Tansania (2006)

13. August (Sonntag)
Um Punkt 6 Uhr geht es los zum Flughafen, mit ziemlichem Reisefieber, als wenn es eine Reise in die Ungewissheit wäre.

Am Flughafen gibt es Französisch für Anfänger, Café au lait + Croissant. Hier wird schon, obwohl es noch nicht einmal 7 Uhr ist, Bier bestellt.

Das Einchecken geht, trotz der Aufregung um den gerade vereitelten Anschlag in England, völlig unproblematisch. Im letzten Moment habe ich noch die getragene Wäsche einschließlich eines Pullovers sowie alle Toilettenartikel in den Koffer umgepackt. Das sollte sich rächen.

Auf dem kurzen Flug von Düsseldorf nach Amsterdam gibt es vernünftigerweise keinen Kaffee, sondern Orangensaft und einen sehr leckeren Keks. Beim Anflug auf Amsterdam sieht man unten Windräder, die entlang eines Flusses wie Kreuzwegstationen aussehen.

Mir fallen Wörter aus dem Jargon der Kirchenarchitektur ein: Wimperg, Fiale, Dreipass. Hier ist es völlig unerheblich, ob die Wörter fremd oder einheimisch sind. Man versteht sie deshalb weder besser noch schlechter. Auch die scheinbare Transparenz von Dreipass ist nicht hilfreich.

Von Amsterdam nach Kilimandscharo geht es mit Verspätung. Die Koffer müssen, der offiziellen Erklärung zufolge, besonders gut geprüft werden.

Der Flug dauert acht Stunden. Die Wolken sehen wie eine Schneewüste aus. In der Ferne erkenne ich klar zwei weitere Flugzeuge. Sie scheinen aufeinander los zu fliegen.

Neben mir österreichische Frauen, die ihren Ehemännern folgen, die den Kilimandscharo bestiegen haben. Jetzt soll es gemeinsam auf Safari gehen, aber ihr Flug ist gestern wegen ‚Maschinenschaden’ schlichtweg abgesagt worden, und jetzt hat die Safari bereits begonnen. Sie erzählen, dass die größte Schwierigkeit beim Besteigen des Berges die Höhenluft sei. Einer habe 300 Meter vor dem Gipfel aufgeben müssen. Eine Österreicherin bittet eine andere, ihr die schworze Toschn zu geben.

Im Flugzeug gibt es Filme mit Untertiteln auf Englisch, Französisch, Spanisch, Niederländisch, Russisch, Japanisch, Chinesisch und Hindi, nicht aber auf Deutsch!

Der Flughafen Kilimandscharo erinnert an die DDR und an Kuba. Eine unendliche Schlange an der Passkontrolle bewegt sich mit gletscherartiger Langsamkeit, aber glücklicherweise habe ich ein Visum und brauche mich nicht erst noch in diese Schlange zu stellen. Über dem Kontrollhäuschen steht Wageni, ‚Ausländer’, ‚Besucher’.

Bei der Gepäckausgabe geht es auch wie in Kuba zu. Es gibt nur zwei Bänder, und dennoch ist nicht klar, auf welchem Band unser Gepäck ankommt. Außer Passagieren machen sich auch uniformierte Flughafenangestellte an dem Gepäck zu schaffen. Das Gepäck dreht eine Runde nach der anderen, und man hat den Eindruck, dass es gar nicht weniger wird, und die sich um das Band drängenden Passagiere auch nicht. Als sich die Sache dann doch langsam lichtet, führt kein Weg mehr an der Erkenntnis vorbei, dass mein Gepäck nicht mitgekommen ist. Inzwischen sind diejenigen, die in der Visumsschlange standen, längst alle durch. Für mich dagegen geht es jetzt an die Schlange am Lost Luggage Schalter. Die bewegt sich überhaupt nicht. Man muss ein kompliziertes Formular mit dreifachem Durchschlag ausfüllen. Nachdem eine Stunde vergangen ist, gehe ich aus der Schlange heraus und mit der Erlaubnis von zwei Wachposten durch die Kontrolle, um dem draußen wartenden Fahrer Bescheid zu sagen, dass es noch etwas dauert. Als ich mich wieder an alter Stelle in die etwas unübersichtliche Schlange einreihen will, werde ich von einem Engländer unsanft beschimpft und stelle mich ans Ende der Schlange. Als ich dann endlich dran bin, habe ich Gelegenheit, die afrikanische Bürokratie kennen zu lernen. Der Beamte hält mein Formular in der Hand, tut aber nichts damit, sondern wendet sich um und mischt sich andere Gespräche ein. Als er sich dann zu mir wendet, erfolgt erst ein umständliches Begrüßungsritual. Man sollte erwarten, dass er selbst auch langsam Lust hat, nach Hause zu kommen. Dann geht es, immer zwischen den modernen Computern und den uralten Formularen hin und her pendelnd, an die Bearbeitung meines Falls. Das alles geschieht mit geradezu provozierender Langsamkeit, auch bei dem komplizierten Vorgang der Abtrennung der Durchschläge, aber am Ende mit Erfolg. Der Koffer soll gebracht werden, sobald er ankommt.

Der Fahrer des Zentrums wartet im Vorraum mit größter Geduld. Wir gehen vor den Flughafen. Es ist stockdunkel. Am Auto warten drei meiner neuen Kollegen, auch Teilnehmer des Sprachkurses, Silje und Køre aus Norwegen und Marianne aus Holland. Die Norweger sind schon seit einem halben Jahr in Tansania, in Bagamoyo an der Küste, die Holländerin war im demselben Flugzeug wie ich.

Es geht in einem Affenzahn über die holprige und unbeleuchtete Straße, trotz der vielen Fußgänger am Straßenrand. Schon wieder eine Parallele zu Kuba. Wo diese Leute denn hinwollten, will ich wissen. Die wohnten hier, in den Vierteln am Rande der Landstraße.

Zu meiner Überraschung wird links gefahren, aber da sonst keine Autos unterwegs sind, habe ich erst die vage Befürchtung, der Fahrer habe die falsche Seite erwischt.

Der Fahrer heißt Alex. Ob das sein richtiger Name sei, will ich wissen, oder ob er ihn nur für die Fremden benutze. Nein, so heiße er wirklich. Das sei ein ganz gängiger Name in Tansania.

Nach einer knappen halben Stunde kommen wir am Zentrum an. Es ist umzäunt und bewacht. Die Rezeption ist noch offen, und wir werden freundlich in Empfang genommen. Mit der Schubkarre werden unsere Koffer, soweit vorhanden, über einen schmalen Kiesweg zu den Häusern transportiert, kleinen, weiß getünchten, einstöckigen Häuser, die in unregelmäßiger Reihe mit etwas Abstand vom Weg stehen. Drinnen ist es eher spartanisch, ein kleiner Raum mit einem Stuhl, einer Schreibplatte, einem Nachttisch und dem Bett, alles ganz einfach, und, im Kontrast dazu, einem großen, geradezu elegant aussehenden weißen Moskitonetz. Da ich nicht viel auszupacken habe, bin ich bald wieder in dem schlecht beleuchteten Essraum, in dem es auch noch Essensreste gibt. Køre schlägt beherzt zu, ich begnüge mich mit einem kalten Bier aus der durch einen Vorhang abgetrennten privaten Bar, in der ich durch die Vermittlung eines Tansaniers, der auf dem Barhocker sitzt und mich gleich nach der WM fragt, mit Dollars bezahlen kann. Das Bier, Safari, schmeckt hervorragend. Køre spricht von den vielen kulturellen Unterschieden, mit denen sie sich im letzten halben Jahr auseinandersetzen mussten. Als Beispiel führt er an, dass man in Afrika offensichtlich nicht wegsehen müsse, wenn der Blick eines anderen einem begegnet. Er führt als Beispiel an, dass sie nicht mehr an den schönen Strand vor ihrem Haus in Bagamoyo gingen, weil die Leute ihnen unentwegt nachstarrten. Die ganze Theorie muss er noch während der nächsten Tage wieder verwerfen. Da muss es wohl ein Missverständnis gegeben haben. Menschen anstarren ist keineswegs akzeptiert. Er hat hier wohl einen Sonderfall, in dem diese Regel aufgehoben ist, zur Regel gemacht. Warum die Regel hier nicht gilt, ist auf den zweiten Blick ganz klar: Eine hellblonde, langhaarige junge Frau im Bikini muss den Einheimischen wie eine Fata Morgana vorkommen. Wie dem auch sei, die ersten freundschaftlichen Kontakte sind geknüpft.

Am Ende des Biers geht es ins Haus und, ohne Zähneputzen und ohne Kleidung, ins Bett.

14. August (Montag)
Die Dusche am Morgen ist ein Genuss, obwohl das Wasser in alle Richtungen aus dem Duschkopf läuft. Das Zähneputzen fällt aus, und es geht in die getragenen Klamotten.

Nach dem Frühstück gibt es eine Vorstellung des Zentrums und eine offizielle Eröffnung. Neben dem Sprachkurs beginnen am selben Tag noch zwei andere Kurse, Financial Management und Forest Management. Die meisten Teilnehmer sind Afrikaner. Das Zentrum ist eine NGO unter dänischer Leitung und jetzt genau 30 Jahre alt. Genau in dem Moment, als von dem Notstromaggregat des Zentrums die Rede ist, gehen die Lichter aus.

Im Sprachkurs sind wir ungefähr 15. Alle haben eine germanische Muttersprache, Dänen, Norweger, Holländer, Engländer, Amerikaner, kein einziger Franzose, Italiener, Spanier. Obwohl wir alle offiziell Anfänger sind, haben alle Vorkenntnisse. Ich komme in die untere Gruppe mit der Holländerin von gestern Abend, mit einer amerikanischen Ärztin, Maggie, und einer dänischen Musiklehrerin, Lisbeth, einer jungen Frau mit einer sagenhaften Auffassungsgabe. Unsere Lehrerin ist Mama Lois, eine kleine, ältere, energische Dame. Am ersten Tag gibt es nur Begrüßungen, aber die in allen Variationen.

Es herrscht allgemeine Überraschung, dass ich den Kurs nur so mache, ohne praktischen Bedarf. Das ist eine Reaktion, die mir in den nächsten Wochen immer wieder begegnen wird, manchmal mit einem Ton, als habe man es mit einem bunten Hund, manchmal mit einem Ton, als hätte man es mit einem Verwirrten zu tun. Hier ist der Ton aber durch und durch freundlich. Ich bin aber tatsächlich der einzige. Alle anderen sind nach Afrika gekommen, um hier zu arbeiten, oder arbeiten bereits hier, im weitesten Sinne als Entwicklungshelfer. Als bemerkenswertester Fall darunter Steve und Dyan, Amerikaner, die mit ihren vier Kindern, darunter einem angenommenen afrikanischen Kind, hier sind. Sie sind schon seit fünf Jahren in Afrika und sind gerade erst von Äthiopien nach Tansania umgezogen.

Irgendwer gibt mir den Tipp, dass zu der Bar auch ein Laden gehört. In Wirklichkeit ist es ein Metallgestell, in dem einige Artikel des täglichen Bedarfs eingeschossen sind. Mit mehr Gesten als Worten gelingt es mir, dem Mädchen an der Bar klar zu machen, dass ich Zahnpasta brauche. Die zaubert sie dann auch aus dem Gestell hervor, und danach sogar eine Zahnbürste. Ich laufe sofort in das Haus und putze mir mit Inbrunst die Zähne.

Später geht es über das Gelände. Es hat einen Computerraum, eine Wäscherei, eine kleine Bibliothek usw.

Das Verhältnis unter den Lernenden ist von vornherein gut. Ich empfinde alle als offen, engagiert und gleichzeitig kritisch. Am Nachmittag gibt Steve uns in kleiner Runde beim Bier Einblick in einige afrikanische Besonderheiten. Äthiopien ist das einzige Land, das einen Sieg über eine Kolonialmacht, Italien, landete und danach unabhängig war. Die paradoxe Folge heute: schlechte Fremdsprachenkenntnisse. Auch in Tansania sind die Englischkenntnisse schlechter als in Kenia. Auch das ist die etwas paradoxe Folge der Fremdsprachenpolitik, die auf Suaheli als einigendem Band setze und es zur Pflicht in allen Schulen machte. Deshalb ist Englisch für viele erst die dritte Sprache nach der Stammessprache und Suaheli, während in Kenia Englisch die Stelle von Suaheli einnimmt. Dafür ist Kenia weiterhin viel stärker vom Stammesdenken beherrscht, während in Tansania ein Gefühl nationaler Identität ausgebildet wurde, ohne die Stammesloyalität zu unterdrücken. Das Bildungsniveau in Tansania ist niedrig, auch das ironisch, denn Nyerere war selbst Lehrer und legte auf Bildung allergrößten Wert. Aber die Verstaatlichung der durchaus qualitätsvollen kolonialen Schulen war kontraproduktiv. Die Auslese in den afrikanischen Schulen ist knallhart. In Äthiopien werden nur 3% von den Abiturienten eines Jahrgangs, die selbst ja schon eine Auslese sind, zum Studium zugelassen. Selbst, wenn man zu den besten 10% gehört, ist man weg vom Fenster. Das ist eine strengere Auswahl als bei den Eliteschulen in Europa oder den USA.

Nach Safari probiere ich heute Serengeti, auch ein gutes Bier, und Tusker, das nach dem Elefanten benannt ist, der einen der Besitzer der Brauerei getötet hat!

