Colchester (2012)

6. April (Karfreitag)

Meine erste linguistische Offenbarung wird mir zuteil, als ich mich am Flughafen in Stansted nach der Weiterfahrt nach Colchester erkundige. „Are there any trains to Colchester?“  – „Coachester?“ hallt es zurück, mit einem vokalisierten /l/. Später, als wir in Colchester ankommen, kündigt der Busfahrer die Haltestelle an. Da hört es sich so an: „Cowchester“.

Ich habe Glück: Meine Befürchtung, bei der Rückreise nicht früh genug zum Flughafen zu kommen, verflüchtigt sich. Und das, obwohl der Flug schon um 7 Uhr geht. Der Bus fährt in Colchester um 4.10 ab.

Ich bin noch nie in Stansted gewesen. Bei der Passkontrolle gibt es lange Schlangen. Die Schlangen für Personalausweise sind besonders lang. Für biometrische Pässe gibt es eine eigene. Die ist kürzer. Später lese ich in der Zeitung einen besorgten Artikel über die langwierige Abfertigung der Passagiere angesichts der bevorstehenden Olympischen Spiele. Alles dauere zu lange. Es werden sogar Horrorszenarien gezeichnet, in denen sich Schlangen bilden, die wiederum nachrückende Passagiere draußen lassen, die wiederum ankommende Flugzeuge daran hindern, zu landen. So schlimm wird es wohl nicht kommen. Aber die Passagiere behalten vielleicht die langen Schlangen in Erinnerung.  Beim Rückflug gibt es keine Passkontrolle, aber die Sicherheitskontrolle dauert unendlich. Und das, obwohl in einer Endlosschlange auf Englisch, Französisch, Deutsch, Spanisch, Italienisch, Griechisch und Russisch Anweisungen gegeben werden, wie man sich vorzubereiten habe. Der Mann vor mir hat von all dem nichts mitbekommen und verzögert die Abfertigung ganz erheblich.

In den Fluren des Flughafens wirbt eine Bank mit Plakaten, auf denen steht: „Tokyo has three times more Michelin-starred restaurants than Paris“ oder “Three quarters of people who have ever reached 65 are alive today.“ Aufmerksamkeit erzeugt das auf jeden Fall. Überall hört man Kommentare dazu.

An einer Wand hängt ein meterlanges, aus der Luft aufgenommenes Photo einer mitteleuropäischen Stadt, ohne jeden Kommentar. Man fragt sich, welche Stadt das sein könnte. Ich tippe auf Prag.

Die Fahrt nach Colchester dauert nur eine Stunde. Es gibt mehr kahle Bäume als in Deutschland. Die Natur scheint ein bisschen hinterherzuhinken.

Die Strecke durch flaches Land ist nichtssagend, aber man merkt sofort, dass man in England ist: Linksverkehr, Entfernungen und Geschwindigkeit in Meilen (in einer Einfahrt steht 5 mph), Kreisverkehr statt Ampel, Häuser mit Giebeln und Erkern und asymetrischen Fassaden, niedrigen Stockwerken und vielen Kaminen; niedrige, ‚untersetzte‘ anglikanische Pfarrkirchen mit mächtigen Mauern, quadratischen Türmen und geradem Abschluss im Osten, Kirchen aller möglichen Konfessionen in einfachen Häusern; Pubs mit den typischen Namen –  The White Swan, The King’s Head – in Großbuchstaben.

Der Bus nach Colchester ist längst nicht voll. Die meisten fahren nach London. Der Flughafen liegt aber schon in Essex, der Grafschaft der ‚Ostsachsen‘. Da liegt auch Colchester. Essex gehört streng genommen nicht zu East Anglia, wird aber jetzt meistens dazu gezählt. Der Bus fährt weiter nach Ipswich, aber da will keiner hin. In Colchester steigen alle aus.

Am Busbahnhof und drum herum hat Colchester eher einen spröden Charme. Ich ziehe auf gut Glück durch die fast menschenleeren Straßen. Ich habe nur eine Adresse, keinen Stadtplan, aber die Roman Road muss ja wohl im Stadtzentrum liegen. Ich komme auch gleich an der Burg vorbei und über die High Street und an der Touristeninformation vorbei. Dann taucht, auf der Höhe einer mächtigen Kirche, die Roman Road auf. Auch hier ist alles sehr englisch. Häuser mit Namen, Haustüren mit dünnen Briefkastenschlitzen und Türklopfern. Vorgärten, die alle ein bisschen vergammelt aussehen, und Bürgersteige mit zerbrochenen Platten.

Die Pension heißt The Old Manse. Statt einer ältlichen Matrone öffnet eine große, schlanke Frau mittleren Alters die Tür. Es geht über eine verwinkelte Treppe in einen kleinen, mit Möbeln vollgestopften Raum. Auch hier alles sehr englisch. Die (horizontal öffnenden) Schiebefenster, der dicke Teppichboden, die Stecker, die getrennten Wasserhähne für kaltes und warmes Wasser, das aber brennend heiß ist und im Englischen nicht umsonst hot water heißt.

Das Bad ist auf dem Flur, und das Zimmer ist voll mit wackligen Möbeln, mit Lampenschirmen und Messingbeschlägen, die wie aus der Vorkriegszeit wirken. Es ist kaum vorstellbar, dass eine deutsche Frau dieses Alters in einem Haus mit dieser Einrichtung leben würde. An der Tür ist ein kitschiges Schild mit dem Namen Moira angebracht, vermutlich der ehemalige Raum der erwachsenen Tochter. Bei all der biederen Einrichtung gibt es trotzdem einen Internetanschluss. Auf einem kleinen, in die Ecke eingezwängten Bücherregal steht eine wilde Mixtur von Büchern, von den Brontës über Robert Goddard und Bill Bryson bis zu Büchern, die keiner lesen will – und auch wohl keiner liest. Als ich einen Band über die neuere Geschichte von Großbritannien herausziehe, kommen mir dicke Staubflocken entgegen und ein Staubwolke, die die Nase reizt.

Zur Begrüßung bekomme ich Tee serviert und ein kleines Stückchen wunderbaren Schokoladenkuchen.

Das Fenster geht auf einen sehr gepflegten Garten hinter dem Haus mit blühenden und sprießenden Bäumen, mit Nistkästen, Laternen und Wasserschalen. An einer davon bedient sich ein graues Eichhörnchen.

Nach einigen Versuchen gelingt es mir, den Fernseher anzustellen, auf dem man auch Radioprogramme hören kann. Auf BBC 4 läuft Any questions?, das ich seit Menschengedenken nicht mehr gehört habe. Immer noch der gleiche Ablauf, die gleiche Sendezeit, der gleiche Moderator.

Im Fernsehen wird über Unterwasserschwimmen und Hindernisschwimmen berichtet. Beide waren einmal olympische Sportarten. Die Spiele in London werfen ihre Schatten voraus.

7. April (Samstag)

Die Wetteraussichten sind nicht allzu gut. Vor allem am Ostermontag soll es mächtig regnen. Im Moment sieht es aber noch ganz passabel aus.

Im Fernsehen werden Tipps für das Osterwochenende gegeben. Im Land bleiben: keine Schlangen, keine Passkontrollen, kein Euro!

Bei der Lektüre im Reiseführer stoße ich auf ein modernes Café, an dem ich gestern vorbeigekommen bin. Dort gibt es Ermäßigung für Studenten und Soldaten! Das spricht Bände, denn Colchester ist beides: Universitätsstadt und Garnisonsstadt. Von beidem ist nicht viel zu merken, jetzt über die Ostertage ohnehin nicht. Die Universität, eine der aus der Zeit der Bildungseuphorie aus den Siebzigerjahren (den red-brick-universities), liegt außerhalb, und die Kasernen vermutlich auch. Jetzt ist Colchester in erster Linie als Einkaufsstadt und in zweiter Linie als Touristenstadt zu erleben. Lauter Parallelen zu Trier.

Beim Frühstück erklärt mir die Dame des Hauses, dass Old Manse nichts mit mansion zu tun hat, wie ich dachte. Es war das Haus eines Geistlichen, eines Methodisten, und deren Geistliche lebten in einer manse, so wie anglikanische Geistliche in einer rectory lebten. Die Besitzerin hat das Haus in einem ziemlich desolaten Zustand gekauft und auf Vordermann gebracht.

Es sind auch zwei Australierinnen hier einquartiert, von denen eine früher zwei Jahre lang in Colchester gelebt hat. Sie erzählt, wie schwer es war, ihre Begleiterin durch Colchester zu führen. Ein neuer Einkaufskomplex im Zentrum ließ sie die Orientierung verlieren. Die Australierinnen empfehlen einen, allerdings mit öffentlichen Verkehrsmitteln schlecht zu erreichenden Ort namens Melford. Sie müssen lachen, als ich Milford verstehe – das ewige britisch-australische Missverständnis.

Das Frühstück gibt es nicht vor 9, und die Stadtführung ist erst um 11. Dazwischen bleibt nicht genug Zeit, um etwas zu unternehmen, und so bin ich sehr zeitig bei der Touristeninformation, um Erkundigungen für die nächsten Tage einzuholen. Sehr ergiebig ist das nicht. Für Colchester gibt es noch nicht einmal ein Faltblatt mit den Öffnungszeiten der Sehenswürdigkeiten, und auf das Naturgeschichtemuseum gleich gegenüber und ein hochmodernes Kunstzentrum, das ich später entdecke, wird nicht einmal hingewiesen. Man ist aber sehr freundlich und versucht mich, mit Informationen über Busse und Züge zu versorgen. Was Colchester angeht, hätte ich ja die Führung, und die wäre ausgezeichnet. Der Führer, der heute an der Reihe sei, sei sowieso der beste. Und da ich bisher der einzige Gast wäre, der sich für die Führung angemeldet hätte, könnte ich da sicher auch Dinge außerhalb der normalen Route sehen. Dann kommen aber doch noch ein paar andere Interessierte. Nur der Führer kommt nicht. Man entschuldigt sich und bittet um Aufschub, aber am Ende wird dann die Führung einfach abgesagt.

