexorgie ohnegleichen. Unter Beteiligung einheimischer Frauen und der mitgebrachten feinen Kurtisanen und einfachen Lagerdirnen. Der klägliche Rückzug Karls VIII. aus Italien war der triumphale Einzug der Syphilis in die europäische Zivilisation. Gekommen war die Krankheit aus Amerika, aus den mittelamerikanischen Inseln, mitgebracht von spanischen Soldaten. Und die waren bei dem Kampf um Neapel auf beiden Seiten beteiligt. Das begünstigte die Verbreitung der Krankheit. Die Begriffe aus der Gelehrtensprache für die Krankheit spiegeln diese Herkunft teilweise wider: morbus gallicus, malum francium, misera hispanica, morbus indicus. Bei den meisten Völkern war wohl von der französischen Krankheit die Rede, aber auf jeden Fall wurde das Übel immer den anderen angedichtet: In England sprach man von French pox, in Frankreich vom mal de Sicile, in Portugal vom mal castellano in Estland vom russischen Übel, in Polen von deutschen Pocken, bei den Arabern vom christlichen Übel, bei den Persern von der türksichen Krankheit, und bei den Türken, bei denen alle Völker des Abendlandes Franken waren, vom Geschwür der Franken. (Storfer, Adolf Josef: Wörter und ihre Schicksale. Zürich: Atlantis Verlag, 1981: 420-430)
Zitate
Wenn man’s kann, ist’s keine Kunst, wenn man’s nicht kann, ist’s erst recht keine.
— Valentin-
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