Die Norweger erzählen von den Schwierigkeiten, afrikanische Freunde zu gewinnen. Alle sind freundlich, aber die meisten wegen des Geldes, und können dabei sehr aufdringlich werden. Sie haben Freundschaft geschlossen mit einer Kollegin, die offen und freundlich, aber nicht aufdringlich war, und diese Kollegin wird jetzt von den anderen Kollegen ausgegrenzt, weil sie es geschafft hat, Freundschaft mit den Weißen zu schließen. Auch ihre Erfahrungen in der Schule sind zweischneidig: Als sie merkten, dass man mit Freundlichkeit nichts erreicht, traten sie viel autoritärer auf, entgegen ihrer eigenen Vorliebe, und hatten Erfolg. Sie erzählen, das Schulessen sei so schlecht, weder nahrhaft noch abwechslungsreich – immer Bohnen und Reis – dass die Schüler, die während der Ferien aus finanziellen Gründen in der Schule bleiben mussten, sich der Schulziege bemächtigten und sie schlachteten. In ihrem Haus in Bagamoyo haben sie bereits Ratten, Käfer, Frösche, einen Skorpion und eine Schlange gehabt. Die Schlange wurde in einer aufsehenerregenden Szene von einem Nachbarn mittels eines Knüppels vertrieben. Den Ratten suchten sie mit einer afrikanischen Rattenfalle beizukommen, aber die funktionierte nicht. Dann brachte sie aus dem Heimaturlaub eine norwegische Rattenfalle mit, und die funktionierte. Interessant ihre Beschreibung ihrer eigenen Reaktionen angesichts des Todes eines Schülers. Sie waren dabei, als der Mutter die Nachricht überbracht wurde, und schockiert darüber, dass die völlig verstörte Mutter weniger den Tod ihres Sohnes, den Verlust eines Menschen, zu beklagen schien als das Zusammenbrechen einer Zukunftsinvestition. Mit der Zeit wurde ihr Verständnis aber immer größer: Arme Familien können sich oft nur den Schulbesuch eines Kindes leisten, und das Kind ist dann der Hoffnungsträger für die gesamte Familie, auch für die anderen Kinder. Wenn es eine vernünftige Arbeit findet, wird er die Eltern im Alter versorgen und seine Geschwister auch irgendwo unterbringen können.

15. August (Dienstag)
Am Morgen noch mal in dieselben Klamotten, aber am Vormittag kommt das Gepäck. Inzwischen scheint das ganze Zentrum davon zu wissen.

Suaheli ist schwierig, aber sonnenklar, und hat viele einfache, aber auch leicht zu verwechselnde Wörter. Wenn es drauf ankommt, fallen mir selbst die einfachsten Wörter nicht ein. Als ich den Koffer abhole und Danke sagen will, sage ich Nein.

Beim Essen probiere ich mein Suaheli an einem Afrikaner aus, aber es klappt nicht. Es stellt sich heraus, dass er aus Uganda ist und gar kein Suaheli spricht. Die Kurse für die Afrikaner werden auf Englisch gehalten. Dafür zeigt er mir Ugali, die Nationalspeise nicht nur Tansanias, sondern, wie er betont, ganz Ostafrikas. Es ist aus Mais gemacht und sieht aus wie Kartoffelpüree.

Suaheli hat herrliche, kindlich klingende Wörter wie mimi, sisi, kuku, dada und kaka. Schlaf gut heißt Lala salama. Schön ist auch der Wiedererkennungswert bei safari, daktari, rafiki, mambo.

Mama Lois spricht Marianne und Maggie mit Mama an, die jüngere Lisbeth mit Dada.

Wir alle sind für die Afrikaner wazungu, Weiße, Europäer, Fremde, Touristen, eigentlich ‚Umherirrende’.

Als wir am Nachmittag Interviews machen müssen, merkt man schmerzlich, wie wenig man sagen kann.

Wir sollten froh sein, wird uns gesagt, dass wie nicht vor einem Monat gekommen seien. Da sei es richtig kalt gewesen, jetzt werde es langsam wärmer. Tatsächlich ist es tagsüber, außer in der direkten Sonne, nicht sonderlich warm, aber der Unterschied zwischen Tag und Nacht ist gering. Man kann aber problemlos mit T-Shirt oder kurzärmeligem Hemd draußen sitzen.

Auf dem Weg zum Speisesaal hängt ein riesiges Spinnengewebe, vor dem die Leute stehen bleiben. Aus der Ferne fragt man sich, was sie sich da wohl ansehen.

Beim abendliche Bier hört man draußen die Frösche quaken, und den Hahn hört man schon um vier Uhr morgens krähen.

Am Abend lerne ich auch Allison und Carsten näher kennen, ein südafrikanisch-deutsches Paar, das zu den besten Freunden neben den Norwegern werden sollte, und das, obwohl ich mich denkbar schlecht bei Allison einführe, indem ich sie frage, ob ihre Muttersprache mit Suaheli verwandt sei, eine Frage, die sie mit Lachen quittiert und gar nicht mag – ihre Muttersprache ist Englisch.

Auf dem Gelände steht ein prächtiger Mangobaum, der jetzt allerdings keine Früchte trägt.

Joanne, eine Engländerin aus dem Lake District, ist verzweifelt auf der Suche nach der Bezeichnung für ihren Beruf auf Suaheli: occupational therapist. Würde mir auch keine deutsche Entsprechung einfallen: Beschäftigungstherapeut? Sie hat ein Haus in Moshi, und die Bäume in ihrem Garten, wie sie nach einiger Zeit entdeckte, tragen alle Früchte, praktisch das ganze Jahr über. Das Obst schmeckt sehr gut, auch die unwirklich aussehenden kleinen Bananen.

Jedes Haus hat zwei Wohnungen und ist sehr hellhörig. Während der Nacht wird in der Nachbarwohnung ununterbrochen gesprochen, in einer unbekannten, afrikanischen Sprache. Und als im Morgengrauen jemand am Haus vorbei geht, glaube ich, jemand gehe mitten durchs Zimmer.

Die afrikanischen Staaten akzeptierten, ganz pragmatisch, die von den Europäern gezogenen, teilweise völlig willkürlichen Grenzen zwischen den Staaten. Das wird von den Ethnologen, vor allem von den europäischen, beklagt, aber der Autor einer Geschichte Afrikas, die ich in der Freizeit lese, sagt, das sei eine kluge Entscheidung gewesen. Sonst gäbe es jetzt statt 50 vielleicht Hunderte oder gar Tausende von Staaten.

16. August (Mittwoch)
Nach dem Frühstück, als ich aus dem Speisesaal komme, halten mich die Norweger an und deuten auf das Dach: Dort tummelt sich ein ganze Schar von Affen, ohne sich an uns zu stören. Sie sind klein und haben lange Schwänze und schwarze Gesichter, die sich von dem beigefarbenen Fell absetzen. Meerkatzen, dachte ich, aber die, wird mir gesagt, gebe es nur in Madagaskar.

Heute Vormittag gibt es wieder viel zu viel neuen Stoff, aber es ist genau das Material, das man braucht, um in Ansätzen zu kommunizieren, mit Verben wie gehen, mögen, trinken, lernen usw. Die Struktur ist sonnenklar, aber alles zu behalten oder gar zu produzieren ist eine andere Sache.

In der Pause lese ich ein geflügeltes Wort, das die Afrikaner den Europäern entgegenhalten: Als ihr kamt, hattet ihr die Bibel und wir das Land. Bald danach hatten wir die Bibel – und ihr das Land.

Heute gleich nach dem Unterricht mit dem Schulbus nach Arusha gefahren und nach einer halben Stunde wieder zurück, einfach, um mal aus unserem Reservoir hinauszukommen. Der erste richtige Eindruck von Afrika. Es geht dieselbe Landstraße entlang wie am Sonntag, nur in umgekehrter Richtung, durch erstaunlich grüne, üppige Landschaft, mit Bäumen mit leuchtenden roten Blüten. Dahinter als Kontrast der nackte Gipfel des Mount Meru.

In der Stadt, einer Mischung aus Kairo und Havanna, aber ohne deren Sehenswürdigkeiten, fliegende Händler und bettelnde Kinder, aber längst nicht so massiv, wie vom Reiseführer angekündigt. Eine völlig nichtsagende Stadt, soweit man das auf den ersten Blick sagen kann.

Der Kilimandscharo ist nicht zu sehen. Er verbirgt sich hinter den rauchartigen Wolken, von denen Moshi, die Stadt zu seinen Füßen‚ ihren Namen hat: Es bedeutet ‚Rauch’ auf Suaheli.

Die Norweger erzählen am Abend, dass sie Christen und Moslems friedlich vereint an ihrer Schule haben, nur an der Kleidung, wenn überhaupt, zu unterscheiden. Beide Religionen vermischen sich mit afrikanischen Elementen, vor allem mit dem Geisterglauben. Dem ist gar nicht so leicht beizukommen, jedenfalls nicht mit dem Argument, in Norwegen gebe es keine Geister: Dann habt ihr sie alle vertrieben!

Der Himmel ist voller Sterne, und sie scheinen näher zu sein als bei uns. Man ist ja wirklich den Sternen näher, aber: Kann man das sehen?

17. August (Donnerstag)
Auch heute wird im Unterricht der Fuß nicht vom Gas genommen, und statt Recycling gibt es ständig neue Ware. Es gibt es klares Missverhältnis von Präsentation und Praxis.

Die Struktur der Sprache kommt einem wie Arithmetik vor. Die Zahlen und Gleichungen benutzt man zum Kommunizieren.

Bei den Zahlwörtern kommen auf einmal

vor, das bisher noch in keinem Wort vorkam. Es entspricht dem stimmlosen englischen Laut – der stimmhafte wird mit wiedergegeben – und kommt wohl vorwiegend in Wörtern arabischen Ursprungs vor. Jedenfalls fallen die beiden Zahlwörter, in denen es vorkommt, thelamini und thelathini, ‚dreißig’ bzw. ‚achtzig’, aus dem allgemeinen Muster heraus, das eher Wörter wie kumi oder sabini, ‚zehn’ bzw. ‚siebzig’, aufweist.

Die “afrikanischen” Bäume mit den besonders leuchtenden Blüten sind Importe aus Europa. Auf dem Campus stehen andere Bäume, die viel “afrikanischer” aussehen. Die einen sehen aus wie Tannen, die statt Nadeln Blätter haben und die Arme sinken lassen, die anderen breiten jeweils mehrere Äste auf gleicher Höhe horizontal aus, wie ein Schirm, so als wüssten sie, dass es ihre Aufgabe ist, Schatten zu spenden.

Joanne erzählt von einem Masseur in der Klinik, der Today heißt, von einer Kollegin, die Happy heißt, und von einem Kollegen, der Hallelujah heißt.

Die Norweger erzählen, dass sie gestern Abend auf dem Weg zurück nach dem Abendessen eine Schlange gesehen und gehört haben. Die Möglichkeit, dass es sich um eine harmlose Schlange handeln könnte, wollen sie nicht gelten lassen.

18. August (Freitag)
Viele Frauen tragen lange bunte Kleider mit dazu passender Kopfbedeckung, einem Tuch, das auf unterschiedliche Art um den Kopf geschlungen wird. Die hellen Farben und die einfachen Muster machen das zu einer schönen und geschmackvollen Bekleidung. Dazu trägt man aber völlig unpassende kurze Jacken westlichen Zuschnitts, was den Eindruck wieder zunichte macht.

Irgendwo habe ich das Wort shuleni gesehen, und mag kaum glauben, dass es heißt, was es zu heißen scheint. Es heißt wirklich ‚Schule’, sicher ein Lehnwort aus der deutschen Kolonialvergangenheit. Das –ni ist eine angehängte Präposition, streng genommen eine Postposition, und bedeutet ‚an’, ‚in’, ‚bei’. Die Struktur erinnert an das türkische üniversitesi.

Am Nachmittag geht es in großer Runde um interkulturelle Unterschiede. Zwei fiktive Beispiele werden diskutiert: Ein Afrikaner kommt zu spät, und der Mzungu ist verärgert, und ein Afrikaner kommt überhaupt nicht, und der Mzungu ist verärgert. Im ersten Fall gilt, dass alles, was noch innerhalb der Stunde ist, nicht als unpünktlich angesehen wird, also z.B. 10.55, wenn 10.00 ausgemacht ist. Ein verlängertes akademisches Viertelstündchen, sozusagen. Ist die Verspätung noch größer, muss immer unterstellt werden, dass es einen guten Grund dafür gibt. Die Theorie hört sich gut an: Was ich im Moment tue, hat Vorrang, das andere kann warten. Wenn ich ein Gespräch mit einem Freund führe oder einem Nachbarn helfe, dann ist die andere Vereinbarung, die ich habe, zweitrangig. Ich lebe in der Gegenwart, im Hier und Jetzt, und mache mich nicht zum Sklaven von Plänen.

Im zweiten Fall hat der Afrikaner dem Mzungu – allerdings nur zögernd – zugesagt, ihn auf eine Tagung als Dolmetscher zu begleiten, ist aber am entsprechenden Tag nicht erschienen, weil er eine andere Verabredung hatte. Das hat er auch vorher schon gewusst, nicht aber sagen wollen, um den anderen nicht zu verletzen.

Auch wenn man die Theorie akzeptiert, die natürlich auch ihre Tücken hat (Wie steht es mit dem Recht des Wartenden?), führen diese Unterschiede in der Auffassung zu Problemen, wie die vielen Beispiele unserer “Afrikaner” belegen: Køre erzählt, wie eine Person, die eine Ehrung erhalten sollte, die ganze Schule, Schüler, Lehrer, Angestellte und Gäste, anderthalb Stunden in der stickigen Luft der Aula warten ließ, um seine Ehrung entgegenzunehmen.

Steve erzählt, dass bei einem Treffen, in dem es um Feedback ging, alles eitel Sonnenschein war, nzuri sana, auch auf mehrmalige Nachfrage. Später, als er längst zu Hause war, bekam er dann einen Anruf, dass es ein Problem gebe, von jemandem, der bei der Feedbacksitzung dabei war. In der Sitzung wird das Problem aber nicht angesprochen. Man wahrt den guten Anschein. Er erzählt auch, dass man typischerweise mit einem Mitarbeiter eine Dreiviertelstunde über Gott und die Welt reden kann, ohne dass ein Problem angesprochen wird. Erst dann, als es schon zum Aufbruch kommt, heißt es: Es gibt da ein Problem. Manchmal wird, bevor ein Problem angesprochen wird, auch die Verwandtschaft eingebunden: Irgendwer sagt dem Mzungu schon einmal, dass Soundso ein Problem habe, erst später wird das Problem dann auch von Soundso angesprochen. Bei Autofahrten ist die Auskunft auf die Frage nach der noch verbleibenden Entfernung immer “nicht mehr weit”, auch wenn es noch Stunden dauert und der Auskunftgebende das ganz genau weiß.