Als Alternative bietet Colchester Castle an, die Burg. Sie liegt gleich gegenüber, in einem gepflegten Park, der stark mit dem wehrhaften Charakter des Gebäudes kontrastiert.

Die Burg ist die erste und gleichzeitig größte Burg, die Wilhelm der Eroberer in England bauen ließ, gleich nach der Eroberung, als erste einer ganzen Kette von Burgen, mit denen er sich die Kontrolle über das Land sicherte. Man ist sofort an den White Tower in London erinnert, den Teil des Tower, der von den Normannen erbaut wurde, und tatsächlich sehen wir später bei der Führung den Grundriss der beiden Burgen, und sie sind praktisch identisch.

Als ich einmal um die Burg herum gehe, höre ich, wie ein Mann zu seinem Sohn sagt: „Just keep woaking.“ Es sind überhaupt viele Kinder da, vor allem kleine. Einer heißt William, eine andere Catherine.

Man kann der Burg auf das Dach steigen. Oben sieht man die Silhouette von Colchester. Weder schön noch hässlich. Der Hingucker ist der allzu große Viktorianische Rathausturm. Er passt nicht so richtig zum Stadtbild.

Man kann auch in die Kellergewölbe gehen. Hier sieht man Reste der Grundmauern eines römischen Tempels, des größten Gebäudes, das bis dahin in England erbaut worden war. Auf dieser Ruine steht die Burg. Das wusste man aber lange nicht. Besonders aufregend ist das, was man sieht, aber nicht.

In der Burg selbst präsentiert ein Museum nach eigener Aussage „2000 Jahre Geschichte“. Mein erster Blick fällt auf eine fast alltägliche Erscheinung, wattle and daub, die früher übliche Form der Konstruktion der Häuserfassaden. Ich habe nie verstanden, ob es dasselbe ist die Fachwerk, aber es sieht so aus. Hier kann man schön sehen, wie es gemacht wird, da ein Streifen eines nachgebauten Hauses offen gelassen worden ist. Der erste Bestandteil, wattle, bezeichnet ein Flechtwerk aus dünnen Holzleisten, der zweite Bestandteil, daub, bezeichnet eine Mischung aus Ton und Sand, der manchmal auch Stroh, Kalk oder Kuhdung beigemischt wird. Diese Masse wird auf das Flechtwerk aufgetragen und füllt den Raum zwischen den Holzsparren. Man sollte es nicht glauben, aber die Frage nach der richtigen Mischung ist eine richtige Philosophie. Man riskiert Risse oder Brüchigkeit, wenn die Mischung nicht stimmt, und Luftdurchlässigkeit und Wärmeeigenschaften sind auch von der Mischung abhängig.

Der Star des Museums ist aber Boudicca, die britische Königin und Anführerin des Aufstands gegen die Römer. Sie erscheint hier als stolze Figur aufrecht auf ihrem Streitwagen stehend, so wie in der Skulptur an der Westminster Bridge. Sie hat in England etwa die Stellung wie Vercingetorix in Frankreich oder Arminius in Deutschland. Dabei war, genauso wie auf dem Kontinent, das Verhältnis von Römern und Eroberten eigentlich nicht schlecht. Davon zeugen auch Exponate im Museum. Es wurde kräftig gehandelt: Luxusgüter und Wein gegen Getreide, Metalle und Jagdhunde! Die Briten bekämpften sich eher untereinander, und schickten dann die Besiegten als Sklaven nach Rom. Ein weiteres Exportgut. Besonders gut waren die Beziehungen wohl unter Cunobelius, Shakespeares Cymbeline, der sich King of Britain nannte und andere Stämme unterworfen hatte. Er hatte ein Abkommen mit den Römern geschlossen und hatte Frieden angeboten gegen die Respektierung von Status und Land. Das scheint sich unter Boudicca geändert zu haben, die ihrem Mann auf den Thron folgte. Die Römer, so heißt es, wollten keine Frau auf dem Thron akzeptieren. Boudicca wurde öffentlich ausgepeitscht, ihre Töchter vergewaltigt, ihr Hab und Gut in Beschlag genommen. Daraufhin kam es zu dem Aufstand. Icener und Trinovanten griffen gemeinsam Colchester an. Boudicca verwüstete Colchester, zog dann nach London und St. Albans weiter, wurde aber am Ende besiegt.

Colchester bot sich aus verschiedenen Gründen als erstes Ziel an: Es war früher die Hauptstadt der Trinovanten gewesen, aber inzwischen zu einer römischen Colonia geworden; es war nicht befestigt; es hatte keine aktiven Soldaten; und war Standort des Tempels, der den Briten gleich dreifach verhasst war: als Symbol der Fremdherrschaft, als von britischen Sklaven geschaffenes Bauwerk und als Ort der Verehrung eines Gottes, nämlich Claudius, den sie nicht anerkannten.

Colchester hatte deshalb keine aktiven Soldaten, weil es zum Ruhesitz für ausgediente Soldaten gemacht worden war. Nach 25 Jahren Dienst konnten sie sich hierher zurückziehen und durften, als besonderes Privileg, heiraten!

Von dem Tempel, der der Stein des Anstoßes war, gibt es im Museum ein prächtiges Modell. Man erahnt die Größe und die Ehrfurcht, die ein solcher Bau bei den „Ureinwohnern“ ausgelöst haben muss, mit seinem Giebel, seinen Säulen, seinem Ziegeldach, seiner Freitreppe und dem Altar am Fuß der Treppe. Der Hintergrund zum Bau des Tempels ist die Eroberung Britanniens durch Claudius, einen schwachen Kaiser, der sich selbst durch die Eroberung aufwerten wollte. Alles war langfristig geplant und eingeleitet, und Claudius konnte mit Elefanten auf der Insel einreiten, als alles bereits gelaufen war. Nach seinem Tod wurde Claudius zum Gott befördert.

Colchester wurde zur ersten römischen Hauptstadt in England, bevor London mit der Themse als „besserem“ Fluss den Zuschlag bekam. Cäsar hatte bereits Feldzüge gegen England unternommen, angezogen von den Metallvorkommen, vor allem Zinn, hatte aber von einer Eroberung abgesehen.

Angesichts all der Römergeschichten drohen die wichtigeren Exponate fast unterzugehen. Dazu gehört das Dagenham Idol, eine Steinzeitfigur, die 1000 Jahre älter als Stonehenge ist und eine der ältesten Darstellungen einer menschlichen Figur in England oder sogar überhaupt sein soll. Mit ihren „primitiven“ Formen erinnert die Figur an moderne Kunstwerke. Gesichtszüge sind kaum zu erkennen, der Kopf ist unwirklich oval, die Arme fehlen (aber die können natürlich verloren gegangen sein). Merkwürdigerweise ist die Figur aus Holz, dunklem, rötlich schimmerndem Holz. Man ist verblüfft, dass sich so etwas so lange halten kann. Gefunden wurde die Figur in sumpfigem Gelände in der Nähe von Dagenham.

Es gibt auch einen großen, dreitausend Jahre alten Bronzekessel aus der Bronzezeit, den Sheepen Cauldron, einen der ältesten erhaltenen überhaupt. Man fragt sich, welchen Zweck er hatte. Vermutlich eher rituelle als praktische. Er wurde auch ganz absichtlich in einer Grube in Sheepen (bei Colchester) vergraben, vielleicht als Votivgabe.

Aus der Jungsteinzeit stammt eine Axt. Mit ihr wurden Bäume gefällt. Das war notwendig, um den Ackerbau, die neue, revolutionäre Lebensform, aufzubauen, nachdem man jahrtausendelang von Fischen, Jagen und Sammeln gelebt hatte. Die ersten Getreidekörner kamen vom Kontinent! Genauso wie später die Töpferscheibe, die von Flüchtlingen vom Kontinent in England eingeführt wurde und die Massenproduktion von Keramik ermöglichte, in einem Stil, der als Belgian Style bekannt ist. Was wären die Engländer ohne uns?

Bald wird es mir im Museum zu voll. Man merkt, dass Ferienzeit ist. Ich mache mich auf die Suche nach St. Botolph’s Priory und komme dabei in eine Gegend, wo man nichts Kirchliches erwartet, erst an einen großen, stark befahrenen Kreisverkehr, dann in eine dunkle Ecke, wo man vielleicht einen Schlachthof erwarten würde. Dann stehen plötzlich die Ruinen der Abtei auf freiem Feld vor mir. Es sind die Überbleibsel eines riesigen Augustinerklosters, des ersten von zweihundert in England, Teil einer großen innerkirchlichen Reformbewegung. Nur von der Kirche sind Reste erhalten, aber die sind ganz beeindruckend. Die Mauern und die runden Pfeiler sind teilweise mit wiederverwendeten römischen Backsteinen gebaut. Am Eingang sind sogar noch Kapitelle und Archivolten erhalten. Das Kloster wurde unter Heinrich VIII. aufgelöst, die Besitztümer gingen an seinen Kanzler. Die Kirche wurde dann noch weiter benutzt, aber im Bürgerkrieg weiter beschädigt. Das Dach fiel ein, und dabei blieb es dann.

Die Trinity Church, dem Reiseführer zufolge sehenswert, ist nicht leicht zu finden. Immer wieder steht man vor dem Einkaufszentrum. Das scheint einfach überall zu sein. Ich werde an das erinnert, was die Australierin beim Frühstück gesagt.

