Als es in Europa vor 200 Jahren zu einer Sommerkälte kam, machten einige die Abholzung der Wälder dafür verantwortlich. Die habe Wärme nach oben entweichen lassen. Andere machten die zahlreichen Erdbeben der vergangenen Jahre verantwortlich, wieder andere die Blitzableiter. Sie hatten das Innere der Erde so stark erhitzt, dass nun der natürliche Wärmefluss gestört war. In Japan wurde noch die Katastrophe von Fukushima als Strafe Gottes angesehen. Diese Erklärung hat auch in Europa Tradition. Bei dem Erdbeben von Lissabon 1755 übertrafen sich die Kirchen mit Schuldzuweisungen. Die Protestanten sahen in dem Erdbeben eine Strafe Gottes, die sich gegen die Katholiken richtete. Das Erdbeben war schließlich an einem 1. November, Allerheiligen, ausgebrochen. Eindeutig eine Strafe für den Heiligenkult der Katholiken. Der Glaube an den strafenden Gott ist immer noch aktuell. Der Hurrikan Katrina wurde als Strafe für den promiskuitiven Lebenswandel der Bewohner von New Orleans gedeutet. Aber auch weltlichen Deutungen liegt das gleiche Muster zugrunde: Nach Hochwassern wird gesagt, die Natur schlage zurück. Das ist letztlich eine Fortsetzung religiöser Strafvorstellungen. Es geht um Buße und Wiedergutmachung. Wir pflanzen einen Baum, fahren mit dem Rad oder essen Biofleisch und haben ein gutes Gewissen. (Frey, Andreas: „Die Natur kennt keine Katastrophe“, in: Die Zeit 37/2014: 35-36)