Bestens zusammengefasst sind die Erfahrungen in diesem Zitat: “If you come to Africa and have no patience, you will get it. If you come to Africa and you have patience, you will lose it”.

Einige Unterschiede sind Unterschiede soziologischer Art, die als kulturelle Unterschiede daherkommen, z.B. der lässige und großzügige Umgang mit der Zeit. Eine weitgehend agrarische Gesellschaft, in der morgen früh präzise genug ist, kann sich ihn leisten, ein modernes Krankenhaus kann man auf dieser Basis nicht funktionieren, ja nicht einmal eine Schule. In Europa war das bis vor nicht allzu langer Zeit auch nicht anders als jetzt in Afrika.

Ein kleiner Unterschied fällt mir im Speisesaal auf: Die Afrikaner laden ihre Teller voll, so voll, dass nichts mehr draufpasst, obwohl es ein Büffet ist und man sich mehrmals bedienen kann.

Beim Abendessen gibt es Fisch. Køre erklärt, das sei ein Fisch, eine Art Flussbarsch, nile perch, den man im Viktoriasee, trotz vieler Warnungen, ausgesetzt habe, oder der sonst auf wundersame Weise sich seinen Weg in den See gebannt habe. Die Artenvielfalt hat sich seitdem radikal dezimiert, der Barsch, der bis zu 200 kg Gewicht erreicht, frisst sie alle auf.

An der Tür zum Speisesaal will ich eine Afrikanerin vorlassen, was diese aber nicht zulässt. Ich gehe durch und sage, eigentlich gelte doch „Ladies first“, worauf sie sagt: „We’re in Africa!“

Am Abend erzählt Allison, die Südafrikanerin, sie identifiziere sich überhaupt nicht mit dem, was am Nachmittag als “afrikanisch” vorgestellt wurde. Sie ist, trotz ihrer Herkunft und ihrer Hautfarbe, letztlich ein Mzungu.

19. August 2006 (Samstag)
Am Morgen geht es mit dem Schulbus nach Arusha. Auf dem Weg kommen uns Läufer entgegen. Es scheint sich um einen offiziellen Lauf zu handeln; die Läufer haben Startnummern. Man läuft am Straßenrand, begleitet von Kleinbussen, in denen Trauben von Menschen sitzen und stehen.

Man sieht auch, wie abgeerntete Bananenstauden von den shambas, den entlang der Straße gelegenen Gärten, weggetragen werden. Meine Frage, ob jetzt gerade die Erntezeit für Bananen sei, wird mit einem Lächeln beantwortet. Das ganze Jahr über werden Bananen geerntet. Sie werden so gepflanzt, dass zu jeder Jahreszeit irgendwelche Stauden reif sind.

In Arusha, wo es heute viel hektischer zugeht als am Donnerstag, ist mein erstes Ziel die lokale Touristeninformation. Hier gibt es wirklich gar nichts, und als ich meinen eigenen Reiseführer hervorkrame, um wenigstens einen Stadtplan zu haben, dauert es eine ganze Zeit, bis das Declaration Museum, nach dem ich gefragt habe, identifiziert ist. Am Ende werde ich in die Nationale Touristeninformation geschickt, zwei Häuser weiter.

Dort gibt eine ganze Reihe von Faltblättern zu kulturellen Ausflügen, aber was davon in Arusha ist und wann es stattfindet, ist alles andere als klar. Am Ende gelingt es doch irgendwie, für nächsten Samstag eine Halbtagestour in ein Dorf zu buchen, wenn denn das Wort buchen hier angebracht ist. Jedes Mal, wenn der Photokopierer betätigt wird, geht in dem ohnehin schummrig beleuchteten Raum das Licht aus. Ich bekomme auf Nachfrage noch den Tipp, es im Café Via Via zu versuchen.

Das lohnt sich. Dies ist ein schön eingerichtetes Café im Freien am Rande des Stadtzentrums, das einem Belgier aus Gent gehört. Hier gibt es Stadtrundgänge – praktisch jederzeit. Etwas zögernd angesichts dieser Effizienz frage ich nach, ob es eventuell auch heute möglich sei. Ja, wenn Sie wollen, kann ich es sofort versuchen. Nach einem Anruf heißt es, der Führer werde in 3 Minuten zur Stelle sein. Der Belgier warnt mich: 3 Minuten bedeutet in Afrika nicht 3 Minuten. Darauf bin ich natürlich eingestellt, habe aber noch nicht einmal Zeit, mein Wasser auszutrinken und schon ist der Führer zur Stelle. Es ist ein junger Mann aus Arusha, der gut Englisch spricht, und wie sich später herausstellt, auch fließend Französisch. Er sagt, er wolle sich profilieren, indem er auch eine zweite Fremdsprache lerne, um später bei größeren Tourismusorganisationen zu arbeiten. Das Zeug dazu hat er alle male. Seine Muttersprache ist Chagga, aber Suaheli spricht er wie eine zweite Muttersprache. Er hat großes Vergnügen an meinen unbeholfenen Versuchen, auch mal einen Satz auf Suaheli zu versuchen. Jedes Wort wird gefeiert. Die erste Frage, als er hört, dass ich aus Deutschland bin, ist die, ob bei uns alle Straßen asphaltiert seien. Hier seien nur die Hauptsraßen asphaltiert.

Wir befinden uns auf der zentralen Boma Road, an deren Ende das Via Via liegt und auch das Naturkundemuseum, das in der ehemaligen deutschen Zentrale ist, dem Boma. Der Name bedeutet einfach ‚Haus’ auf Maasai, also das war das Haus der Deutschen; zu einer Zeit, wo wohl kaum einer der Einheimischen in einem Haus wohnte, war das deutlich genug.

Auf der Wiese vor dem Café findet ein Musikwettbewerb für Schulen statt. Es ist die Ausscheidung für die nationalen Meisterschaften, und der Gewinner tritt dann im Ostafrikawettbewerb an. Mein Begleiter erklärt, Arusha und Umgebung seien besonders bekannt für den Hip Hop, während an der Küste Rap populärer sei.

An einem Kreisverkehr am Ende der Boma Road steht der Clock Tower, ein bescheidener Turm mit einer Uhr, auch er aus der Kolonialzeit. Vermutlich war das eine Erneuerung zu einer Zeit, als sich kaum ein Afrikaner nach Uhrzeiten richtete. Bei der Gelegenheit lerne ich, dass Kreisverkehr, von den Engländern eingeführt, keeplefti heißt. Auf dem Rasen neben dem Clock Tower stehen Hinweisschilder mit Entfernungsangaben zu Städten in ganz Afrika, und zwar deshalb, weil dies angeblich der Mittelpunkt Afrikas ist. Ganz stimmt das wohl nicht, aber wenn es zu der von den Engländern geplanten Verbindung von Kairo nach Kapstatt gekommen wäre, die ihr ganzes Reich durchkreuzen sollte, wäre Arusha vielleicht wirklich auf halber Strecke gewesen. Die Spuren von deutscher und englischer Kolonisation finden ihre moderne Vollendung in dem Ziffernblatt auf der Uhr, die diesen Schriftzug trägt: Pepsi.

Wir kommen dann an der ehemaligen deutschen Schule vorbei, die heute noch für hiesige Verhältnisse modern aussieht, ein ganzer Campus von niedrigen, einheitlichen Gebäuden, ein Ensemble, das durchaus freundlicher aussieht als ein durchschnittliches Schulgebäude in Deutschland. Damals diente die Schule der Unterweisung der deutschen Kinder, aber auch der Kinder der afrikanischen Oberschicht. Heute kann sie von jedem besucht werden.

Gegenüber ist der Maasai Markt, einem Markt mit fast ausschließlich touristischen Produkten. Die weise Regierung, erklärt mein Begleiter, hat den Maasai diesen Markt zugewiesen, um die Händler von der Straße zu bekommen.

Wir überqueren den Maura, einen kleinen Fluss, der Arusha in die ‚feinere‘ Osthälfte, in der auch die kommunalen Behörden sind, und die ‚populärere‘ Westhälfte trennt. Auf der anderen Seite auf einem überdimensionalen Feld fußballspielende Jungen, bestimmt an die 40, alle einem einzigen Ball nachjagend. Sowohl ein ebenerdiger Platz als auch ein Ball gehören wohl zu den Raritäten.

Etwas weiter hat wieder die Regierung in ihrer Weisheit gewirkt und den Landflüchtlingen, die in der trügerischen Erwartung von Arbeit und Geld in die Stadt gekommen sind, kleine Parzellen zugewiesen, so etwas wie primitive Schrebergärten, um sie vor Hunger und die anderen vor Kriminalität zu bewahren. Irgendwie hat man den Eindruck, dass das zwar die Wahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit ist.

An einem Strauch pflücken wir einen Sodomapfel, eine harte, kleine Frucht, wie eine Stachelbeere mit glatter Haut, so genannt, weil sie der Legende nach die erste Frucht war, die in Sodom nach der Zerstörung wieder wuchs. Die Maasai benutzen sie für die Zahnpflege und gegen Zahnschmerzen.

Überall sieht man Frauen, die Lasten auf dem Kopf ragen. Warum Frauen? Das sei Frauenarbeit, meint mein Begleiter.

Dann erwartet mich eine Überraschung. Nach einer Abbiegung befinden wir uns auf einmal in einem indischen Viertel, in erster Linie an der Hautfarbe der Menschen und den Turbans der Männer zu erkennen. Dort geht es in einen schiitischen Tempel. Mein Begleiter spricht mehrfach von goat, und ich erwarte irgendwelche merkwürdigen Riten um ein geheiligtes Tier. Später klärt sich der Irrtum auf: nicht goat, sondern God ist gemeint.

Vorsichtig wird die Tür geöffnet, eine Frau sieht uns argwöhnisch an, ruft dann einen Mann, und der wiederum ruft den Priester, einen mit dichtem, pechschwarzen Bart ausgestatteten und in einem schwarzweißen Gewand gekleideten Mann. Der macht so ein ernstes Gesicht, dass ich glaube, dass wir abgewiesen werden, aber er lässt uns hinein und erklärt alles bereitwillig, mit Hilfe eines Assistenten, der Englisch spricht und den Übersetzer macht.

Wir müssen uns die Hände reinigen, ein Tuch in Piratenmanier um den Kopf wickeln und die Schuhe ausziehen. Dann geht es in den Gebetsraum, wo man sich niederknien und den Boden küssen muss. Im Altar liegt unter Tüchern bedeckt das Buch, das für diesen Tempel oder diese Glaubensrichtung von zentraler Bedeutung ist. Über dem Altar hängt ein unglaublich kitschiges photoähnliches Portrait des Guru, der dieses Buch verfasst hat oder besonders mit ihm in Verbindung gebracht wird. Es ist, wenn ich richtig verstehe, etwa 500 Jahre alt, eine Zahl, die von allen, auch denen, die es wissen, mit Ausdrucken der Bewunderung quittiert wird. Später bekommen wir das Buch sogar zu sehen. Es hat eine schöne, aber eher einfache Randverzierung und besteht sonst aus dicht geformtem Text in einer Punjabsprache. Jeden Tag wird am Vormittag und am frühen Abend aus diesem Buch gelesen, jeweils für mehr als zwei Stunden. Während dieser Zeit darf der Priester nicht aufstehen. Glücklicherweise hat er einen Stellvertreter, der die Arbeit mit ihm teilt.

Dann geht es in einen Nebenraum, in dem wir vor ein Bett geführt werden oder etwas, das so aussieht, mit dünnen, weißen Tüchern und einem Vorhang. Ich halte meine Überraschung zurück als ich erfahre, dass es das Bett für das Buch ist. Auf dem Kissen liegt eine Art Wedel, mit dem man dem Buch seinen Respekt erweist, wenn es gebettet wird.

Auf Nachfrage erfahre ich von dem weiterhin sehr streng dreinblickenden Priester, dass seine Barttracht nicht von ungefähr kommt. Sie ist eins von fünf obligatorischen Accessoires des Priesters. Dazu gehören auch ein Armreif, den er uns zeigt, indem er den Ärmel hochzieht, ein Säbel, den er aus dem Gewand hervorzieht und eine Art Lendenschurz, den er aber verborgen hält.

Wieder im Gebetsraum wird ein weißes Tuch über einer Schale zurückgeschlagen, und es kommt eine körnige, braune Masse zum Vorschein. Jedem wird eine Handvoll davon serviert. Es ist eine süßliche Masse, die man in kleinen Portionen und unter Wahrung seiner Haltung verzehren muss, ohne so richtig zu wissen, was man dazu sagen soll. Ich nehme mir ein Beispiel an dem Übersetzer und esse direkt von der Serviette, ohne die Masse mit den Fingern zu berühren, während mein Begleiter und der Priester mit den Fingern essen.

Am Ausgang gibt es dann noch eine langatmige Erklärung zu einem eingerahmten Schriftstück an der Wand, einer Art Chronik dieser Glaubensrichtung. Dort ist, in der Sprache des Übersetzers jedenfalls, von zehn Göttern die Rede, von denen der zehnte der Gott dieses Tempels ist. Der Priester spricht aber von Guru, was doch wohl nicht dasselbe ist.

Um eine Erfahrung reicher, geht es dann wieder auf die Straße, und bald folgt eine Überraschung anderer Art. Wir kommen auf einen Platz mit einem großen hallenartigen Gebäude, dessen Zweck mir erst klar wird, als wir es betreten: Es ist ein riesiger westlicher Supermarkt der südafrikanischen Kette Shoprite. Die wenigen Kunden verlieren sich in der großen Halle. Die Preise hier kann sich kein normaler Mensch leisten.

Das Gegenstück dazu ist der Wochenmarkt von Arusha. Hier ist es eng und voll, Stände und kleinere Geschäfte drängen sich aneinander und überall wird man angesprochen. Es gibt alles, von Bananen bis zu Eimern, und die einzelnen Stände sind den Produkten nach geordnet. Alles gibt es lose, oft in großen, oben offenen Leinensäcken angeboten, u.a. alle möglichen Formen von Reis. Bei den Obstständen sind die Früchte schon säuberlich aufgetürmt. Die Bananen sind noch ganz grün. An verschiedenen Ecken sitzen einzelne Männer und bieten verschiedenfarbige gemahlene Substanzen in Gläsern an. Das ist Naturmedizin.