Dann taucht die Trinity Church doch noch auf. Auch sie hat als Kirche ausgedient, genauso wie die, in der das Naturkundemuseum ist und die, in der das Kunstzentrum ist. Die Trinity Church ist schon seit 1956 keine Kirche mehr! Hier betreiben jetzt einige Freiwillige ein einfaches Café, in dem es unter anderem Babyccino gibt. Keine Ahnung, was das ist. Das Café ist nicht gerade so eingerichtet, dass die Kirche noch als solche zur Wirkung kommen könnte. Der Bau, Colchesters ältestes Gebäude, noch vor der Burg, ist eher klein, hat aber drei Schiffe, die aber so hoch sind, dass man das kaum wahrnimmt. Zwei Teile der Ausstattung sind interessant, zunächst einmal sogenannte hatchments, Totenschilder, rautenförmige Tafeln aus Holz, die das Wappen der Familie tragen und früher nach dem Tod des Trägers ein Jahr über dem Hauseingang hingen und dann in die Kirche transferiert wurden. Davon gibt es hier eine ganze Menge. Sehr ansehnlich. Der Hintergrund ist normalerweise schwarz, aber auf einem ist eine Hälfte weiß, ein Hinweis darauf, dass der Mann beim Tod der Frau noch lebte.

Der andere interessante Teil der Ausstattung sind kleine Figuren, Köpfe, wie man sie in katholischen Kirchen an Kapitellen finden könnte. Sie sind hier farbig gehalten. Darunter befinden sich eine blonde Frau, ein bärtiger Mann, ein Schelm, ein rotes Eichhörnchen – die grauen Eichhörnchen, wie das, das ich im Garten der Pension gesehen habe, gab es damals noch nicht – und, vor allem, eine abessinische Katze mit einer Ratte, dem Überträger der Pest. Die erlebte hier im 17. Jahrhundert noch einen späten Höhepunkt. Das ist die Zeit, aus der die Figuren stammen.

Außerdem beherbergt die Kirche das Grabmal eines gewissen William Gilberd, Arzt Elisabeths I. und Entdecker des Elektromagnetismus.

Als ich zurückkehre, mache ich Photos von der Pfarrkirche, etwas erhöht an der Ausfallstraße gleich gegenüber dem Eingang zur Roman Road gelegen. Sie steht in keinem Reiseführer und hat vermutlich nichts Besonderes aufzuweisen, aber sie ist typisch englisch: lang, niedrig, mit einem geraden Abschluss und einem quadratischen, niedrigen Turm. Leider ist sie geschlossen.

Am Abend gehe ich in das Playhouse, einem zum Pub umgebauten Theater. Man sitzt auf der Bühne und sieht in den Zuschauerraum. Dessen oberer Teil ist im Originalzustand erhalten, und dort sitzen und stehen Theaterbesucher, menschliche Puppen, die einem beim Biertrinken zuschauen. Es gibt eine große Auswahl internationaler Biere, darunter San Miguel, Erdinger, Efes, Leffe und ein polnisches Bier namens Tyskie. Es ist laut und voll. Auch hier liegt überall dicker Teppichboden, mit einer doppelten Maske als Motiv.

8. April (Ostersonntag)

Colchester hat zwei Bahnhöfe. Der größere, die North Station, liegt ein ganzes Stück außerhalb der Innenstadt. Jetzt weiß ich, warum ich am Flughafen gefragt worden bin, wohin genau in Colchester ich müsse. Daraufhin wurde mir der Bus empfohlen statt des Zugs. Der brachte mich mitten ins Zentrum. Wie gut der Tipp war, merke ich erst heute, als sich der Weg zur North Station immer weiter hin zieht. Man überquert dabei den Colne, Colchesters Fluss. Er sieht wie ein ruhendes Gewässer aus und eher wie eine Freizeiteinrichtung als ein Wirtschaftsfaktor. Das war er früher, als Colchester noch einen Hafen hatte. Jetzt kommt mir an dem Flusspfad ein Jogger entgegen, der erster Passant überhaupt, dem ich heute begegne.

Der Mann am Schalter ist äußerst freundlich und hilfsbereit und schreibt mir gleich die Rückfahrzeiten auf einen Zettel. Ich muss nach Manningtree. Das ist gleich die nächste Station. Als der Mann das hört, fragt er, ob Constable Country mein Ziel sei. Als ich ja sage, reckt er den Daumen in die Höhe. Es geht in die Heimat Constables, dem Ort, der ihm ein Leben lang Motive für seine Bilder lieferte.

Ich stehe am Bahnsteig und warte auf den einfahrenden Zug. Als der Zug hält, kommt aus dem offenen Fenster von innen eine Hand hervor und betätigt den Türgriff von außen. Muss wohl eine defekte Tür sein, denke ich. Dann wiederholt sich die Szene bei der Ankunft in Manningtree, diesmal an einer anderen Tür. Kein Defekt. Das hat System. Man kann die Türen nur von außen öffnen. Erst auf der Rückfahrt sehe ich dann im Zug ein Schild, das entsprechende Anweisungen zum Öffnen der Türen gibt. Warum das so ist, bleibt ein Geheimnis.

Als ich durch ein Abteil zum Ausstieg gehe, höre ich einen Mann zu seinem Sohn sagen four spides. Erst als ich sehe, dass sie Karten spielen, merke ich, was gemeint ist: four spades‚ ‚vier Pik‘.

Wenn man in Manningtree aussteigt, ist man gleich auf dem platten Land, blökende Schafe inklusive, gleich hinter dem Bahnhof.

Von hier aus geht es nur noch zu Fuß weiter. Alte, verwitterte, hölzerne Wegweiser zeigen die Richtung an: Flatford.

Der Pfad ist erst schmal und öffnet sich dann in eine weite, heideartige Landschaft. Sie ist auch flach wie die Heide. Kein Hügel weit und breit. Am Wegrand weiße und gelbe Sträucher, in der Mitte binsenartiges, vertrocknetes Gewächs.

Immer wieder geht es durch Pforten. Die sind so konstruiert, dass sie von selbst wieder zufallen, wenn man durch ist. Eine gute Waffe gegen vergessliche Spaziergänger.

Nur ein paar vereinzelte Jogger kommen mir entgegen. Sonst ist noch niemand unterwegs.

In der Stille steigt auf einmal laut kreischend ein Vogel auf, ein Auerhahn oder ein Rebhuhn. Ich frage mich, ob deren jeweiliger Partner Auerhuhn und Rebhahn heißt.

Dann stellt sich ein blökendes Mutterschaf photogen in den Weg, und zwei Lämmer, durch das Blöken angelockt, kommen hinzu und vervollständigen das Bild, indem sie sich an die Muttermilch ranmachen.

Dann watscheln mir auf einmal Enten entgegen. Da muss doch Wasser in der Nähe sein. Es lässt auch nicht lange auf sich warten. Das ist der Stour, streng genommen kein Fluss, sondern ein Kanal, wie ich später erfahre, aber das sieht man ihm nicht an. Ich bin in Flatford angekommen, einem Weiler, aus kaum einem halben Dutzend Häusern und einer Mühle bestehend.

In zwei oder drei bilderbuchmäßigen weißen Häuschen mit schwarzen Rietdächern betreibt der National Trust ein Café, ein Souvenirshop und eine kleine Ausstellung. Es gibt Reproduktionen der Bilder, die hier entstanden sind, und ein paar interessante Zitate des Malers. Constable erklärt, wie er die Wirklichkeit verändert, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Mit Bezug auf View of the Stour near Dedham sagt er, er habe ein Segel hinzugefügt, die Baumgruppe verändert, die Brücke vervollständigt. Es geht nicht darum, die Wirklichkeit abzubilden, sondern zu formen. Der berühmte Hay Wain, Prototyp der Landschaftsmalerei, entstand nicht einmal hier, sondern in der Großstadt, in London. Da er dort keinen Heuwagen hatte, bat Constable einen Freund, ihm eine Skizze zu schicken, und die war seine Vorlage. All das ist meilenweit entfernt von einem naiven Realismus. Unter den Techniken hebt Constable besonders die Rolle des chiaroscuro, des Hell-Dunkel-Kontrasts, hervor.  Deutlich wird auch, in einem Brief angesichts eines Angebots aus Paris, wie er um das Überleben zu kämpfen hatte. Es ist nicht die Rede davon, wie viel ihm ein Bild eingebracht, sondern wie viel es ihn gekostet hat!

Nach Tee und Apple Pie im Café und dem erfolglosen Versuch, in dem Souvenirshop irgendetwas Interessantes zu entdecken, schließe ich mich einer kleinen Führung durch den Ort an. Der Führer hat Reproduktionen der Bilder bei sich, und man macht Halt an den Stellen, wo der Maler stand, als das Bild entstand. Man ist erstaunt, wie wenig sich verändert hat, in fast 200 Jahren.

