Arme Männer

Eine Frau, die 2014 geboren wurde, hat eine Lebenserwartung von 73,6 Jahren, ein Mann nur von 69,4 Jahren. Fast vier Jahre weniger. Im Durchschnitt. Weltweit. Dafür gibt es biologische Gründe. Das Immunsystem von Männern lässt im Laufe des Lebens stärker nach, und das weibliche Sexualhormon Östrogen schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen.  Wichtiger sind aber gesellschaftliche Faktoren: Männer achten weniger auf ihre Gesundheit, üben gefährlichere Berufe aus (Soldat, Bergarbeiter), haben gefährliche Hobbies (Motorradfahren, Eisklettern), trinken und rauchen mehr. Ziemlich unklar wird das Bild, wenn man sich die ganze Welt ansieht: In Schweden leben Frauen knapp vier Jahre länger, in Russland mehr als zehn Jahre länger, in Nigeria nicht einmal ein Jahr länger, in Brasilien sieben Jahre länger, in Peru fünf Jahre länger. In Mali leben Männer sogar länger als Frauen. In Afrika sterben viele Menschen an Infektionskrankheiten, und die trifft Frauen und Männer gleich. Und das Risiko, bei der Geburt zu sterben, ist höher. Beim Schritt vom Entwicklungs- zum Schwellenland wird die Lücke zwischen Frauen und Männern größer, beim Schritt von Schwellen- zum Industrieland schließt sie sich wieder. Das größte Paradox ist aber, dass Frauen länger leben, obwohl sie sich nicht so gesund fühlen und obwohl sie objektiv weniger gesund sind. Aber ihre Krankheiten sind nicht lebensbedrohend. (Endt, Christian: “Die Lücke”, in: Süddeutsche Zeitung 97/2016: 16)

This entry was posted in Gesellschaft and tagged , , . Bookmark the permalink.