Dann kommen wir zum Fußballstadion, und auch hier werden wir nach ein paar erklärenden Worten durch das alte, verbeulte Tor gelassen. Das Stadion hat immerhin einen Rasenplatz und Zuschauerränge, aber keine Sitzplätze. Es ist nach einem Scheich benannt, der hier wohl als Mäzen aufgetreten ist. Kein arabischer Scheich, und keiner, der die Funktion eines Scheichs innehat, sondern ein Kaufmann aus der muslimischen Küstenregion Tansanias, der den Titel als Ehrenbezeichnung trägt.

An einer Kreuzung mit Kreisverkehr steht das Freiheitsmonument, mit einer Spitze in der Mitte und bunten Bildern an den Seiten, die in rührend einfachem Stil und mit naiver Fortschrittsgläubigkeit die Erfolgsgeschichte der ujamaa, des tansanischen Sozialismus erzählen, von der gemeinsamen Feldarbeit mit Hacke über genossenschaftliche Versammlungen bis zu dem mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Traktor sitzenden Bauern.

Wir kommen am Arusha Declaration Museum vorbei, das ich mir später noch ansehen will, und kommen zu dem riesigen, schwer bewachten, modernen internationalen Konferenzzentrum, in dem gegenwärtig das Ruanda-Tribunal stattfindet.

Dann geht es über einen kleinen befestigten Weg für Fußgänger, an dessen Rand auf einmal in loser folge Särge stehen, die meisten in hellen Farben oder in leuchtendem Weiß bemalt. Die Erklärung: Auf der anderen Wegseite liegt, etwas zurückversetzt, das kommunale Krankenhaus, und hier bieten die Bestattungsunternehmer gleich ihre Dienste an.

Nach der Rückkehr ins Via Via möchte ich noch ein mbege, Bananenbier, probieren, und frage meinen Begleiter, ob er mir Gesellschaft leisten will, ohne zu wissen, worauf ich mich dabei einlasse. Es geht durch die ganze Stadt zurück und über die Straße, die stolz als eine der Hauptstraßen Ostafrikas vorgestellt wird und Nairobi mit Moshi verbindet. Es ist die Landstraße, an der auch unser Zentrum liegt. Dann geht es an einer Reihe selbstgebastelter Häuser entlang, bis es plötzlich in einen Hauseingang hineingeht. Hätte ich nicht schon Vertrauen zu meinem Begleiter gefasst, hätte ich mich nicht hier hineingetraut. Wir kommen in einen dunklen Raum, in dem lauter Männer hinter dem Tresen stehen und Bananenbier aus großen Plastikbechern trinken. Im letzten Moment kann ich erreichen, dass wir eine Flasche bekommen, obwohl für die Einheimischen bestimmt das lose Getränk das Maß aller Dinge ist. Wir bleiben aus unerfindlichen Gründen nicht an der Theke, sondern ziehen uns in einen kargen Raum mit Lehmboden und einer Holzbank zurück. Das gebietet wohl die Gastlichkeit. Wir nehmen das Bier auch nicht einfach mit. Es wird uns in diesem Raum „serviert“. Es schmeckt zwar irgendwie fruchtig, aber kaum nach Bananen, eher vielleicht nach Äpfeln, und hat überhaupt etwas von Cidre. Das Bananenbier ist von der Marke Raha, und das heißt ‚glücklich’. Ob der Name gerechtfertigt ist, weiß ich nicht, aber am Ende des Bieres, als uns der Gesprächsstoff ausgeht, singen wir jedenfalls zusammen Kinderlieder auf Suaheli.

Dennoch habe ich noch die Energie, mir das Declaration Museum anzusehen. Mein Begleiter bringt mich dorthin und verabschiedet sich dann.

Man sieht Beispiele für die Naturmedizin der Maasai, die, nach jahrhunderterlanger Anwendung, von den Kolonialherren unterdrückt wurde, von den Deutschen völlig verboten, von diplomatischeren Briten nur dann erlaubt, wenn kein Hexenzauber im Spiel war und wenn es keine Toten gab. Wie man das eine kontrollieren und das andere verhindern konnte, wird nicht erklärt.

Die Maasai sind traditionellerweise Nomaden, aber die Behörden, auch die afrikanischen, haben immer Druck ausgeübt, um sie sesshaft zu machen, teils mit Erfolg.

Besonderen Wert hat bei den Maasai der Perlenschmuck. Er identifiziert Status und Alter. Männer legen außerdem größten Wert auf die Frisur und verbringen Wochen vor dem Spiegel, wenn sie sich für einen besonderen Anlass vorbereiten.

Kühe werden gehalten, aber selten geschlachtet. Sie gelten als Statussymbol und als Absicherung für wirtschaftlich schwere Zeiten.

All Stammbezeichnungen, nicht nur die der Maasai, beginnen mit wa-, das den Plural markiert: Wagogo, Wahakonde, Wasakuma, Wamaasai.

In Bildern und einigen Exemplaren wird die Keramik aus Ikombe am Viktoriasee vorgesellt, das sich auf diesem Gebiet einen besonderen Namen gemacht hat. Das Feuer wird mit Bananenblättern entfacht und erst am Nachmittag entzündet, da dann die Winde günstiger sind. Die Keramik wird bei niedriger Temperatur, 600-700°, gebrannt und wird dadurch porös und hält das Wasser kalt.

Die Geschichte im engeren Sinne beginnt erst mit den Kolonialherren. Vasco da Gama erreichte 1494 die Küste, und es wurden portugiesische Handelsstützpunkt gegründet. Dadurch kam man aber in Konflikt mit den Arabern, und es entstanden portugiesische Befestigungen.

In Verträgen im 19. Jahrhundert wurde Ostafrika zwischen Briten und Deutschen aufgeteilt. Dabei kamen Ruanda und Burundi zu Deutschland, Sansibar wurde an die Engländer abgetreten. Nach dem ersten Weltkrieg kam Deutsch-Ostafrika zu Belgien, dann zu Großbritannien.

Der letzte Teil des kleinen Museums, das nicht die durch den Reiseführer geweckten Erwartungen erfüllt, beschäftigt sich mit der jüngeren Geschichte seit der Unabhängigkeit. Er ist eine Hommage an Nyerere, der hier immer mit dem Titel ‚Lehrer’ genannt wird: Mwalimu Nyerere.

Als er 1961 von der Konferenz zurückkehrte, auf der ihm die Unabhängigkeit zugesichert wurde, wurde sein Pass konfisziert. Nyerere wurde erst Premierminister und war dann 24 Jahre lang Präsident. 1964 erreichte er die Union mit Sansibar, und 1967 erfolgte die Erklärung von Arusha, nach der das Museum benannt ist. Sie propagierte einen Sozialismus ohne Blockzugehörigkeit und die Verstaatlichung von Banken und Betrieben. In einer symbolträchtigen Aktion schloss sich Nyerere einem Volksmarsch zur Unterstützung der Erklärung über 212 Kilometer an. 1978 trat er in den Krieg mit Idi Amis Uganda ein, das in Tansania einmarschiert war. Uganda war ausgerechnet das Land, in dem Nyerere studiert hatte, am University College in Kampala.

Nach dem Kauf von ein paar Ansichtskarten in dem Museumsshop gehe ich noch ein bisschen durchs Zentrum. Drei bettelnden Jungen in dreckigen, zerlumpten Kleidern gebe ich 1.000 Schilling – ausdrücklich für alle zusammen. Tatsächlich ziehen sie damit ab.

Für die Taxifahrt will der Fahrer 15.000 Schilling. Ich fordere 12.000, wir einigen uns auf 13.000. Dann meint er am Ende aber doch, die Fahrt sei 15.000 wert gewesen, und ich bin zu müde, um Widerstand zu leisten, selbst dann, als er nur 3.000 zurückgeben kann – eine alte Strategie – und ich am Ende 17.00 bezahle. Dafür war die Fahrt wirklich sehr angenehm. Der Taxifahrer besteht darauf, Suaheli zu sprechen und macht das mit so großer Geduld und so großem Geschick, dass es wirklich klappt. Und für eine Taxifahrt plus Unterricht sind 17.000 nicht zu viel. Eine Sache bleibt allerdings offen: Wir sind gleich alt, aber er ist drei Jahre später geboren. Entweder hakt es hier bei der Arithmetik oder bei der Sprache.

20. August (Sonntag)
Ein deutscher Entwicklungshelfer, der in einem entfernt gelegenen Winkel Tansanias arbeitet und an einem anderen Kurs teilnimmt, gibt mir ein Stück Jatrophaseife. Jatropha ist ein Pflanze, die als Stützpflanze für Vanille dient. Sie hat viele Vorteile: Sie wächst praktisch auf jedem Boden und wird nicht von Tieren angefressen. Nur hat man sie bisher nicht genutzt. Jetzt hat man entdeckt, dass sie ölhaltige Früchte trägt, aus denen sich u.a. Seife herstellen lässt. Und das wird jetzt von verschiedenen Entwicklungshilfeprojekten vorangetrieben, indem Fabriken aufgebaut werden, in denen Afrikaner in Arbeit und Brot kommen. Die schön in Bananenblättern verpackte, nicht parfümierte Seife soll dann in Touristenläden verkauft und auch exportiert werden. Aus dem Öl können auch Hautpflegemittel entwickelt werden. Das Fernziel besteht darin, aus der Pflanze Dieselöl zu entwickeln.

Nach meinen bisherigen Beobachtungen sind die Ostafrikaner, außer den auf die Touristen angesetzten fliegenden Händlern und anderen Kletten, eher scheu und haben mit dem Stereotyp des extrovertierten oder gar hüpfenden und singenden Neger wirklich gar nichts gemein.

Am Morgen merke ich, dass ich mir am Vortag einen Sonnenbrand geholt habe. Dabei war die Sonne gar nicht so stark, oder wirkte jedenfalls nicht so. Von allen Seiten wird Aloe empfohlen, und Silje bringt, angesichts meiner Verständnislosigkeit, kurz später gleich welche mit. Es hat eine wohltuende und bald auch lindernde Wirkung. Die Schwarzen, so bestätigt uns ein Afrikaner, bekommen nie Sonnenbrand.

21. August (Montag)
Die Bezeichnung der Wochentage auf Suaheli basiert, bis auf Donnerstag und Freitag, auf Zahlen. Man zählt praktisch durch, ‚erster Tag’, ‚zweiter Tag’, usw., beginnt dabei aber nicht mit dem Montag, sondern mit dem Samstag, so dass der Montag der dritte Tag ist. Der fünfte Tag, im Russischen der Freitag und im Griechischen der Donnerstag, ist hier also der Mittwoch! Zur weiteren Verwirrung trägt bei, dass Samstag und Sonntag, trotz der islamisch orientierten sprachlichen Hervorhebung von Donnerstag und Freitag, das Wochenende sind.

Auch hier im Zentrum werden die Tassen und Kannen für den Tee in Körben auf dem Kopf getragen, manchmal mit einer Hand zur Sicherung der Last am oberen Rand des Korbs.

Dyan und Steve erzählen von Äthiopien und seinen bestens erhaltenen mittelalterlichen Burgen sowie von einem ganzen Ensemble von in den Fels gehauenen, unterirdischen, miteinander verbundenen Kirchen. Ich muss sie stoppen, um nicht auf der Stelle ins Reisebüro zu laufen und einen Flug nach Äthiopien zu buchen.

Die Medikamente gegen Malaria haben solche Nebeneffekte (und sind außerdem so teuer), dass viel Ärzte von ihnen abraten, gerade wenn man lange Zeit in Afrika verbringt. Die Norweger haben sie abgesetzt, nachdem ihnen die Haare ausfielen.

Der Indische Ozean ist salzhaltiger als der Atlantik, und man kann sich ganz gemütlich auf dem Wasser treiben lassen. Er ist auch ruhiger und wärmer, auch da, wo die beiden Meere, wie in Südafrika, aufeinandertreffen.

Die Bantus waren mit ihrer auf Landwirtschaft basierenden Lebensweise so erfolgreich, dass es rasch zu Bevölkerungswachstum und dann zu Bevölkerungsüberschuss und Landknappheit kam. So breiteten sie sich rasch von ihrem Stammland, vermutlich dem heutigen Kamerun, über weite Teile Zentral- und Südafrikas aus.

Kurioser kultureller Unterschied: Ich hoffe, dass die Affen näher kommen, um ein Photos zu machen, die Afrikaner verscheuchen sie.

22. August (Dienstag)
Von der Geschichte des Inlands Tansanias ist herzlich wenig bekannt, anders als von der Küste und von Sansibar. Darüber gibt es Aufzeichnungen von Griechen, Römern, Ägyptern, Persern und Arabern. Die Handelstädte an der Küste entstanden wegen der Monsunwinde, die die Händler zwangen, vor Ort zu bleiben, bis die Winde die Richtung wechselten und die Heimkehr ermöglichten.

Später kamen sogar Malayen und Indonesier nach Ostafrika. Diese brachten Bananen und Kokosnüsse mit.

Sprichwort der Haya, im Reiseführer gefunden: ‚A child that does not travel praises its mother’s cooking’.

Das Wort mtu für ‚Mensch’ (Plural watu) ist wohl mit Bantu verwandt, das auch einfach ‚Mensch’ heißt.

Die Tutsi haben, wie die Normannen in England, die Sprache der Eroberten, der Hutu, übernommen. Sie selbst sind nach Körperbau und Lebensweise eher mit den Maasai verwandt, die eine kuschitische Sprache sprechen.

Das Christentum wurde genau dann ins ‚unverdorbene’ Afrika verpflanzt, als es in Europa im 19. Jahrhundert an Wirkkraft einbüsste und unter Kritik geriet, genauso wie später die ‚reine’ Lehre des Marxismus nach Afrika exportiert wurde, nachdem in Europa ihre Durchsetzung gescheitert war.

Im Zuge von Lomé (und den Folgeabkommen) pumpt die westliche Welt 13 Milliarden jährlich in Projekte in Afrika. Hört sich gewaltig an, aber die EU alleine pumpt 195 Milliarden jährlich in ihre eigenen strukturschwachen Gebiete.