Constable wurde 1776 geboren, als Sohn eines Bauern, der aber auch Kaufmann war. Er besaß nicht nur die Mühle, sondern fertigte auch seine eigenen Boote und verdiente Geld mit dem Transport von Getreide und Kohle. Ein Unternehmer, durchaus erfolgreich. Constable war der zweite Sohn und, da der erste geistig verwirrt war, auch der prädestinierte Nachfolger. Er interessierte sich aber nicht fürs Geschäft, sondern nur fürs Malen. Professionellen Unterricht hatte er nicht. In Flatford hatte er immerhin einen Freund, der sein Hobby teilte. Das war derjenige, der später die Skizze des Hay Wain nach London sandte. Man stellt sich vor, wie viel Mühe und Ärger es bereitet haben muss, sich dem vorherbestimmten Schicksal als Nachfolger im Unternehmen zu entziehen, und dann auch noch als Maler, und zwar als erfolgloser Maler. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich mit Portraitzeichnungen, von Verwandten, Freunden, Freunden von Freunden. Einen Namen machte er sich damit nicht, aber noch weniger mit den Bildern, für die er heute berühmt ist. Er profitierte aber von den Erfahrungen seiner Kindheit für die Malerei. Als Sohn eines Müllers war er sensibilisiert für das Wetter: den Himmel, den Wind und die Wolken. Das alles findet seinen Niederschlag in den Bildern. Und der Schulweg nach Dedham führte ihn jeden Tag mehrere Meilen zu Fuß durch weitgehend unberührte Natur.

Wir stehen zuerst vor dem Dock des Vaters, wo die Boote ausgebessert wurden, dann vor der Mühle, wo der Hay Wain entstand, dann auf einer Brücke und dann noch mal von einer anderen Seite vor der Mühle. Es sind immer wieder die gleichen Motive zu erkennen: Boote, Pferde, Wasser, Wolken, Bäume, die Kirche von Dedham weit im Hintergrund – Als das Wetter ein bisschen aufklart, können wir sie am Ende auch sehen. Auch kann man die kleinen Veränderungen sehen, und kleine rote Flecken in Kleidung oder Zaumzeug – auch vermutlich ein malerischer Effekt, keine Abbildung. Verblüffend ist, wie viele Menschen auf den Bildern zu sehen sind, die doch als prototypische Landschaftsmalerei gilt. Man kann sie leicht übersehen. Auch auf dem Hay Wain sind acht oder neun Menschen im Hintergrund auf dem Feld bei der Arbeit zu sehen. Es sind vor allem Menschen bei der Arbeit, und zwar ganz normale Menschen. Das war, auch wenn die Bilder heute fast bieder wirken, geradezu revolutionär – und verkaufte sich nicht. Die Einordnung von Constable als Landschaftsmaler ist fast irreführend. Auch die Pferde gehören zur Arbeitswelt. Sie zogen die Boote, mussten aber immer wieder ausgespannt werden, wenn es galt, die Flussseite zu wechseln oder wenn eine Brücke im Weg stand. Deshalb ist auf den Bildern auch Werkzeug zu sehen. Auch das kann man leicht übersehen.

Diese Bilder verkauften sich nicht nur nicht, sie wurden auch in professionellen Kreisen nicht geschätzt. Constable musste warten, bis er 53 war, um in die Akademie aufgenommen zu werden. Turner wurde schon mit 23 aufgenommen. Und das, obwohl dessen Bilder heute moderner, revolutionärer wirken. Aber Constable war ein Bauernjunge, unkultiviert. Das kam in London nicht gut an.

Auch privat musste er kämpfen. Er hatte, schon seit er 12 war, ein Auge auf ein Mädchen aus dem Dorf geworfen, aber deren Vater und vor allem deren Großvater, ein Geistlicher, waren lange gegen die Verbindung. Constables Vater war zwar nicht arm, aber er war eben Kaufmann, nicht gebildet. Und das wollten die gebildeten Snobs nicht. Am Ende kam die Verbindung dann doch zustande. Sie bekamen in kurzen Abständen sieben Kinder. Dann erkrankte Maria, seine Frau, an Schwindsucht, consumption, der Universalkrankheit des 19. Jahrhunderts, vermutlich ein Name für alles, was man nicht erklären konnte. Man zog nach Hampsted Heath, außerhalb Londons, wegen des Klimas, aber es nutzte nichts. Maria starb und hinterließ Constable die sieben Kinder, das jüngste gerade mal ein Jahr alt. Überall Widerstände und Widrigkeiten, wenig Unterstützung, keine Anerkennung bis an das Lebensende.  Ob er ahnte, dass er eines Tages berühmt sein und Flatford Ziel der Kulturpilger sein würde?

Auf dem Weg von dem Dock zur Mühle sehen wir ein wunderschönes Manor House, größer als die anderen Häuser des Ortes. Die Wände sind gekälkt worden, die ganze Fassade ist weiß, auch die Balken. Das gibt dem Haus einen ganz anderen Charakter. Das ist aber nicht aus ästhetischen, sondern aus Konservierungsgründen gemacht worden. Der Kalk soll die Wände besser schützen. Das Haus, das eleganter und vornehmer aussieht als die anderen des Ortes, taucht in Constables Bildern nie auf. Man spekuliert über die Gründe. Es wird gesagt, er habe sich mit den Besitzern  überworfen. Aber es könnte auch einfach künstlerische Gründe haben: Das Haus steht abseits des Flusses, abseits der offenen Landschaft, und hat mit der Arbeitswelt nichts zu tun. Nicht Constables Welt.

Am Wegesrand liegt ein Mühlstein. Er ist nicht aus einem Stück – wieder merkt man das Fehlen von Stein in der Gegend – sondern aus mehreren Brocken zusammengesetzt und wird von einem Eisenreifen zusammengehalten.

Auf dem Weg zur Mühle, wo es noch nicht einmal einen Fußpfad gibt, steht ein Schild mit der Aufschrift: Take care on the path to avoid slips and trips.

Als die Führung vorbei ist, mache ich das, was Constable jeden Tag machte: Ich gehe zu Fuß nach Dedham. Es geht immer den Fluss entlang. Jetzt, am Nachmittag, ist hier viel mehr los, Familien mit Kindern und Hunden vor allem.

Am Wegesrand stehen knorrige, kahle Bäume mit bizarren Formen. An einer Stelle sehe ich zwei Bäume, die ineinander gewachsen sind. Ihre krummen Stämme treffen sich in der Mitte und formen eine Art Torbogen, ein wirklich merkwürdiges Bild. Dann merke ich, zwei Schritte weiter gehend, dass es zwei Bäume sind. Die Perspektive hat mich fehlgeleitet. Das gibt mir für den Rest des Wegs nach Dedham Stoff zum Denken über unsere Wahrnehmung und wie die uns fehlleiten kann. Ich erinnere mich an irgendein Seminar am Beginn des Studiums, in dem von zwei Rittern eines mittelalterlichen Epos die Rede war, die sich an einem Baum gegenüberstehen und in heftigen Streit darüber geraten, ob der Apfel, der an dem Baum hängt, rot oder grün ist. Der Streit eskaliert und sie greifen zu den Waffen. Der eine tötet den anderen und muss dann feststellen, dass der Apfel von einer Seite rot und von der anderen grün ist.

Dedham ist eine kleine Stadt mit einer für diesen Ort viel zu großen Kirche, Resultat des Reichtums durch den Wollhandel. Vor allem der mächtige Turm ist beeindruckend. Das ist der Turm, der in Constables Bildern auftaucht. Im Unterschied zu seiner Zeit trägt er heute eine Fahne. Die englische, nicht die britische.

Die Kirche ist sehr englisch, mit großen, breiten Fenstern, einer Holzbalkendecke und allen möglichen Epitaphen an den Wänden, darunter eins für eine bedauernswerte Frau, die starb, weil sie eine Nadel verschluckte.

Die Stadt besteht hauptsächlich aus einer Straße, mit vielen schönen Häusern, niedrig, in verschiedenen Farben, vermutlich mittelalterlich, obwohl einigen eine klassische Fassade verpasst wurde, die sie aussehen lassen, als wären sie Georgian Houses, mit klassischen Giebeln über dem Eingang.

An Ende der Straße stoße ich auch hier auf eine Kirche, die keine mehr ist. Sie ist jetzt ein Zentrum für Kunsthandwerk, das aber seinen Namen kaum verdient. Es gibt nicht viel mehr als teure Souvenirs. Und ein Café, das rappelvoll ist.

Ich wandere noch ein bisschen durch den Ort und sehe ein Schild, das ein Witzbold an einem Baum in seinem Vorgarten aufgehängt hat: Request Bus Stop.

An einer anderen Stelle sehe ich ein Feld voller Osterglocken. Es ist genau der richtige Tag dafür.

Dann beschließe ich aber bald, den Rückweg anzutreten. Als ich wieder in Manningtree ankomme, habe ich müde Beine. Es sind gar nicht so lange Distanzen gewesen, aber ich war fast den ganzen Tag auf den Beinen. Am Bahnhof versuche ich, aus den Zugfahrplänen schlau zu werden, vergebens.

Ich sehe ein Schild, das darauf hinweist, dass man hier überwacht wird, 24 Stunden am Tag.

Beim Aussteigen sehe ich zu, dass ich hinter jemandem aussteige, so dass der die Tür öffnen muss. Er tut es, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, dass Türgriffe draußen angebracht sind.

In Colchester erschreckt mich ein schnarrendes Geräusch, als ich einen kleinen Supermarkt betrete. So als hätte ich etwas falsch gemacht. Aber keiner achtet darauf. Es ist normal und ertönt jedes Mal, wenn jemand hinein- oder hinausgeht. Beim Bezahlen komme ich mit den britischen Münzen durcheinander, deren Größe und Form ziemlich verwirrend sind. Außerdem hat sich unter die vielen Münzen ein ungarischer Florint gemischt. Unter den britischen Münzen befindet sich eine 2-Pfund-Münze. Der war ich noch nie begegnet. Es ist zudem eine  Sonderprägung, in Erinnerung an die Abschaffung der Sklavenhaltung 1807. Auf der Münze steht nur das Zahlwort zwei, nicht die Zahl 2. Man muss Englisch können, um zu wissen, wie viel sie wert ist.

