Aus einem Radiovortrag, in dem es um Freiheit und Unfreiheit geht, nehme ich diese Gedanken mit: Wir können die Welt nie so wahrnehmen, wie sich wirklich ist. Unsere Wahrnehmung ist immer eine menschliche. Die Welt so zu sehen wie eine Heuschrecke oder ein Delphin bleibt uns versagt. Ganz abgesehen davon, dass wir nicht alles sehen und hören, was es gibt. Das menschliche Auge schließt bestimmte Frequenzbereiche aus, genauso wie das menschliche Ohr. Dennoch glauben wir, die Welt so zu sehen, wie sie ist, eine klare Form von Selbstüberschätzung. Man kann diese Art der Unfreiheit auch für das Verhältnis von Bewusstsein und Sprache konstatieren. Es gibt viele Dinge, über die wir nicht sprechen können. Um über Musik zu sprechen oder über unsere Gefühle, Passionen, Pläne fehlen uns oft die Worte. Wir können nicht sagen, was wirklich in uns ist, sondern nur, was immer schon gesagt wurde. Eine ähnliche Unfreiheit gibt es auch bei der Kommunikation. Durch unsere Sozialisation ist uns in Fleisch und Blut übergegangen, was man wann sagt. Wenn wir bei einer Begegnung mit einem Menschen all das sagen würden, was uns im Kopf herum geht, würde vermutlich alle Kommunikation zusammenbrechen. Auch für die Sprache selbst gilt das. Wir haben eine begrenzte Anzahl von Lauten, aus denen wir eine prinzipiell unbegrenzte Zahl von Wörtern bilden könnten. Das tun wir aber nicht. Die meisten dieser Kombinationen ergeben keine Wörter in unseren Sprachen. Die Anzahl der tatsächlich gebildeten Wörter ist vergleichsweise gering. Unfreiheit bestimmt unser Leben mehr als wir das wahrhaben wollen. Es beginnt, ganz wörtlich, damit, dass wir immer schon in eine Welt hineingeboren werden und weder unsere Muttersprache noch unser Elternhaus noch unsere Kultur oder die Zeit, in der wir geboren werden, wählen können. Die Existenz des Menschen verdankt sich nicht sich selbst (Heideggers „Geworfensein“). Das kontrastiert mit unserem Gefühl, frei zu sein. Wir haben das Gefühl, tun und lassen zu können, was wir wollen. Aber diese gewöhnliche Vorstellung verlagert das Prinzip der Freiheit nur, nämlich auf den Willen. Der äußeren Handlungsfreiheit steht die innere Willensunfreiheit entgegen. Unser Wille ist schon da, wir können nicht entscheiden, was wir wollen. Man kann, Schopenhauer zufolge, etwas tun, wenn man es will, aber man kann es nicht wollen. Man kann zum Beispiel einem Armen Geld geben, aber eben nur, wenn man es will. Und wenn ich es wollte, dann wäre ich nicht mehr ich, sondern ein anderer Mensch. (Eckoldt, Matthias: „Was macht uns wollen? Wie Freiheit durch Unfreiheit bedingt ist“, in: Aula, SWR 2: 15/09/2013)