Nyerere gelang ein unblutiger Übergang in die Unabhängigkeit, aber sein ökonomisches Erbe war eine Bürde für Tansania. Die Politik der ujamaa (‚Zusammenhalt’, ‚Solidarität’), das ökonomische Kernstück des Konzepts des unabhängigen Sozialismus, scheiterte: Menschen wurden aus ihren angestammten Dörfern in zentrale kollektive Dörfer überführt. Die Folge: Korruption und Verlust des vorher produktiven Landes.

Sansibar musste die Union mit Tanganjika zähneknirschend hinnehmen, da man sich durch die Art der Erkämpfung der Unabhängigkeit selbst geschwächt und international isoliert hatte: Die Unabhängigkeit wurde mit einem grausamen Massaker an der arabischen und indischen Minorität erfochten. Nur ein winziger Teil der nichtafrikanischen Bevölkerung blieb in Sansibar, und es setzte ein ökonomischer Niedergang ein.

Die Kultur der Suaheli, eine Mischung aus arabischen, muslimischen und persischen Elementen, entstand, als die Perser im 10. Jahrhundert nach Ostafrika kamen und sich mit der einheimischen Bevölkerung vermischten.

Die Frage nach der Quelle des Nils, immer schon, seit der Antike, Gegenstand von Spekulationen, wurde im 19. Jahrhundert Gegenstand der Kontroverse zwischen den gemeinsam reisenden britischen Entdeckern Burton und Speke. Speke behielt recht mit seiner Behauptung, der Nil entspringe dem Viktoriasee, während Burton daran festhielt, es müsse der Tanganjikasee sein. Irgendwann galt die Frage als endgültig beantwortet. Andererseits argumentieren einige, dass zwar der Nil tatsächlich aus dem Viktoriasee komme, es aber auch zwei Flüsse gebe, die in den Viktoriasee münden. Man könnte also auch sagen, einer der beiden sei die Quelle des Nils. Aber welcher? Letztlich wird hier aus der geographischen Frage eine linguistische. Letztlich ist eben alles Sprache.

Der erste Europäer, der den Kilimandscharo sah, war ein Deutscher. Als er von einem schneebedeckten Berg in der Nähe des Äquators berichtete, glaubte ihm zu Hause kein Mensch.

Am Abend kommt Steve, nachdem ich am Nachmittag eine Klasse frustriert habe ausfallen lassen, und fragt mich, ob alles in Ordnung sei. Dabei ist er gar nicht in meiner Gruppe. Er muss einen sechsten Sinn haben. Ich sage ihm, wahrheitsgemäß, es ginge jetzt schon deshalb besser, weil er gefragt habe.

Wenn nachts der Strom ausfällt, wird der Generator nicht angestellt. Man tastet sich dann im Dunkel zur Toilette.

Es gibt zwei Arten von Nashörnern, die im Englischen White Rhinoceros (Breitmaulnashorn) und Black Rhinoceros (Spitzmaulnashorn) heißen. Merkwürdig, denn beide haben das gleiche, gräuliche Fell. Die Erklärung: das white für das Breitmaulnashorn ist eine falsche Übersetzung von Afrikaans wijd, ‚breit’, und da die eine Art nun mal White Rhinoceros hieß, nannte man die andern eben Black Rhinoceros.

Die Färbung der Zebras scheint nicht gerade eine ideale Tarnung zu sein, ist es aber doch: Wenn ganze Herden sich in Bewegung setzen, kann der Verfolger kaum ein Tier von dem anderen unterscheiden. Außerdem soll es sie Tsetsefliegen verwirren.

23. August (Mittwoch)
Heute den Unterricht geschwänzt und statt dessen mit dem Bus nach Moshi gefahren. Man stellt sich an den Straßenrand und hofft, dass irgendwann ein richtiger Bus hält. Das passiert dann auch tatsächlich. Die Fahrt dauert anderthalb Stunden. Das Fahrgeld und das Wechselgeld werden dann von den Passagieren durch die Reihen an den Schaffner weitergegeben. Der faltet nach nationaler Sitte seine Scheine der Länge nach einmal und legt sie dann übereinander.

Im Bus gibt es eine Reihe mit einem und eine mit zwei Sitzen, aber dazwischen gibt es auch Sperrsitze, und als der Bus sich langsam füllt, werden die runtergeklappt und aus drei Sitzen wird eine provisorische Bank, und auf der nehmen nicht etwa vier, sondern fünf Passagiere Platz. Bemerkenswert die völlige Abwesenheit westlicher Höflichkeitsformeln. Man fragt grundsätzlich nicht, ob noch frei ist, auch wenn man dem anderen dabei ganz eng auf die Pelle rückt. Wenn Platz da ist, setzt man sich.

Die Gegend ist karg, es gibt weite Ebenen, und die abgeernteten Maisfelder sehen trostlos aus. Der Kilimandscharo liegt in einer Dunst- und Wolkenschicht. Wenn man nicht gezielt sucht, kann man ihn glatt übersehen.

Die Männer sind meist westlich gekleidet, die meisten leger, einige elegant. Nur einige alte Männer tragen eine traditionelle, runde und oben abgeflachte Kopfbedeckung.

Vor mir setzt sich eine uralte Maasai-Frau mit geschorenem Schädel und langen, baumelnden Ohrläppchen, durch deren Löcher ganze Schmuckbänder gesteckt werden können.

Während der Fahrt habe ich Zeit, ein paar Dinge zu rekapitulieren, die ich von unseren „Afrikanern“ gehört habe: Korruption ist demnach unvermeidlich. Sie ist für den Afrikaner, wenn er davon profitieren und Geld kassieren kann, die Chance seines Lebens. Sie zu wahren, ist aus praktischen und sogar aus moralischen Gründen geboten. Wenn er sie nicht nutzt, lässt er damit seine engsten Angehörigen, aber auch die weitere Sippschaft und die Nachbarschaft, bei hochrangigen Politikern sogar seinen Stamm im Stich. Er würde sich an ihnen regelrecht schuldig machen.

Ebenso überraschend für den Mzungu: Sparen, Vorsorge sind so gut wie unmöglich. Man ist immer für mehr Menschen als nur für sich selbst verantwortlich, und es gibt immer jemanden, der in Not ist. Wenn ich mehr erwirtschafte, als ich für heute brauche, wird der Überschuss sofort von jemandem in Anspruch genommen. Für mich selbst kann ich nichts für die Zukunft aufbauen. Also lehne ich mich zurück und genieße den Rest des Tages. Eine einleuchtende, geradezu rationale Erklärung von Faulheit.

Moshi ist eine kleine, ruhigere Version von Arusha. Zu sehen gibt es so gut wie gar nichts.

Auf einer steil ansteigenden Straße etwas außerhalb des Zentrums liegt ein sehr schönes Mzungu-Café. Dort bekomme ich Kaffee, Kuchen, Wasser und zwei Anrufe auf einem Handy für zusammen 2.000 Schilling, $1,60. Nach einigem Hin und Her kann ich für den Nachmittag die Besichtigung einer Kaffeefarm vereinbaren.

Bis dahin bummele ich ein bisschen durch die Stadt und mache Photos von drei kleinen Schulkindern, von zwei jungen Mädchen, von einem Bus am geschäftigen Busbahnhof und von einem der vielen Näher, die am Straßenrand sitzen und ihre Dienste anbieten, einem der wenigen pittoresken Motive der Stadt. Die Bitte, ob man ein Photo machen darf, wird teils verschämt, teils begeistert gewährt und teils verschämt, teils entschieden verwehrt.

Auf dem hiesigen Markt sitzen die Frauen unter riesigen westlichen Regenschirmen, die zu Sonnenschirmen umgewidmet worden sind.

Inmitten all der Armut sieht man eine nicht zu vernachlässigende Minderheit mit Handys.

Ein blinder Bettler bekommt auch von den Einheimischen Geld zugesteckt.

Vereinzelte Wörter kann ich jetzt identifizieren, gesprochen und geschrieben, und an einer Häuser wand verstehe ich ein Hinweisschild sogar ganz: Rangi ya Nyumba – Farben für das Haus.

Ein Hinweisschuld zu einer Zahnklinik enthält das Wort Zahanti – ob das die korrupte Version von Zahnarzt ist?

Die Straßennamen sind englisch: High Street, School Street, Hill Street. Warum, weiß der Geier. Wahrscheinlaich hat es vor der englischen Kolonialzeit keine Straßennamen gegeben.

Zeitungsverkäufer auf der Straße bieten aktuelle tansanische und veraltete westliche Zeitungen an. Das sind die, die in den Flugzeugen übrig bleiben und so in den „Handel“ gelangen.

Dann geht es mit dem Taxi zur Makoa-Farm, über die Hauptstraße, dann über eine gewundene, einsame Landstraße. Unterwegs kommen uns Pickups entgegen, die bis zum letzten Winkel mit Schulkindern beladen sind – stehend. Sie winken uns fröhlich, geradezu begeistert, zu. Wir machen auch einmal Halt, um ein Photo vom Kilimandscharo zu machen, den man von hier aus besser, wenn auch immer noch nicht gut sehen kann.

Dann geht es über einen holprigen Weg aus Lehm mit Steinen und tiefen Schlaglöchern, den man normalerweise allenfalls mit dem Traktor befahren würde. Der Taxifahrer bringt mich bis ans Ende des befahrbaren Weges. Von dort aus muss ich zu Fuß weiter. Vorher hat er aber noch Gelegenheit, sich über den Mzungu zu belustigen, der die Pflanzen rechts der Weges nicht kennt: Kaffee.

Erst nach der Besichtigung stellt sich heraus, dass ich auf der falschen Farm gelandet bin. Die aus den Reiseführer hat einen ähnlichen Namen, Makuru-Farm, hat aber die Besichtigungen wegen mangelnder Nachfrage eingestellt. Umso erstaunlicher, dass es hier klappt. Die Frau, die mich begrüßt und mir zwei Angestellte zur Seite gibt, ist eine deutsche Tierärztin, die Besitzerin der Farm. Das weiß ich aber nicht und wir sprechen Englisch miteinander.

Mit dem nur Suaheli sprechenden Kaffeepflücker und einer Angestellten, die in Amerika gelebt hat und fließend Englisch spricht, geht es über die Plantage. Erst sehen wir zwei ganz junge Maribus mit flauschigem Gefieder, die reglos unter einem Baum sitzen und die ich zuerst für Skulpturen halte, dann sehen wir noch ein paar andere Tiere, u.a. ein Wildschwein und ein Warzenschwein, die in einem Stall gehalten werden.

Dann kommen die Kaffeesträucher, in Reih und Glied wie Rebstöcke auf einem Weinfeld gepflanzt. Zwischen den Reihen ist genug Platz, um mit dem Traktor das Unkraut zu beseitigen, aber die Beeren werden von Hand gepflückt. Die Beeren hätte ich genauso wenig wie die Sträucher identifizieren können. Sie sind grün bis rot, und enthalten die eigentlichen Kaffeebohnen, und zwar jeweils zwei. Um daran zu kommen, muss man die Beeren aus der Schale lösen, eine Arbeit, bei der ich mich zur Belustigung der beiden Begleiter ziemlich ungeschickt anstelle. Sie helfen mir aber, bis es endlich klappt. Die Bohnen sind glitschig und süß. Wegen der Süße sind sie auch bei Kindern und Affen beliebt.

Im ersten Jahr tragen die Sträucher weiße Blüten, aber noch keine Früchte. Ab dem 2. Jahr tragen sie dann auch Früchte, und im 4. Jahr sind sie ungefähr mannshoch. Es gibt zwei Arten, solche, die die Zweige auseinander breiten und solche, die die Zweige wie schützend um die Beeren legen. Diese sind ertragreicher. Die älteren Sträucher, mit Zweigen voller roter Beeren, sehen richtig schön aus. Sie haben mehrere Ernten pro Jahr, achtmal und teils noch öfter, wie mit Stolz vermeldet wird. Die Ernteweit beginnt im März, mitten in der Regenzeit, und geht bis etwa Oktober. Die Arbeit beginnt früh am Morgen, wenn es noch kühl ist. Jetzt, am Nachmittag, ist kein Pflücker mehr aktiv. Die Arbeit wird nach Akkord bezahlt. Es gibt ganze Heere von Pflückern, die von Farm zu Farm wandern. Auf dieser Farm werden bis zu 500 Pflücker gleichzeitig eingesetzt.

Neben Kilimandscharo sind in Tansania Iringa, Arusha und Bukoba bekannt für den Kaffeeanbau, in anderen Regionen gibt es keinen Kaffee, z.B. in Tanga, wo es dafür Kokosnüsse gibt.

Am Rande der Kaffeeplantagen stehen auch Mangobäume und Avocadobäume. Beide stehen jetzt in Blüte, tragen aber keine Früchte.

Die Übersetzerin hat ein halbes Jahr in Vermont gelebt, und zwar im Winter. Als sie ankam, war es 20° warm, und sie vermeldete nach Hause, es sei sehr kalt. Dann wurde es richtig kalt, und ihr fehlten die Worte, um diese unvorstellbare Kälte zu beschreiben. Der Eindruck hat sich ihr für immer ins Gedächtnis geschrieben. Wenn sie heute gefragt wird, ob sie nicht einmal den Kilimandscharo besteigen wolle, sagt sie ganz klar nein. Sie habe genug Schnee für ihr ganzes Leben gehabt.

Interkulturelle Kommunikation: Mir wird gesagt, so viel Regen wie dieses Jahr habe es schon lange nicht mehr gegeben, und ich stelle die offensichtlich blöde Frage, ob das gut oder schlecht sei: Gut natürlich! Auch in regenreichen Jahren ist Bewässerung nötig, und man zeigt mir mit Stolz die primitive Vorrichtung.

Als wir zurückkehren, zeigt sich der Kilimandscharo von seiner besseren Seite, aber mit dem klassischen Photo hat es immer noch wenig gemein.