Im Fernsehen höre ich am Abend eine höchst peinliche „Debatte“ im Parlament, eine Serie von Elogen von Sprechern aller Parteien auf die Königin anlässlich eines Jubiläums. Nicht auszuhalten. Alle loben, was die Königin für das Land getan haben soll. Natürlich kann sich keiner leisten, etwas anderes zu sagen. Und da es keine Alternative gibt, sind die Lobeshymnen letztlich nichtig.

Ich habe Schwierigkeiten, eine der Rednerinnen zu verstehen. Sie spricht darüber, wie die Königin ihren Wahlkreis besucht hat, und benutzt ein Wort das wie visted klingt. Sie meint visited.

9. April (Ostermontag)

Ostermontag ist Feiertag in England, Bank Holiday, und fast alle Museen sind geschlossen. Die Ausnahme ist Firstsite, ein hochmodernes Museum in einem hochmodernen Gebäude, das in Colchester seinesgleichen sucht. Es ist aus einer gold glänzenden Kupferlegierung und hat eine große Glasfassade. Es erinnert mich entfernt an eine Auster. Austern gelten das typische Gericht von Colchester, seit alter Zeit, und in den Fundamenten des römischen Tempels haben wurde uns dieser Tage eine fossilisierte Auster gezeigt. Ist das eine gewollte Anspielung?

Auster oder nicht, alles hier ist darauf angelegt, den Besucher zu verunsichern, von den Titeln der Kunstwerke bis zum Fußboden. Der ist schräg, genauso wie die Wände und die Decke. Wenn man in das Museum geht, scheint man den Boden unter den Füßen zu verlieren.  Zu den verstörenden Titeln der Kunstwerke zählen Confections in Orbit, Who Conjured You Out Of the Clay? und The Darkling Inventor of Thingly Space. Zu den verstörenden Exponaten gehört Carrier, eine alte Glocke, bei der der Prengel durch ein Mikrophon ersetzt worden ist, das Geräusche des Museums aufnimmt, die als formloses Brummen durch einen Lautsprecher ausgestrahlt werden. Je mehr Besucher in der Nähe sind und je näher man an dem Exponat steht, umso lauter wird das Brummen. Daneben gibt es Videoinstallationen, für mich die unzugänglichste aller Kunstgattungen.

Überraschenderweise findet man in einem Raum inmitten der modernen Skulpturen ein paar Wolkenskizzen von Constable. Auf diese Art, isoliert, sieht man, wie modern seine Malerei ist. Vor den Skizzen ist eine amerikanische Skulptur ausgestellt, 120 Ziegelsteine, in vier gleichen Reihen auf zwei Ebenen angeordnet. Das ist bestenfalls provokativ. Allerdings besagt eine Inschrift, dass diese Skulptur ursprünglich Teil einer Serie von Skulpturen war, die alle die gleiche Anzahl von Ziegelsteinen in anderen Arrangements zeigten. Mit viel Anstrengung kann man darin einen Sinn sehen und auch die Verwandtschaft mit Constables Skizzen erkennen, die auch immer dasselbe, Wolken, in unterschiedlicher Form darstellen. Dennoch bleibt Skepsis.

In einem Raum sind lateinamerikanische Künstler ausgestellt. Die University of Essex hat ein Forschungsprogramm namens Escala, das sich mit lateinamerikanischer Kunst beschäftigt und mit lateinamerikanischen Künstlern zusammenarbeitet. Hier gibt es einen Raum mit Werken, die sich auf die eine oder andere Art mit Textilien beschäftigen. Dazu gehört ein gewebtes Tuch aus der Volkskunst der Anden, in das mit vielen orthographischen Fehlern dieser Spruch eingewoben ist: Ase saven tejir los campesinas volevianasSo können die bolivianischen Bäuerinnen weben. Zu den eigentlichen Kunstwerken zählt ein Poncho, der an der Wand hängt, mit drei Löchern statt einem. Das scheint ziemlich nichtssagend, aber offensichtlich ist dies eine Anspielung auf ein bekanntes minimalistisches Kunstwerk, das genau diese Form hat. Erst wenn man die Anspielung versteht, kann man mit dem Kunstwerk etwas anfangen. Ein Bild reproduziert den Text von Borges Elogio de la Sombra, das auf seine Blindheit anspielt. Der Text ist so angeordnet, dass man ihn nicht lesen kann, sondern dass er bestimmte Formen abbildet. Etwas einleuchtender ist eine Skulptur mit Geldscheinen, in die typische Webmuster eingewoben sind, die ihre textile Struktur wieder zum Vorschein bringt. Ein anderes Kunstwerk ist ein einfaches Schwarz-Weiß-Photo, bei dem man den Bezug zu dem Thema nicht sofort erkennt. Drei Frauen, Großmutter, Mutter und Tochter, sind dargestellt, mit unbeweglichen Gesichtern. Großmutter und Mutter sind durch eine Kordel, deren Ende sie im Mund halten, verbunden, ebenso wie Mutter und Tochter. Die Kordel ist das Textil. Die Kordel erinnert wohl an die Nabelschnur und bedeutet hier wohl Verbindung, aber auch Beschränkung. Die Kordel im Mund macht das Sprechen unmöglich.

In einer offenen Halle im Museum ist ein römisches Mosaik ausgestellt, unter einer Glasplatte im Boden. Es ist hier, weil es an dieser Stelle ursprünglich gefunden wurde. Es hing dann im Burgmuseum, bis das Firstsite entstand. Es war Teil des Bodens eines vornehmen römischen Hauses, des Speisesaals, der nur zu besonderen Zwecken bei festlichen Gelegenheiten benutzt wurde und dazu diente, Reichtum und Status des Besitzers vorzuzeigen. Das Mosaik zeigt jagende Delphine, ein Motiv, das man in sehr ähnlicher Form in allen möglichen Teilen des Römischen Reichs wiederfindet. Das gibt Anlass zu der Vermutung, dass es Skizzenbücher für diese Mosaike gab. Als das Mosaik gefunden wurde, lag daneben ein Skelett. Dessen Bedeutung ist unklar. Bestattungen innerhalb der Stadtmauern waren nicht erlaubt, und aus der Zeit der Zerstörung Colchesters durch Boudicca kann es nicht stammen, da das Skelett nicht auf schwarzer Erde gefunden wurde.

Beim Hinausgehen begegne ich noch einmal der umstrittenen Skulptur mit den Ziegelsteinen, und zwar in Form eines polemischen Zeitungsartikels aus dem Express. Der Artikel nimmt Bezug auf den Aufkauf der Skulptur durch die Tate Gallery und beklagt die Verschleuderung von Steuergeldern für so einen Unfug. Mit Lust wird aufgeführt, wie viele solcher Ziegelsteine man für 50,000 £, der Summe, die das Kunstwerk gekostet haben soll, in einer Ziegelei bekommen würde, und wie der Künstler, der in Amerika mit seiner Skulptur nicht landen konnte und die Ziegelsteine längst entsorgt hatte, nach der Anfrage der Tate neue Ziegelsteine besorgte.

Dann gibt es die am Samstag abgesagte Stadtführung. Sie beginnt am Firstsite. Wo ich gerade herkomme. Die meisten Orte, die wir sehen, kenne ich längst, aber es gibt noch ein paar neue Dinge zu erfahren.

Vom Firstsite geht es zu den Ruinen von St. Botolph. Die Augustiner, erfährt man, waren ein Gegenmodell zu den eher nach innen gekehrten Benediktinern. Das Augustinerkloster in Colchester lag außerhalb der Stadtmauern, und die Augustiner kümmerten sich vor allem um Reisende. Denen gewährten sie auch Unterkunft im Kloster. Das erklärt auch das Patrozinium: St. Botolph ist der Patron der Reisenden!

Dann geht es ins Zentrum. Wir stehen vor einem achteckigen Bekleidungsgeschäft, an dem ich schon öfter vorbeigekommen bin. Mit ist aber nicht aufgefallen, dass auf dem Dach ein Kreuz ist. Es ist eine Kirche, und zwar eine Methodistenkirche, und die Kirche hat die untere Etage an ein Geschäft verpachtet und sich selbst nach oben zurückgezogen. Bei Beerdigungen wird der Sarg per Aufzug in die Kirche geschafft. Hinter dem Dach sieht man einen alten Kirchturm. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist der aber gar nicht tatsächlich hinter dem Dach, sondern in das neue Gebäude integriert. Das muss ich mir aber in den nächsten Tagen noch mal ansehen. Wir befinden uns hier im Viertel der Nonkonformisten. Gleich daneben ist eine Kirche des Baptisten.

Dann stehen wir an einem Durchlass durch die Häuserzeile der Innenstadt. Auch hier bin ich schon mehrmals vorbeigekommen, habe aber nicht darauf geachtet, dass dies ein Durchbruch durch die Stadtmauer ist, die mittelalterliche, vermute ich. Die Häuser stehen auf der schräg ansteigenden Stadtmauer und sind zur Stadtseite hin niedriger als zur Landseite.

Auch an der Trinity Church bleiben wir stehen, und zwar an ihrem Turm. Er ist der älteste Teil der Kirche und seinetwegen kann sich Trinity, etwas irreführend, als das älteste erhaltene Gebäude Colchesters bezeichnen. Er ist sächsisch, was man unter anderem an dem Torbogen sehen kann, der nicht rund, sondern eckig – und damit eigentlich auch kein Bogen – ist. Die Sachsen konnten keine Rundbögen bauen, obwohl man weiter oben in zwei Fensteröffnungen einen etwas tolpatschigen Versuch sehen kann, so etwas hinzubekommen.

Dann werden wir in eine ganz versteckte Ecke mitten in der Innenstadt geführt. Hier befindet sich Timberly, ein sehr schönes, authentisch aussehendes Fachwerkhaus aus der Elisabethanischen Zeit. Es war das Wohnhaus Gilberds, des Arztes von Elisabeth, dem Erfinder des Elektromagnetismus. Es ist leider nicht zugänglich. Man kann nur, vor einem Gitter stehend, die Seite und einen Teil der Fassade sehen. Früher war hier ein Uhrenmuseum. Jetzt überlegt man, es zu einem Café umzubauen.

Dann kommen wir zu der römischen Stadtmauer. Auch da bin ich dieser Tage schon vorbeigekommen. Sie zieht sich an einer stark befahrenen Straße entlang. Am Ende kommt man zu den Resten eines römischen Stadttors. Auch das ist mit Ziegelsteinen gebaut. Auf einer Abbildung sieht man, wie es ursprünglich aussah. Was erhalten ist, sind die beiden Durchgänge für Fußgänger. Es gab auch zwei für Fahrzeuge. Dies war ein zeremonielles Tor, das im Alltag kaum genutzt wurde.

Gleich hinter dem Tor befindet sich ein Pub mit dem Namen The Hole in the Wall. Es hat aber mit dem Loch in der Stadtmauer nichts zu tun, sondern mit einem Loch, das in die Wand des Pubs eingelassen wurde, damit die Taxifahrer auf den naheliegenden Bahnhof sehen und am Dampf feststellen konnten, ob ein Zug und damit Kundschaft ankam.

Gleich in der Nähe befindet sich eine Kirche mit einem zerstörten Turmgeschoss, das Ergebnis der Belagerung der Stadt im Bürgerkrieg, dem schlimmsten Ereignis in der Geschichte Colchesters. Nach der Abschaffung der Monarchie und dem Tod des Königs gab es 1648 einen Aufstand, eine Konterrevolution sozusagen, und die Monarchisten wollten die alten Zustände wieder herstellen. In diesem Zusammenhang wurde Colchester Gegenstand einer wochenlangen Belagerung durch die Parlamentarier unter Lord Fairfax. Während dieser Zeit aßen die Leute alles, was ihnen in die Hände fiel, auch Hunde und Ratten. Nach Wochen der Belagerung ergab sich die Stadt, und die Rebellen wurden exekutiert.

Wir kommen dann an dem Viktorianischen Wasserturm und am Rathaus vorbei. Da gibt es ein paar Erklärungen zu den Farben der Wappen und den Figuren in den Nischen, aber das ist nicht sonderlich interessant.

Von dort geht es in das Dutch Quarter, benannt nach den Einwanderern, die einen wichtigen Beitrag zum Wirtschaftsaufschwung der Region machten. Das lag unter anderem daran, dass sie feineres Tuch einführten und neue Techniken. Das Viertel liegt etwas abseits, mit vielen niedrigen, gut erhaltenen Häuschen, und hat seinen eigenen Charme. Auf dem Friedhof stehen wir vor dem Grab eines der Einwanderer, einem Jakob Ringer. Das hört sich nicht sonderlich holländisch an. Als mir das gerade durch den Kopf geht, sagt die Stadtführerin, dass Dutch zu der Zeit nicht unbedingt ‚holländisch‘, sondern genauso gut ‚deutsch‘ geheißen haben kann (was ja auch etymologisch nahe liegt) oder einfach eine breitere Bedeutung gehabt haben kann.

Einige der Eingangstüren des Viertels sind in Grün und Rot gehalten. Das sind die Farben des City Council, der Stadtverwaltung. Man könne also an den Farben sehen, welche Häuser Miethäuser seien, sagt die Stadtführerin. Das würde implizieren, dass alle anderen Häuser Eigentum sind und dass es keine privaten Eigentümer gibt, die Häuser vermieten. Kann das sein?

In diesem Viertel kann man auch – in einem normalen Wohnhaus – die, allerdings bescheidenen, Reste des römischen Theaters sehen.

Und in der Nähe befindet sich das Haus, in dem zwei Schwestern, Amateurdichterinnen, wohnten, und die der (englischen) Nachwelt durch Twinkle, twinkle little star bekannt sind, neben Old King Cole der zweite Kinderreim, den Colchester zur englischen Volksliteratur beigetragen hat.

Dann kommen wir auf die High Street und sehen uns das imposante, säulenbestandene Gebäude des ehemaligen Getreidebörse, Corn Exchange, an. Die Fassade zeigt die Embleme von Essex und von Colchester.

In dem Zusammenhang ist von einer Kirche die Rede, St. Peter΄s. Die befindet sich wohl in der Nähe. Es heißt, es sei eine von zwei noch als Kirche fungierenden (anglikanischen) Kirchen, von ursprünglich acht.

Wir kommen zur Burg und sehen in dem Park der Burg eine Säule, die den Ort markiert, an dem die Anführer des Aufstands im Bürgerkrieg hingerichtet wurden. Allerdings erwischte es nur zwei. Einer konnte entkommen, der andere war, wie sich herausstellte, Italiener, und das Commonwealth wollte sich diplomatische Zerwürfnisse mit Italien ersparen. Die Offiziere konnten sich freikaufen, die gemeinen Soldaten aber traf es. Sie wurden in die Kolonien verschifft.

Nach der Stadtführung suche ich lange eine Buchhandlung, die aus dem Augenwinkel bei der Führung gesehen habe. Nach langer Suche werde ich fündig. Ich verbringe unendlich lange Zeit in der Buchhandlung. Dabei stoße ich auf einen Reiseführer, in dem die Autorin von ihrem Besuch in dem berühmten Fitzwilliam Museum in Cambridge erzählt. Ein Aufpasser machte sie auf ihre lose Schuhsenkel aufmerksam, und sie sagt, sie habe sich wie ein Schulmädchen gefühlt, das getadelt wird. Es ist in der Tat umstritten, ob das eine erlaubte Äußerung ist. In diesem Falle hat es allerdings einen triftigen Grund: Ein Besucher des Fitzwilliam Museums stolperte über seine losen Schuhriemen, stürzte und warf eine wertvolle antike Vase um.

Am Ende komme ich mit zwei Büchern heraus, Through the Language Glass, einem Buch über Unterschiede in Sprachen von Guy Deutscher, von dem ich vor kurzem ein anderes unterhaltsames Buch über die Entstehung von Sprache gelesen habe, und Why don’t Penguins‘ Feet Freeze?, ein Buch zu Alltagsfragen, die wissenschaftlich erklärt werden. Da erfahre ich, dass die meisten Menschen unwillkürlich, wenn sie keinen Anhaltspunkt haben, einen leichten Linkdrall haben. Der wird zurückgeführt darauf, dass der Körper nie absolut symmetrisch und das rechte Bein bei den meisten etwas stärker ist. Deshalb schwanken wir, wenn wir abends aus der Kneipe nach Hause kommen, eher nach links. Wegen der ungleichen Stärke der beiden Körperhälften folgen Menschen, die in der Wüste glauben, immer geradeaus zu gehen, doch einer leichten Kurve und drehen sich im Kreis.

10. April (Dienstag)

In den Bahnhof kommt man in England in der Regel nur mit einer Fahrkarte. So auch in Colchester. Hier geht man durch eine Sperre, in die man die Fahrkarte einführt, so wie sonst bei U-Bahnen. Ich komme aber nicht durch. Mir wird der Eintritt verweigert. Ich habe keine Ahnung, warum. Schon ist ein freundliche Mann zur Stelle und erklärt mir, es sei noch zu früh. Meine Fahrkarte sei noch nicht gültig. Also muss ich draußen warten. Auch zum Kiosk und in die Cafeteria kommt man nicht, denn sie liegen innerhalb des Bahnhofgebäudes. Der Mann sieht meine umherirrenden Blicke und liest mir den Wunsch von den Augen ab: Für einen Kaffee könne ich ruhig hereinkommen.

Nach Norwich kann man von Colchester aus durchfahren. Die Fahrt dauert gerade mal eine Stunde. Der erst Eindruck von Norwich ist positiv. Vom Bahnhof, einem Viktorianischen Gebäude, führt eine schöne Brücke über einen Fluss mit Trauerweiden am Ufer. Das Idyllische verliert sich bald, aber man ist doch in einer sehr ansehnlichen, wenn auch nicht berauschend schönen Stadt. Vor allem aber in einer großen Stadt, eine Klasse größer als Colchester. Jahrhundertelang war Norwich tatsächlich eine der größten Städte Englands. Oft heißt es sogar, die zweitgrößte. Das änderte sich erst mit dem Aufkommen der großen Industriestädte wie Manchester, Liverpool und Birmingham im 19. Jahrhundert.

Der Weg in die Innenstadt ist ein Vorzeichen für das, was mich den ganzen Tag erwartet: Es geht ständig rauf und runter. Da ich immer wieder von einem Stadtviertel in das andere wechsle, komme ich am Abend mit wunden Füßen zurück.

Es geht zunächst auf den Marktplatz. Der Weg führt an vielen Juweliergeschäften und ebenso vielen Eisverkäufern vorbei.

Auf dem Marktplatz ist tatsächlich Markt, und was für einer. Lange Reihen von gleichen Ständen unter Markisen ziehen sich den ganzen Platz entlang, bis zu dem hypermodernen Forum, einem Bau mit einer riesigen Glasfassade, in dem die Touristeninformation untergebracht ist. Hier gibt es einen Stadtplan und Informationen, die mir die Sprache verschlagen. Die Sehenswürdigkeiten muss man auf dem Stadtplan mit der Lupe suchen. Es ist fast nur von Einkaufsmöglichkeiten die Rede. Ähnlich bei der persönlichen Information: Burg und Kathedrale werden abgehakt, und dann folgt gleich das Riverside, ein Einkaufszentrum. Dann folgen weitere Einkaufsmöglichkeiten. Stadtführungen gebe es nicht. Ich verkneife mir die Bemerkung, dass auf der Homepage für heute eine Führung angekündigt ist.