Zum Schluss geht es in die Fabrik. Auch hier ist jetzt Stillstand, aber man kann eine steinerne Rutsche sehen, auf der die Kaffeebohnen mit hohem Wasserdruck hinuntergetrieben werden, wobei die schwereren, und das heißt wohl die besseren, durch ein Sieb in eine tiefer gelegene Rinne fallen. Man sieht auch steinerne Tröge, in denen die Bohnen mehrere Tage in Wasser gelagert werden, damit sie die süße Schicht abstoßen. Zu Schluss sieht man die fertigen, gräulichen, ungerösteten Kaffeebohnen in groben Säcken. Hier in Tansania isst man sie auch. Sie werden in einer Pfanne gebraten.

Zum Abschied bekomme ich von der deutschen Besitzerin, deren Ehemann, ebenfalls deutscher Tierarzt, im Hintergrund telephoniert und nach einem Hufschmied sucht, noch ein Glas Fruchtsaft. Diesmal unterhalten wir uns aber auf Deutsch. Mir wird empfohlen, nicht zurück zur Hauptsraße zu laufen – das sei zu weit – sondern den Daladala zu nehmen. Mit deren Existenz bin ich schon aus Arusha vertraut, habe aber noch keinen bestiegen. Es sind Kleinbusse, von Privatunternehmern betrieben, bei denen die Regel gilt: Nicht die Zahl der Plätze bestimmt die Zahl der Passagiere; es fahren so viele Passagiere mit, wie reinpassen. Der Name soll sich von Dollar ableiten.

Zurück zur Landstraße geht es aber erst einmal zu Fuß. Auf dem Weg kommen mir Schulkinder in kleineren und größeren Gruppen entgegen, die mir, ungeachtet der Tageszeit, fröhlich „Good morning“ zurufen. Ich antworte ebenso gutgelaunt „Good morning“.

Dann warte ich an der Landstraße auf den Daladala zur Hauptstraße. Noch nirgendwo hatte ich so sehr das Gefühl, in Afrika angekommen zu sein. Von der anderen Straßenseite, an der sich an einigen Holzverschläge einige „Geschäfte“ befinden, werde ich neugierig oder verschämt beäugt. Einen Mzungu, der sich einfach an die Straße stellt, um auf den Daladala zu warten, sieht man hier vermutlich nur alle paar Jahre. An der anderen Straßenseite stehen auch Bauern mit Holz- und Maisbündel, die den haltenden Daladala nicht besteigen können, weil sie nicht reinpassen. An meiner Haltestelle spreche ich mit ein paar ebenfalls wartenden Jungen. Als ich dann den Daladala besteige, bin ich endgültig in Afrika angekommen. Ich bin Gesprächsgegensand und Gesprächspartner für den ganzen Bus. Alle meine Antworten werden eifrig kommentiert. Ich erzähle, dass es im Deutschen auch das Wort Schule gibt. Das erregt große Freude und eifrige Kommentare. Man scheint das entweder für eine wundersame Fügung zu halten oder eine rätselhafte Anleihe des Deutschen beim Suaheli. Auf die naheliegende Erklärung, dass es sich um ein Überbleibsel der deutschen Kolonialherrschaft handelt, scheint keiner zu kommen. Endgültige Begeisterung bricht aus, als mir eine Frau eine Begrüßung auf Chagga beibringt, und ich es im dritten Anlauf schaffe, sie nachzusprechen. Ein Mädchen neben mir, das schüchtern wirkt und leise spricht, lässt sich dennoch die Gelegenheit nicht entgehen, ihr Englisch zu praktizieren, auch nach ein paar Anlaufschwierigkeiten. Sie spricht wirklich ziemlich gut. Und ich erfahre, dass Suaheli ihre Muttersprache ist, die bisher einzige, die ich gefragt habe, die nicht noch eine weitere Stammessprache spricht.

Als der Daladala an der Hauptsraße ankommt, werde ich sofort von zwei jungen Männern im Empfang genommen, die mich von beiden Seiten am Arm festhalten, mich mit my friend anreden und wissen wollen, wohin die Reise geht. Ich habe übelste Vorahnungen, dass ich entführt oder ausgeraubt oder überlistet werden soll, aber sie bringen mich nur über die Straße zum richtigen Bus.

Dort wird es immer voller, und wieder errege ich Aufsehen, als ich für eine Frau aufstehe. Sie wehrt sich erst, nimmt dann aber an. Bald danach werden wieder Plätze frei. Ich gebe eine Runde eiskaltes Wasser aus, das an den Haltestellen von fliegenden Händlern angeboten wird und zwinge meinen Nachbarn wieder ein paar Sätze Suaheli auf. Als der Platz neben mir frei wird, setzt sich ein junger Mann, der die Unterhaltung verfolgt hat, neben mich. Er selbst hat in der Armee, in der chinesische Ausbilder tätig sind, Chinesisch gelernt und hat Interesse an allem, was mit Sprache zu tun hat. Sein Englisch ist ausgezeichnet. Er arbeitet als Ingenieur in den Tansanit-Bergwerken, die man in der Ferne sieht, und ist nach einer mehrtägigen Schicht jetzt auf dem Weg nach Moshi, wo er zuhause ist und mehrere freie Tage genießen kann. Der Tansanitabbau ist eine der umstrittensten Wirtschaftszweige Tansanias. Die Arbeitsbedingungen, die Gefahren und die Umweltschäden werden heftig kritisiert. Aber von all dem weiß ich zu dem Zeitpunkt nichts und kann den Berichten unvorbelastet zuhören.

In Arusha angekommen, muss ich dann noch ein Taxi nach Hause nehmen. Der Taxifahrer fährt zuerst zur Tankstelle, wie sein Kollege dieser Tage und wie auch zwei Busse. Da scheint System dahinter zu stecken. Man kann sich einen vollen Tank nicht leisten und muss erst auftanken, wenn man eine längere Fahrt vor sich hat.

24. August (Donnerstag)
Zum Abendessen gibt es gekochte Bananen. Da sind die grünen. Sie schmecken nicht sonderlich nach Bananen und haben die Konsistenz von Äpfeln. Keine kulinarische Offenbarung.

Manchmal, besonders in der Nacht, hört man in der Ferne die Stimme des Muezzin. Ansonsten ist das muslimische Leben kaum präsent.

Auch die als Lehrerin ausgebildete, verwestlichte Mama Lois glaubt felsenfest an Geister. Sie ist gleichzeitig aber Christin. Wenn du ein guter Christ bist, hältst du die Geister von dir fern.

Das Suaheli hat für unsere Ohren witzig klingende Ableitungen, vor allem Reduplikationen wie barabara, takataka, und pilipili – Straße, Abfall, Paprika. Es gibt phonotaktisch zwei Sorten von Wörtern, solche mit einer ganz simplen Silbenstruktur wie sana, kabisa oder hakika und solche mit einer komplizierteren Silbenstruktur wie chungwa, nchi oder mswaki.

25. August (Freitag)
Im Unterricht machen wir heute Interviews mit Afrikanern, die im Zentrum arbeiten. Die Antworten gleichen sich. Alle haben 2 oder 3 Kinder, alle haben Haustiere, eine Kuh oder Ziege und Hühner, und alle heißen Gertrud und Julius und nicht, wie im Lehrbuch, Neema und Musa. Der Mann von der Wäscherei ist genauso alt wie ich, sieht aber aus, als könne er mein Vater sein.

Obwohl die Uhrzeit afrikanisch ist, also um sechs Uhr morgens beginnend, stehen alle Uhren auf westlicher Zeit. Es gibt keine Suaheli-Uhren.

Die Bantusprachen breiteten sich mir der Migration der Bantus in ganz Zentral- und Südafrika aus, mit einer homogenen Ost- und einer diversifizierten, weil isoliert lebenden Westgruppe. Bestimme Gebiete blieben aber der (jetzt) kleineren Gruppe der Khoisansprachen z. B. Zentraltansania und die Kernzonen des äquatorialen Waldes. Die Erklärung ist einfach: Diese Gebiete waren für die bereits Landwirtschaft treibenden Bantu-Völker ungeeignet. Aus demselben Grund blieben sie in Südafrika östlich des Kei. Auf dessen anderer Seite blieben die Hottentotten und die Buschmänner (Khoikoi bzw. San). Die Hottentotten übernahem von den Bantuvölkern das Leben mit Rindern, die Bantu-Völker übernahmen von den Hottentotten die Klicklaute.

Die Hauptstadt Tansanias ist nicht Daressalam, sondern Dodoma, ein entlegener Ort im Zentrum des Landes.

Im Unterricht ist bisher noch kein einziger Relativsatz vorgekommen. Das könnte einfach daran liegen, dass dies ein Anfängerkurs ist. Oder daran, dass es das Suaheli keine Relativsätze hat.

Das neutrale Wort für Schwein ist nguruwe. Umgangssprachlich nennt man es auch mbuzi katoliki, ‚Katholikenziege’.

Da die Wörter eine sehr regelmäßige Struktur haben, klingen Sätze manchmal wie Verse: Wana watoto wawili oder kula chakula cha mchana.

Nach dem Unterricht geht es mit der gesamten Belegschaft auf eine nahegelegene Ranch. Hier werden erkrankte Tiere aufgepäppelt, um dann wieder ausgesetzt zu werden. Oder ist es einfach eine Art Mini-Zoo? Genau ist das nicht zu erfahren. Da alle nach unserer Ankunft sofort auf die Terrasse stürzen, bevor die zweite Ladung kommt, habe ich ein paar glorreiche Minuten für mich alleine in der Stille des kleinen Parks. In kleinen Gattern werden ein Affe, ein Maribu, ein Krokodil, eine Eule und ein Stachelschwein gehalten. Ringsherum Natur pur. Die Natur wirkt hier irgendwie ‚natürlicher’ als bei uns, vielleicht wegen der ‚unordentlichen’ Vielfalt der Pflanzen in unmittelbarer Nachbarschaft: Ein großer Baum voller bunter Blüten steht neben einem kahlen Baum, der wieder neben einer mächtigen Palme, deren untere Äste traurig herabhängen, und die wiederum neben einem stacheligen Baum, mit den Ästen in der Vertikalen. In den Bäumen klettern völlig geräuschlos spitznasige Affen herum, bis einer krachend auf dem Wellblechdach einer Hütte landet. Über mir fliegen große, schwarz-weiße, nicht identifizierbare Vögel, die wie Störche aussehen, hin und her, mit breiten Halmen quer im Schnabel. Die Eule dreht, scheinbar ohne jede Bewegung, den Kopf nach mir.

Als Dyan und Steve mit den Kindern kommen, bringt ein junger Wärter Futter, und auf einmal stürzen statt einem Stachelschwein mehr als zehn aus dem hinteren Teil des Gatters hervor. Dyan fragt den Wärter nach dem Affen, aber die Verständigung klappt nicht. Dann stellt sich heraus, dass Affe nicht gleich Affe ist. Der Affe im Käfig ist kein kima, wohl aber die in den Bäumen. Deshalb wusste der Wärter nicht, was sie meinte.

Danach gibt es auf der Terrasse bis in die Dunkelheit hinein Bier zu Mzungu-Preisen und interessante Gespräche über Afrika, über Armut, über Arbeit.

26. August (Samstag)
Am Morgen geht es mit dem Schulbus nach Arusha, und dann mit einem Führer nach Ng’iresi, einem sieben Kilometer entfernt liegenden Dorf an den Hängen des Meru. Eigentlich kann von Dorf kaum die Rede sein, man sieht in erster Linie Felder.

Der Meru war einmal höher als der Kilimandscharo, verlor aber bei einem gewaltigen Ausbruch seine Spitze. Die Region profitiert davon, denn der Vulkanboden ist ausgesprochen ertragreich. Dazu kommt eine immerwährende Feuchtigkeit durch den Westwind. Das spürt man jetzt am frühen Vormittag noch. Man sieht es den Pflanzen geradezu an, dass es ihnen gut geht. Alles sprießt und grünt, alles kann mehrmals pro Jahr geerntet werden. Wir sehen Bohnen, Kartoffeln, Mais, Reis und überall Bananenstauden. Die sind nicht sonderlich hoch, und es ist gar nicht so leicht, ein einen Baum zu finden, der Früchte trägt. An den Hängen wird terrassenförmig angebaut, und auf den gegenüberliegenden Hängen ist der abgeholzte Wald aufgeforstet worden, all das mit Hilfe des Touristenprogramms, in dessen Rahmen ich diese Führung mache. Auf den Feldern arbeiten Menschen aller Altersklassen mit Spitzhacken, meist in kleinen Gruppen.

Durch einen Fehler lerne ich, dass es drei verschiedene Wörter für Reis gibt: mpunga (auf dem Feld), mchele (geerntet) und wali (auf dem Teller).

Überall kommen uns Bauern und Kinder entgegen, die uns teils neugierig, teils argwöhnisch ansehen. Dies ist kein Touristendorf, und den ganzen Vormittag über begegne ich keinem anderen Mzungu.

An einer Biegung des Weges steht eine Feige, ein Parasitenbaum, der sich von oben auf einen anderen Baum setzt und dann langsam seine Äste nach unten treibt, bis er den Mutterbaum erstickt und seine eigenen Wurzeln in den Boden treiben kann. Das ist der heilige Baum der Maasai. Eine erstaunliche Wahl für einen heiligen Baum. An dem Baum werden einmal pro Jahr Opferrituale abgehalten. Singend und tanzend umkreist man den Baum drei Mal und hinterlässt am Abend einen Teil eines geschlachteten Tieres. Wenn das am nächsten Tag verschwunden ist, bedeutet es Glück für die Gemeinschaft.

Am Baum werden wir von einer ganzen Kinderschar umzingelt, die laut kreischend auseinander stöbt, als ich frage, ob ich ein Photo machen könne. Ich beruhige sie und sage radebrechend, dann würde ich eben ein Photo von dem Baum machen. Das löst allgemeine ausgelassene Heiterkeit aus, aber sie sagen mir etwas, was ich nicht verstehe. Der Führer übersetzt, ich solle das Wort Baum nicht auf Suaheli, sondern auf Maasai sagen. Als ich das tue, nimmt das Lachen überhaut kein Ende mehr.

Hier wird auch kaum gebettelt, und wenn, dann nur verstohlen. Nur eine alte Frau, Holz auf dem Kopf tragend, sagt unverhüllt und in aller Deutlichkeit, Lete fedha- Gib Geld, als ich frage, ob ich ein Photo machen dürfe. Sie bekommt ihr Geld, ich bekomme mein Photo.