An der Seite des Marktplatzes eine große Kirche. Es könnte die Kathedrale sein, ist aber nur eine Pfarrkirche. Die schiere Größe zeugt vom einstigen Reichtum von Norwich. Die Bürger investierten in ihre Bürgerkirchen. Die Kathedrale ließen sie abseits liegen.

Als ich nach der Kathedrale frage, fragt die freundliche junge Frau auf dem Marktplatz zurück: „Welche?“ Es gibt zwei, eine katholische und eine anglikanische. Eher der Gewohnheit halber entscheide ich mich für die anglikanische.

Die liegt ein ganzes Stück außerhalb, und das hat seinen Grund. Die Normannen errichteten sie dort, wo Norwich ursprünglich lag, auf einem Hügel. Grundstücke wurden enteignet und Häuser abgerissen, um Platz für die Kathedrale zu machen, und die Stadt zog um, dahin, wo sie jetzt ist und wo ich gerade her komme.

Man betritt den Bering der Kathedrale durch einen großen Torbogen. Es ist wie eine Stadt in der Stadt. Der Bau, mit einem einzigen, großen, quadratischen Turm mit einer steilen Spitze, ist romanisch. Der Stein ist hell und wurde tatsächlich aus Caen hierhergebracht. Die Kathedrale beeindruckt schon durch ihre schieren Dimensionen, sowohl außen als auch innen.

Innen fällt sofort das schöne, gotische Gewölbe ins Auge, die fan vaults. Erst auf den zweiten Blick würdigt man die Pracht der Schlusssteine. Es sind nicht einfach willkürlich gewählte Abbildungen, sondern erzählen die gesamte biblische Geschichte, von Osten nach Westen, mit 7 Jochen für das Alte und 7 Jochen für das Neue Testament. Allerdings sind die Schlusssteine so hoch, dass man sie nur schwer lesen kann. Das ist besser im Kreuzgang, wo die Story weitererzählt wird. Auch der ist ausgesprochen schön.

Im Mittelschiff steht ein merkwürdiges Taufbecken herum, das nicht wie ein Taufbecken aussieht: ein runder, bauchiger Behälter mit glatter, rotbräunlich schimmernder Oberfläche, entweder aus Bronze oder aus Messing. Die unübliche Form hat ihren Grund: Es handelt sich um ein Geschenk von Caley΄s, der in Norwich ansässigen, in ganz England bekannten Schokoladenfabrik. Tatsächlich wurde in diesem Kessel früher Schokolade angerührt.

Schön zu sehen ist auch das Chorgestühl, an das man ganz nah herangehen kann. An einer Miserikordie ist ein Junge mit entblößtem Hosenboden abgebildet, dem eine Tracht Prügel verabreicht wird.

Viele Skulpturen und Steinaltäre wurden in der Reformation entfernt, ebenso die Lady Chapel im Osten, die aber in der Viktorianischen Zeit wieder ergänzt wurde. Ein mittelalterliches Altarbild überlebte die Reformation, weil es, auf die Seite gedreht, als Tisch Verwendung fand. Es landete dann irgendwann unbemerkt in den Lagerräumen der Kathedrale, wo sich jahrhundertelang niemand darum kümmerte.

Als ich die Kathedrale verlasse, fällt mir ein Berg von Plastik- und Papiertüten vor einem der herrschaftlichen Häuser des Domplatzes auf. Komisch, passt gar nicht zu der gepflegten Atmosphäre. Dann merke ich, dass inmitten all des Mülls – oder primitiven Hausrats – eine Frau sitzt, eine Obdachlose. Immerhin scheint sie hier geduldet zu werden.

Dann geht es zu einer Sehenswürdigkeit mit dem merkwürdigen Namen Dragon’s Hall. Das sagt mir erst mal gar nichts. In Empfang genommen werde ich von einer sehr freundlichen jungen Frau, die mir rät, bis zur Führung zu warten und in der Zwischenzeit St. Julian΄s zu besichtigen, eine kleine Kirche ganz in der Nähe. Das Patrozinium ist ungewöhnlich, und tatsächlich weiß man gar nicht, um welchen Julian es sich handelt. Aber das ist hier egal, denn bei St. Julian’s denkt in Colchester sowieso keiner an einen Heiligen, sondern an Lady Julian, eine Mystikerin, die in eine Zelle direkt neben der Kirche zurückzogen lebte. Sie gilt als die Verfasserin des ersten von einer englischen Frau geschriebenen Buchs, Revelations of Divine Love. Es ist die spätere Verarbeitung von Offenbarungen, die sie 20 Jahre früher gehabt hatte, als sie glaubte, auf dem Sterbebett zu liegen. Schon damals hatte sie sie niedergeschrieben, die spätere Version ist die „überarbeitete“ Version, durch die aus den Notizen Literatur wurde. Lady Julian lebte in einer schwierigen Zeit, aber sie erhielt sich trotz vieler persönlicher Leiden und trotz der Pest, trotz des Hundertjährigen Kriegs, trotz des religiösen Zwists ihrer Zeit ihre Zuversicht. Ihr Motto war To be sorrowful yet always rejoicing.

Wenn man in die kleine Kapelle geht, die mit ihr in Verbindung gebracht wird, ist man allerdings enttäuscht. Hier gibt es eigentlich nichts zu sehen, und die Kapelle sieht auch ziemlich neu aus.

Die Kirche ist älter und ein richtiges Kleinod. Ihr Schmuckstück ist ein Taufbecken mit Figuren aus dem Neuen Testament, in Paaren angebracht: Jakobus der Ältere und Jakobus der Jüngere, Petrus und Paulus, Andreas und Johannes. Johannes taucht gleich dreimal auf: Apostel, Täufer, Evangelist. Ob das historisch wirklich drei verschiedene Figuren waren, ist mir nicht klar.

Die Kirche wurde zweimal zerstört, in großem zeitlichen Abstand: von den Wikingern und von den Deutschen. Im Krieg wurde sie sogar fast völlig zerstört, bis auf die Nordseite, deren angelsächsische Fenster erhalten sind. Der runde Turm im Westen, der gar nicht wie ein Kirchturm aussieht, wurde nur bis zur halben Höhe wiederaufgebaut.

Der Altar überlebte erstaunlicherweise das deutsche Bombardement. Auf dem Altartisch stehen Kerzen und davor ein Schild, das mahnt: Please do not light the candles on the altar.

Als ich wieder zur Dragon Hall komme, ist die freundliche junge Frau durch einen freundlichen jungen Mann ersetzt worden, der sich detailliert nach mir erkundigt und zu allem eine witzige Bemerkung parat hat. Er lacht auch über meine Beobachtungen zu den modernen Tendenzen in der Aussprache des Englischen.

Jetzt kommt ein dritter freundlicher Mann und macht die Führung, ganz für mich allein. Er führt mich zuerst hinter das Haus, an den Fluss, den kleinen, aber für die Geschichte von Norwich wichtigen Wensum. Der Wensum mündet in den Yare, der in Yarmouth in die Nordsee mündet. Damit war er die Grundlage für die Handelsstadt Norwich und seinen Reichtum.

Gerade durch den Vorrang des Tuchhandels war der Absturz in der Industriellen Revolution, die Norwich verschlief, besonders dramatisch. Es blieb dann noch eine Zeitlang die Schuhindustrie – vor allem Schuhe für Frauen und Kinder aus Norwich waren begehrt – bis auch die verschwand, und es blieben vier Brauereien, von denen jetzt auch nur noch eine übriggeblieben ist.

Ausgehend vom Thema Bier wird aus der Führung dann ein lebhaftes Gespräch über Gott und die Welt zwischen uns beiden.

Dann gehen wir auf die Dragon Hall zu, errichtet von dem Kaufmann Robert Toppes, ein spätmittelalterliches Lagerhaus, gleich am Fluss. Die Ware konnte gleich vom Schiff aus verladen werden. Toppes handelte mit Wolle, Tuch, Holz, Gewürzen, Keramik, allem, was Geld einbrachte, und all das wurde hier gelagert und den Kunden präsentiert. Das passierte in der großen Halle im Obergeschoß, der eigentlichen Dragon Hall, benannt nach einem Emblem, das sich an dessen Stirnwand befand. Statt Lagerhaus könnte sollte man vielleicht eher Warenhaus oder Kaufhaus sagen.

Toppes war nicht nur reich und erfolgreich, sondern auch eine wichtige Figur in der Stadt. Er war lange Stadtratsmitglied und viermal Bürgermeister. Er war Vertreter der Kaufmannselite und ließ Dragon Hall nicht nur als Handelsplatz, sondern auch als Repräsentationsbau herrichten.

Dass das Haus, ein langgestrecktes, äußerst schönes Fachwerkhaus, erhalten blieb, gleicht einem Wunder. Das Gebäude entkam nach dem Krieg nur durch eine Bürgerinitiative dem Abriss und wurde in der Vergangenheit immer wieder aus- und umgebaut, und, der Not gehorchend, in viele kleine Einheiten aufgeteilt, weil dringend Wohnraum notwendig war, als die Bevölkerungszahlen immer weiter stiegen. Das Zentrum des Handels von Norwich hatte sich inzwischen nach oben, die King Street hinauf, verschoben. Im Untergeschoss kann man noch gut die Dreiteilung erkennen, wo ein Metzger, ein Priester und ein Braumeister wohnten: Butcher, Bible, Beer. Ich bekomme noch alle möglichen Erklärungen über die Bauweise und die Eingriffe und die Restaurierung, aber die Details verflüchtigen sich bald. Aber die Führung hat einen wunderbaren Einblick in die Logik dieses Baus gegeben, vor dem ich sonst etwas ratlos gestanden hätte. Der Abschied ist von meinem Führer fällt geradezu herzlich aus.