Wir gehen dann zur Schule, deren Gebäude mit Hilfe des Touristenprogramms gebaut oder erweitert wurden. In einem winzigen Raum empfängt mich der Schulleiter. Das Gespräch ist nicht viel mehr als eine wiederholende Variation von Karibu –Willkommen, dem vermutlich meistgebrauchten Wort in Suaheli. Ich darf mich auf dem Gelände umsehen. Einige ältere Schülerinnen, d.h. Mädchen um die 15, sind noch auf dem Gelände. Sie haben auch samstags Unterricht, weil sie kurz vor einem Abschluss oder einer Prüfung stehen. Sie sind gerade im Begriff zu gehen, aber ich kann mich noch ein bisschen mit ihnen unterhalten, halb Suaheli, halb Englisch.

Die Gebäude sehen ordentlich aus, sind aber sehr dürftig ausgestattet und nicht sehr groß. Rätselhaft, wie hier 1.200 Schüler untergebracht werden können, selbst wenn die Klassen, wie ich erfahre, meistens 70-80 Schüler haben. Wie bei uns an der Uni. Das Dorf selbst hat 4.000 Einwohner, davon nur 1.200 Erwachsene. Es können also gar nicht alle Kinder zur Schule gehen, zumal man wegen des Touristenprogramms sich auch noch verpflichtet hat, 20% aus den Nachbardörfern aufzunehmen. Wie die hierher kommen, ist mir unklar. Wahrscheinlich zu Fuß.

Unterwegs frage ich meinen Führer, ob er schon mal im Ausland war. Ja, dadurch, dass er für das Touristenministerium arbeitet, hat er einmal die Gelegenheit gehabt, nach Kenia und Uganda zu reisen. Und, wie war’s? Ganz gut, aber: Die Kenianer seien echte Egoisten, nicht so wie die Tansanier, die immer zusammenhielten und an die Gemeinschaft dächten. Die Ugander gingen so, sie seien zwischen den Kenianern und den Tansaniern.

Danach geht es auf einen abgetrennten Platz, auf dem traditionelle Maasai-Häuser stehen, aus Lehm, mit Dächern aus Bananenblättern und Wellblech. Auch hier bewährt sich das Touristenprogramm von Arusha. Es kommen uns keine verkleideten und singenden Maasai entgegen und es werden auch keine Souvenirs verkauft, alles nimmt seinen normalen Gang.

Ich werde in eins der Häuser hineingeführt. Drinnen sieht man zunächst gar nichts, es ist stockdunkel und verqualmt. Als sich die Augen langsam erholen, erkennt man eine Feuerstelle mitten im Raum, an der Seite eine etwas erhöhte, durch Lattenroste abgetrennte Bettstelle, links auf einem Schemel ein paar Töpfe und Pfannen, und hinten und an der Seite, auch durch Lattenroste abgetrennt, einen Bereich für Kuh und Ziege, die hier übernachten. Erst dann bemerke ich zwei Personen, die Tochter, die sich an den Töpfen zu schaffen macht und die Mutter, die in gebückter Haltung mit einem kurzstieligen Besen den nackten Lehmboden von Gräsern und Körnern säubert, indem sie sie ins Feuer schiebt. Trotz der einfachen Verhältnisse ist Sauberkeit offensichtlich ein wichtiger Wert. Als Lichtquelle und Qualmabzug stehen nur die Ritzen zwischen den Latten und zwei kleine Luken zur Verfügung.

Anschließend kann ich noch ein Photo von der Tochter des Hauses machen, die sich, mit einem Hirtenstab bewaffnet, photogen an einer der Stangen in Position stellt, die das Dach abstützen.

Dann geht es noch in das Gaus des Dorfältesten, ein verputztes Haus aus Stein, dessen Stube mit allem möglichen europäischen Krimskrams aufgemöbelt ist. Eine junge Frau, deren Identität geheim bleibt, serviert einen wunderbaren, starken, heißen, schwarzen, süßen Kaffee. Der Führer spricht Maasai mit ihr und lässt sich gelangweilt in einen Sessel fallen, ohne Anstalten zu machen, etwas über das weitere Programm zu sagen. Am Ende erscheint der Dorfälteste selbst und erzählt unter ständigem Lächeln und Vorzeigen seiner gefleckten Zähne – ein Merkmal, das er mit vielen seiner Landsleute teilt – sowie vielen karibus, wie das durch das Touristenprogramm erwirtschaftete Geld verwaltet und kontrolliert wird. Über alles muss Buch geführt und der Dorfgemeinschaft und dem Ministerium Rechenschaft abgelegt werden. Damit sie beschlussfähig ist, müssen wenigstens 600 Menschen erscheinen! Er zeigt mir sogar die Bücher, alte, abgegriffene und randvoll beschriebene Kladden, in denen in säuberlich angeordneten Kolumnen jeder Betrag sorgfältig registriert ist. Dennoch hört sich sein Vortrag ein bisschen zu angestrengt nach Rechtfertigung an. Wo letztlich das Geld hingelangt, weiß man wohl nicht. Dennoch verweigere ich nicht den kleinen Extrabeitrag, um den ständig, wenn auch nie ganz direkt, gebeten wird.

Dann geht es wieder zurück nach Arusha. Erst jetzt, wo ich mich daran gewöhnt habe, dass man keine echten Hungerleider sieht, wird mir klar, welche Armut die aus allen gerade verfügbaren Materialien zusammengezimmerten Baracken am Straßenrand darstellen. Etwas mulmig wird mir, als ich merke, dass Arusha mir jetzt, nach der Rückkehr aus dem Dorf, wie ein Hort der Zivilisation und des Wohlstands vorkommt.

Am Nachmittag streife ich noch ein bisschen durch das Zentrum und kommt dabei auf den Friedhof. Der sieht auf den ersten Blick gar nicht so anders aus als die europäischen, nur verwildert. Dann kommt ein Mann auf mich zu und macht mich auf eine Besonderheit aufmerksam: Rechts liegen Christen, links Muslime, friedlich auf einem Friedhof vereint. Die christlichen Gräber haben einfache Kreuze aus Messing oder Holz, die muslimischen haben häufig Grabsteine in geschwungenen, arabisch inspirierten Formen. Sie scheinen, so jedenfalls mein Eindruck, besser ausgestattet zu sein.

Nach einem Sandwich im Via Via, wo ich meinen Führer von letzter Woche wiedersehe, geht es mit dem Taxi nach Hause. Mit dem Taxifahrer tausche ich dieselben Informationen aus wie mit dem letzter Woche, und siehe da – es geht schon besser, wenn auch stockend. Als wir ankommen, haben wir alle steckbrieflichen Informationen ausgetauscht: Alter, Beruf, Kinder, Wohnort, Herkunft, Religion, Tiere.

27. August (Sonntag)
Heute zur Safari in den Nationalpark von Arusha. Obwohl die ‚Ausbeute’ an Tieren am Ende bescheiden ist, haben wir eine gute Entscheidung gefällt. Es ist eine authentische Erfahrung, vor allem, weil wir morgens zu Fuß unterwegs sind und den ganzen Tag über praktisch ganz alleine sind. Die schönste Erfahrung gleich zu Anfang, als wir zwischen einer Giraffenfamilie und einer Büffelherde hindurchmarschieren. An die Giraffen kommen wir bis auf wenige Meter heran. Die weiblichen Tiere sind kleiner und haben Haare auf den Hörnern. Die älteren männliche Tiere sind kahlköpfig, weil sie die Haare in den Kämpfen verlieren!

Erstaunlich, wie scheu die Tiere sind. Sie laufen zwar nicht weg, halten aber Abstand und halten uns ständig im Auge. Sie scheinen mindestens genauso viel Angst vor uns wie wir vor ihnen zu haben. Erstaunlich auch, welch friedvolle Atmosphäre herrscht. Es herrscht fast völlige Stille, und die Tiere bewegen sich kaum.

Die Büffelherde ist versetzt mit Warzenscheinen, zum beiderseitigen Vorteil: Die Warzenschweine sehen besser und können rechtzeitig warnen, die Büffel schützen die Warzenschweine bei Gefahr. Die Büffel sehen nicht anders aus als eine europäische Kuhherde. Fast ein bisschen ‚enttäuschend’ angesichts der Tatsche, dass sie als sehr gefährlich gelten. Zusammen mit den Nilpferden, dem Spitzmaulnashorn, den Leoparden und den Geparden bilden sie die höchste Gefahrenstufe, noch über den Löwen. Ein Büffel ist auch das einzige Tier, das unser Führer jemals erschossen hat – zum Schutz eines tollkühnen japanischen Touristen.

Wir steigen ein Stück den Meru hinauf. Hier sieht man ihn von der abgebrochen Seite, die er bei dem zweiten Vulkanausbruch verlor. Das ganze hügelige Gelände, auf dem wir wandern, ist aus Lava und Geröll entstanden. Zwischen den beiden, erdgeschichtlich kurz hintereinander erfolgten Ausbrüchen, bildete der Meru einen perfekten Krater. Wie der Kilimandscharo gilt er als schlafender, nicht als erloschener Vulkan.

Am Wegesrand sehen wir die abgestreifte Haut einer Python, silbrig glänzend. Die Python erstickt ihre Opfer, schluckt sie ganz hinunter und arbeitet dann wochenlang an der Verdauung.

Später kommen wir zu einem tosenden Wasserfall, der aus einer schmalen Aushöhlung im Felsen herunterstürzt. Der Felsen ist Lavagestein, und die Steine, die wir auf dem Weg aufheben, sind ganz leicht.

Eine Warzenschweinfamilie sieht hinter einem Gebüsch hervor, sehr photogen, schlägt sich dann aber durch ein verdächtiges Geräusch in die Büsche, noch bevor ich auf den Auslöser drücken kann.

Bei der Mittagspause an einem See taucht auf einer Insel mitten in dem See plötzlich ein Nilpferd auf und lässt sich langsam ins Wasser gleiten. Später taucht es noch ein paar Mal, Nase, Augen und Ohren über der Wasserfläche haltend, kurz auf.

Am Nachmittag machen wir eine Runde mit dem Jeep durch den Park. Einmal ‚blockiert’ ein gelbgrüner Chamäleon den Weg, das angesichts der Gefahr zitternd auf der Straße stehen bleibt statt wegzulaufen.

Später stoßen wir auf Paviane, mitten auf dem Weg, darunter eine Mutter mit Kind auf dem Rücken. Als sie den Jeep wahrnehmen, treten sie sofort die Flucht an. Nur ein alter Pavian trottet gemächlich ein paar Meter weiter und gibt erst dann den Weg frei. Die anderen beobachten uns, hinter Büschen versteckt, aus ein paar Metern Distanz.

Später sehen wir einen riesigen schwarzweißen Affen mit langem schwarzen Schwanz, der durch die Äste eines hohen Baums klettert, Hunderte von Flamingos am Ufer eines Sees, in der Distanz eine gemischte Herde aus Zebras und Büffeln und immer wieder Giraffen, ganz aus der Nähe.

Am Abend sind wir erstaunt, wie erschöpft wir sind, auch wohl von der Sonne, die hier mit dem Mzungu ihren Spaß treibt: Sie wirkt viel stärker als sie wirkt.

28. August (Montag)
Im Laufe der ersten zwei Wochen ist es allmählich immer wärmer geworden. Am Abend sagt jemand, es regne. Ungläubiges Staunen. Tatsächlich fallen ein paar Tropfen, und in der Nacht gibt es einen kräftigen Schauer, die ersten Vorboten der langsam einsetzenden Regenzeit.

29. August (Dienstag)
Viele Wörter ähneln sich, da die Silbenstruktur so einfach ist, wie zum Beispiel mbuga (Park), mboga (Gemüse) und mbogo (Büffel). Dieses Beispiel macht Schule, da wir mehrmals sagen, wir seien auf dem Markt gewesen und hätten einen Büffel gekauft. Artikel könnten die Aussage eindeutig machen, aber Artikel gibt es in Suaheli nicht. Das hat die Sprache gemeinsam mit dem klassischen Latein, dem modernen Russisch und dem modernen Türkisch, sowie vielen anderen Sprachen.

Als am Nachmittag ein Film gezeigt wird und „zum besseren Verständnis“ vorher über 100 Wörter „eingeführt“ werden, trete ich die Flucht an und setze mich in die Bibliothek. Danach geht es mit dem Schulbus nach Arusha. Unterwegs erfahre ich, was Imara kama simba heißt, der Werbeslogan, den ich schon so oft gesehen habe: Stark wie ein Löwe.

In Arusha spreche ich im Laufe des Abends mehr Suaheli als Englisch: im Bus mit einem Mädchen, das bei uns arbeitet, in der Stadt mit der Besitzerin eines Schreibwarengeschäfts und ihrer Tochter, im Via Via mit mehreren Kellnern und am Ende mit einem Taxifahrer, der praktisch überhaupt kein Englisch spricht.

Afrikanisches Paradox: In den Pickups, auf denen Schulkinder zu Dutzenden stehend transportiert werden, herrscht in der Fahrerkabine Anschnallpflicht.

Europäisches Paradox: Ein Pilot, der ein Klappmesser bei sich hat, wird von der Sicherheitskontrolle gestoppt und aufgefordert, das Messer abzugeben, damit es dem Piloten anvertraut werden könne. Daran ändert sich auch nichts, als er sagt, er sei der Pilot.

30. August (Mittwoch)
Ich stelle dem Fortgeschrittenkurs eine fiktive zusätzliche Hausaufgabe: Fünf Wörter auflisten, die auf Konsonant enden. Verblüffte Reaktionen. Keinem kommt spontan ein einziges Wort in den Sinn, nur Steve sagt auf der Stelle Daressalam und vermerkt einen Treffer für sich. Er hätte sich auch drei geben können. Außer diesem Beispiel fällt mir später noch rais ein, ‚Präsident’, aber sonst nichts. Man hört auch, dass einige Sprecher unwillkürlich eine Art Vokal anhängen, wenn ein Wort im Englischen auf Konsonant endet, so wie viele Italiener.

Laut Steve gibt es in Tansania weniger wilde Tiere als in Kenia, weil die Engländer in Tansania große Jagdreviere hatten, um ihren Bonzen eine Freizeitbeschäftigung zu bieten, aber in Kenia die Naturparks aufbauten, um Touristen anzulocken.

Außerdem verbannten sie die Maasai aus der Serengeti, und ihren Viehherden folgten die wilden Tiere.

Eine neue Gruppe amerikanischer Gäste ist eingetroffen. Sie begrüßen sich am morgen so laut, dass das ganze Zentrum davon Kenntnis nehmen muss, auch diejenigen, die noch schlafen.

Beim Mittagessen bekomme ich die Bestätigung, dass man auf Tutaonana – Bis später! tatsächlich Asante antwortet: Danke!

Am Abend tritt eine Gruppe mit Trommlern und Tänzerinnen auf. Lisbeth, selbst Musiklehrerin, mit besonderer Vorliebe für rhythmische Musik, ist begeistert, Køre, selbst Gitarrist und Schlagzeuger, sagt: „I don’t know how impressed I am“. Ich teile das etwas ambivalente Gefühl: Die Musik ist mitreißend, aber auch nicht sonderlich variationsreich, die Bewegungen sind elegant, aber längst nicht bei allen Tänzerinnen.

31. August (Donnerstag)
Die amerikanische Ärztin, keine geborene Fremdsprachenlernerin, und die, die am meisten unter der unzureichenden Methode leidet, schreibt, als wir für eine Aktivität ein Wort unserer Wahl auf einen Zettel schreiben sollen, daktari, und macht dabei zwei Rechschreibfehler – beim Schreiben ihres eigenen Berufs.

Warum behält man einige Wörter auf Anhieb, während sich andere dem Behalten einfach entziehen? Trotz ständigen Wiederholens vergesse ich behalten (kumbuka), während ich vergessen (sahau) sofort behalte.

Zu einer Art running gag ist donkey malaria geworden, die Standardentschuldigung, wenn man nicht zum Unterricht erscheint. Sie kommt und geht auf wundersame Art und Weise und wird auch zu einem wiederkehrenden Thema bei einem wunderbar einfachen, von Steve und Dyan initiierten und inszenierten kleinen Gesellschaftsspiel, dem Höhepunkt einer schönen, lustigen Abschiedsfeier am Abend, die bis in die frühen Morgenstunden dauert: Man schreibt auf eine Karte eine Frage mit Warum? und auf eine andere Karte eine (davon völlig unabhängige) Antwort mit Weil. Dann werden die Karten gemischt und jeweils eine Frage und Antwort zusammen vorgelesen.

Interessante Hörverständniserfahrung: saa kumi na bili, ‚zwölf Uhr’, verstehe ich auch nach mehrfacher Wiederholung nicht, obwohl ich es kenne und auch selbst sagen kann. Erstens wird durch Liaison alles zu einer einzigen Wortkette, deren Einzelteile nicht identifizierbar sind, zweitens wird das /i/ von kumi elidiert und ein neues, vermeintlich unbekanntes Element, kumna, entsteht.

Carsten empfiehlt Ecuador als Einstiegsland zum Kennenlernen Lateinamerikas. Es habe nicht so dramatische, aber doch ähnliche Landschaften wie Peru und eine bessere Infrastruktur, es sei kleiner und habe eine schönere Hauptstadt und man habe nicht so sehr mit der Höhenluft zu kämpfen. Insgesamt favorisiert er Südamerika gegenüber Mittelamerika und Mexiko. Die Südamerikaner hätten die richtige, gelassene Einstellung zum Leben und seien freundlicher.

Kenia ist im Urteil unserer ‚Afrikaner’ wohlhabenden, aber auch gefährlicher als Tansania, und die Hautfarbe der Kenianer dunkler.

1. September (Freitag)
Dyan macht einen kurzen Diavortrag über die Zeit hier, so professionell gemacht, mit Musik und Überblendungen, dass man eher von einem Film sprechen kann. Die privaten Szenen sind nett anzusehen, aber nicht mehr, aber die Szenen vom Markt sind beeindruckend und äußerst kunstvoll präsentiert.

Am Nachmittag ist kein Unterricht mehr. Statt dessen fahre ich mit dem Schulbus ein letztes Mal nach Arusha, wo ich, mit Mariannes und Joannes Hilfe, Kinderbücher auf Suaheli und, einem Tipp Steves folgend, ein gutes Kaffeegeschäft finde. Merkwürdig: Mit jedem Besuch wird Arusha „schöner“. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass eine junge Maasai (die zwei Kinder und einen entlaufenen Mann hat) mir schöne Augen macht, vermutlich ausschließlich wegen meines Charmes.

Carsten erzählt, dass Vietnam, ein klassisches Teeland, inzwischen der zweitgrößte Kaffeeproduzent der Welt ist. Wie kommt das? Entwicklungshilfeorganisationen hatten die Idee, damit Vietnam wirtschaftlich auf die Sprünge zu helfen, ohne aber zu bedenken, dass damit gleichzeitig der Wirtschaft der südamerikanischen Entwicklungsländer Schaden zugefügt wird. Laut Carsten ein typisches Beispiel für die oft widersprüchlichen Erfolge der Entwicklungshilfe. Ich erfahre weiterhin, dass der Kaffee, der in Vietnam angebaut wird, Arabica, nur der zweiten Güteklasse angehört, anders als der hier in Tansania angebaute, Robusta.

Bei der Wohnungssuche in Tansania, erzählen die Kollegen, gilt es, darauf zu achten, dass das Haus vernünftige Wasserversorgung und Elektrizitätsversorgung hat und dass es an den Müllabfuhr angeschlossen ist. Das ist keine Selbstverständlichkeit, und wenn das nicht der Fall ist, bleibt man auf seinem Müll sitzen und muss ihn so entsorgen, wie viele Einheimische: einfach irgendwo hinkippen. Kurios auch ein Gerät, das Marianne sich zugelegt hat und das für gleichmäßigen Strom sorgt, einen Voltregler, der den ungleichmäßig eintreffenden Strom so kanalisiert, dass nicht gleich alle Geräte abstürzen.

2. September (Samstag)
Nachdem sich am Morgen die letzten Kollegen verabschieden, bleibe ich für den Rest des Tages alleine im Zentrum, keine schöne Erfahrung, die aber durch die Begegnung mit zwei Amerikanern, denen ich unabhängig voneinander begegne, erträglich wird, einer Dozentin und einem Studenten aus der neu eingetroffenen Gruppe. Sie kommen von einem amerikanischen College – sie scheinen keinen Zweifel daran zu haben, dass alle Welt das College kennen muss, die Nennung des Namens reicht – und besuchen hier zunächst einen Sprachkurs und bereisen dann das Land und führen verschiedene Projekte durch. Bei der Gelegenheit lerne ich, dass ein College, College of Liberal Arts, im Gegensatz zu einer Universität für eine umgreifende Ausbildung sorgt und Fremdsprachen vorsieht auch für Studenten aus nichtphilologischen Fächern. Das Auslandssemester ist obligatorisch; für die Finanzierung sorgt das College. Man kann zwischen verschiedenen Optionen wählen. Das hört man nicht ganz ohne Neid. Die Dozentin hat selbst an einem College studiert und mehrere Jahre in Peru gelebt, der Student, gerade 21, ist in Indonesien geboren und in Indien zur Schule gegangen. Als wir uns verabschieden, habe ich den Eindruck, dass er sein halbes Leben darauf gewartet hat, jemanden wie mich zu treffen, dass dies der Beginn einer lebenslangen Freundschaft ist und dass genau wir zwei uns begegnen mussten, um die Welt aus den Angeln zu heben.
Die Dozentin sagt, ich hätte keinen deutschen Akzent. Das klingt leicht vorwurfsvoll. Ihre deutschen Freunde hätten alle einen starken deutschen Akzent, Auch das klingt leicht vorwurfsvoll und so, als sprächen Amerikaner von Natur aus alle Fremdsprachen akzentfrei.

Ich mache Photos von ein paar Bäumen auf unserem Gelände, von einem prächtigen Mangobaum, der mitten im Zentrum steht, kurzstämmig, mit dicht bewachsenen, gleichmäßigen Ästen, und von einem Sausage Tree, einem Baum, beim dem die Früchte in dunklen, dicken Hülsen länglich herunterhängen, wie Würste. Køre hatte uns diese Bäume im Nationalpark bei der Safari gezeigt.

Auf der Straße, die vom Zentrum auf die Hauptstraße führt, machen sich zwei Jungen an einem Baum zu schaffen. Sie besorgen Brennholz und bedienen sich dabei einer von der Natur als Werkzeug bereitgestellten Astgabel. Erstaunlich, wie gut und schnell sie damit auch stärkere Äste von dem Baum trennen. Da dies in ganz Tansania auf großer Skala passiert, droht die Abholung ganzer Gebiete, was wiederum die Wasserversorgung gefährdet. Deshalb gibt es hier den auf den ersten Blick etwas rätselhaften Kurs in Forest Management. Die Entwicklungshelfer und Einheimischen lernen dabei, wie man die Menschen auf anderen Gebieten unterstützen kann, um andererseits das unkontrollierte Abholzen zu unterbinden. Es geht nur, wenn man für sie etwas aufbaut oder ihnen hilft, etwas aufzubauen. Jedenfalls ist das Abholzen nicht gerade eine Bestätigung der romantischen Vorstellung, primitive Völker lebten in Einklang mit der Natur.

Am Flughafen gehen den ganzen Abend nur drei Flüge ab. Ein europäischer Passagier trägt ein einfaches schwarzes T-Shirt mit einer weißen Aufschrift: Mzungu. Viel besser als all der Kitsch, der hier verkauft wird.

Der Flug wird durch eine Zwischenlandung in Daressalam noch länger. Als wir in Amsterdam aussteigen, stürmt und regnet es. Jetzt weiß man das Wetter der letzten drei Wochen erst richtig zu schätzen.

Sprache
1. Bekannte Wörter: safari, serengeti, rafiki, taifa, malaika, kabila, rais, hatari, mamba, tembo, simba, hakuna matata
2. Lehnwörter: shule, chai, chenji, pesa, mvinyu (?), alhamisi, kiplefti
3. Karibu: welcome, near, about, answer to thanks, karibu kahava, Tankstellen
4. barabara, takataka, pilipili hoho, lala salama
5. Time: saa moja, 1 o’clock = 7 o’clock
6. Tutaonana : Asante, Kwaheri Asante
7. Una watoto wangapi, una myaka mingapi
8. tafadhali, na kadhalika, thelathini, thelamini
9. Affe nicht gleich Affe, Vogel kein Tier, kanga wichtig
10. Jumatato etc, aber westliches Wochenende
11. Proper names: Geoffrey, Gertrude, Agnes, Happy, Herrmann
12. Mama mdogo (maternal, younger than mother), mama mkubwa (maternal, older than mother), and shangazi (paternal) all mean ‚aunt’ (cf. Russian Christian mother for godmother
13. Mzungu: meaning not clear, but posibly ‘those who err aroud’, which would be an ironic comment on the 19th century European explorers, who saw themselves not as erring but as going straight towards a pre-determined destination such as Lake Victoria
14. Reis: mpunga (Feld), mchele (geerntet), wali (Teller)
15. Final consonants: Rais, Daressalam
16. Alliteration + rhythm > reminiscent of poetry: Wana watoto wawili, kula chakula cha mchana
17. ninajifunza kiswahili
18. simama, kaa, ruka, tembea, kimia
19. ujamaa, u-
20. Trying to translate When we came back, he was not there, I wrote Kama tulirudi, yeye hakuwa. Teacher deleted yeye as already being included in hakuwa, and then changed tulirudi into tuliporudi, thus including when in the form, as a result of which kama could also be deleted. What remainded was a two-word sentence, Tuliporudi hakuwa, the equivalent of an eight-word sentence in English!

NINAJIFUNZA KISWAHILI = I LEARN SWAHILI

NI NA JIFUNZA
U NA JIFUNZA
A NA JIFUNZA
TU NA JIFUNZA
M NA JIFUNZA
WA NA JIFUNZA

NI JIFUNZA
NI NA JIFUNZA
NI TA JIFUNZA
NI ME JIFUNZA
NI LI JIFUNZA
NI JIFUNZA

NI NA JIFUNZA
NI NA FUNDISHA
NI NA SEMA
NI NA SOMA
NI NA PENDA
NI NA CHUKI

NI JIFUNZA
U NA FUNDISHA
A TA SEMA
TU ME SOMA
M LI PENDA
WA CHUKI

Quotations:
– The main countries of East Africa as far as this review is concerned are Tanzania, Kenya and Uganda. All three of them share one important feature: the presence of Swahili as a widely used lingua franca. Structurally within East African society this language is therefore somewhat parallel to Pidgin English in West Africa. However, while Pidgin English is almost totally without prestige, the same cannot be said of Swahili, which, together with English, is the official language in Kenya and Tanzania. (Gramley/Pätzold 1992: 431).
– The situation in Uganda is more ambiguous because of the ethnic rivalries between the large anti-Swahili Baganda population (approximately one sixth are Luganda native speakers and an additional almost one quarter speak Luganda as a second language) and the anti-Baganda sections of the population, who favour Swahili. (Gramley/Pätzold 1992: 432).
– Kenya and Tanzania are not … linguistic twins. After independence the position of English weakened in Tanzania as the country adopted a language policy which supported Swahili. (Gramley/Pätzold 1992: 433).
– In Tanzania school students use an interlanguage called Tanzingereza. (Gramley/Pätzold 1992: 434).
– Many of the ethnic languages are closely related: over 90 per cent in Tanzania and over 75 per cent in Kenya speak the one or the other Bantu language. (Gramley/Pätzold 1992: 434).
– All English consonants except  have counterparts in Swahili, and some speakers do not differentiate between and . (Gramley/Pätzold 1992: 434).
– Differences in L2 learning ability are apparently only felt in societies where L2 learning is treated as a problem rather than accepted as an everyday fact of life. (Cook 32001: 124)

Sources
– Gramley, Stephan/Pätzold, Kurt-Michael: A Survey of Modern English. London and New York: Routledge, 1992.
– Cook, Vivian: Second Language Learning and Language Teaching. New York: Hodder Arnold, 32001.

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