Zwischen verschiedenen Besichtigungen lande ich gleich zweimal bei Coleman΄s, dem repräsentativen Laden der berühmten Senffabrik, ganz im Zentrum, in einer Einkaufspassage, gelegen. Es gibt allerlei Geschenkpackungen, alle in dem charakteristischen Gelb und den charakteristischen Zinndosen. Viele enthalten keinen „richtigen“ Senf, sondern Senfpulver. Das muss man dann zu Hause vermutlich erst weiter verarbeiten.

Coleman΄s war für seine Arbeiterfürsorge bekannt. Es gab Häuser für Rentner und für Waisen und Unterstützung für Arbeitslose, die nach Kanada oder Australien auswandern wollten.

Die Fabrik geht zurück auf den Kauf einer Windmühle durch Jeremiah Coleman in Norwich im Jahre 1804. Dann kam eine Wassermühle dazu. Die Bauern der Umgebung wurden in die Produktion einbezogen: Sie bauten den Senf an, ernteten und trockneten ihn und verkauften ihn dann im Manor House an die Familie. Die Samen mussten dann zermalmt und zerstoßen werden. Dann wurde gesiebt, um die Schale abzusondern. Feines Pulver wurde für Senf verwandt, aus dem Rest wurde Öl gemacht.

Richtig bekannt wurde Coleman΄s spätestens durch eine Werbekampagne, deren Slogans von Dorothy Sayers geschrieben wurden.

Zu einem nationalen Ereignis wurde eine Werbekampage, bei der auf den Londoner Bussen ein enigmatischer Ausspruch erschien, den keiner verstand: „Has father joined the mustard club?“ Das sprach die öffentliche Phantasie an. Es gab Hunderte von Bewerbungen für die Aufnahme in den Mustard Club, aber den gab es gar nicht! Später wurde er dann wirklich gegründet.

Den ganzen Tag komme ich immer wieder von einem Stadtviertel zum anderen und muss dabei ordentliche Strecken zurücklegen. Richtung Kathedrale geht es ganz zum Schluss erst wieder, um das schöne, alte Viertel um die Kathedrale zu sehen. Das unregelmäßige Kopfsteinpflaster macht mir zu schaffen.

Wieder im Zentrum angelangt, zum x-ten Mal heute, fällt mir die Guildhall auf, das Rathaus, aus Flintstein gebaut. Davon war auch vorher in der Dragon Hall die Rede. Der dunkle Flintstein wird mit dem helleren Ashlar Stone, ‚Werkstein‘, einem maschinell gefertigten Kunststein, kombiniert, und das gibt der Fassade ein gemustertes Aussehen. Das Gebäude fungierte in seiner Geschichte als Gericht, Gefängnis, Kapelle, Stadtregierung, Finanzbehörde, Lagerraum für öffentliche Dokumente und Ordensinsignien und städtische Geldreserven. Damals gab es noch welche.

Vor der Rückfahrt komme ich in der Nähe des Bahnhofs auf die Koblenz Avenue, eine Ringstraße ohne jeden Charakter, die typische Straße, die man für seine  Partnerstadt „übrig“ hat. Es ist gar nicht so einfach, auf der vielbefahrenen Straße ein Straßenschild zu photographieren.

Bei den Zügen gibt es eine mir bisher unbekannte Regelung: Doors close 30 seconds before departure to promote punctuality. Wie das genau umgesetzt wird, weiß ich nicht. Aber heute gibt es keine Probleme. Alle sind rechtzeitig im Zug, und ich genieße eine britische Besonderheit und setze mich in den Quiet Coach.

Am Abend höre ich im Fernsehen, wie ein Sprecher wiederholt ein zusätzliches /r/ in drawing einfügt. Das war mir schon gestern in einer anderen Sendung aufgefallen.

11. April (Mittwoch)

Der erste Eindruck von Cambridge, wenn man sich der Stadt von Bahnhof nähert, ist, dass es eine ganz normale Stadt ist.  Meine Erinnerung hatte Cambridge sich auf das King’s Colleges und die Punts auf dem Cam reduziert.

Wieder ist es, wörtlich gesprochen, meilenweit bis ins Zentrum. Erst kommt ein normales Wohnviertel, dann wird es, auf der langgezogenen Straße, die ins Zentrum führt, bald „akademisch“: exotische Läden, internationale Küche, alternative Organisationen, ein Fahrradladen, ein Gitarrenladen, bemalte Mauern und Wände.

Ich frage eine entgegenkommende Frau, ob dies der Weg ins Zentrum sei. Sie sagt „Yes“ und geht weiter. Das muss eine Ausländerin sein, denke ich mir. Das ist im Englischen keine kommunikativ akzeptable Antwort. Danach stellt sich auch noch heraus, dass es nicht stimmt. Es ist nicht der Weg ins Zentrum. Dann frage ich einen Bauarbeiter am Wegesrand. Der zeigt mir den richtigen Weg.

Auch im Zentrum verliere ich mich zuerst in Seitenstraßen mit großen Mülltonnen und Hinterhöfen. Dann gelange ich aber auf die King΄s Parade, der zentralen Achse durch die Innenstadt, mit dem imposanten King΄s College an einer Seite und einer ganzen Heerschar französischer Schulkinder, die auf der niedrigen Mauer vor dem College wie auf einer Hühnerleiter sitzen und Sandwiches essen.

Ich beginne mit der Round Church, einer der Geburtskirche in Jerusalem nachempfundenen Kirche aus der Normannenzeit, einer der ältesten Kirchen von Cambridge, allerdings mit vielen viktorianischen Veränderungen im Innern. Dennoch ist die Kirche, schon wegen ihren ungewöhnlichen Form und des homogenen Äußeren, sehenswert.

Es geht an John’s College vorbei zum Trinity College, dem College mit dem größten Innenhof aller Colleges, bekannt für den jährlichen Wettlauf, wie er aus Chariots of Fire bekannt ist. Das College ist eine Vereinigung mehrerer älterer Colleges und geht auf Henry VIII zurück, dessen Statue über dem imposanten Eingangsportal thront. Er hält in einer Hand einen Apfel und in der anderen ein Stuhlbein. Ursprünglich war es ein Zepter, aber das wurde von den Studenten immer wieder durch ein Stuhlbein ersetzt. Schließlich gab man nach und ließ es dabei. Hier, am Trinity College, studierte Byron, von dem erzählt wird, er habe einen Bären als Haustier gehalten, da das Halten von Hunden und Katzen verboten war.

Cambridge hat 31 Colleges, mit insgesamt 18.000 Studenten. Nur 18.000, muss man sagen, nur wenig mehr als Trier. Alle Colleges sind unabhängig, und man bewirbt sich bei einem College, nicht bei der Universität. Ausgewählt wird aufgrund der Schulnoten, vor allem aber aufgrund des Bewerbungsgesprächs. Man sucht vor allem Persönlichkeiten, keine Streber.

Man besucht Vorlesungen, die über die einzelnen Colleges hinaus angeboten werden, hat aber jede Woche ein Einzelgespräch mit seinem eigenen Tutor an seinem College. Das ist der Kern der Ausbildung und erklärt, mehr als alles andere, die Qualität der Lehre. Das Trimester dauert gerade mal acht Wochen, d.h. man hat nur 24 Wochen pro Jahr Unterricht.

Eine Verbindung zur Universität hat auch The Eagle, das älteste Pub von Cambridge, etwas versteckt hinter einem Durchgang in einer kleineren Straßen gelegen, gegenüber St. Benet΄s, der ältesten Pfarrkirche von Cambridge. Hier, im Eagle, feierten Crick und Watson ihre Entdeckung der DNA. Das war schon 1957. Heute kennt jedes Schulkind den Begriff, aber es dauerte Jahrzehnte, bis er allgemein bekannt wurde.

The Eagle war ursprünglich eine Postkutschenstation. Man konnte hier absteigen und sogar ein Bad nehmen. Ein kleines Fenster im Obergeschoss steht auf. Es steht immer auf, zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter. Das geht zurück auf ein Feuer, bei dem hier mehrere Kinder umkamen. Danach wurde dekretiert, dass ein Fenster immer aufzustehen habe, damit im Zweifelsfalls die Seelen das Haus verlassen könnten. Es wird berichtet, dass der Wirt in einem harten Winter kürzlich beschloss, das Fenster zu schließen und dass tatsächlich in der folgenden Nacht ein Feuer ausbrach.

Im 2. Weltkrieg waren hier amerikanische Soldaten stationiert. Sie hinterließen „Rauchzeichen“ an der Decke, alle möglichen, mit Zigarettenrauch produzierte Initialen, Embleme und Skizzen.

In der Nähe ist das Cavendish Laboratory, Ort vieler wissenschaftlicher Großtaten. Unter anderem gelang es hier Rutherford, das Atom zu spalten. Cavendish stammte aus den Midlands und ist mit Chatsworth Hall verbunden. Ihm gelang es, die Zusammensetzung von Wasser zu bestimmen und zu berechnen, wie viel die Erde wiegt.

Dem Cavendish Laboratory gegenüber liegt die Rückseite des Corpus Christi College. Dessen Mauer ist aus Backsteinmaterial. Das sieht ganz anders aus als die Fassade des Cavendish Laboratory. Das täuscht allerdings. Sie sieht nur anders aus, ist aber ebenfalls aus Backsteinen, aber mit einer Zementschicht überzogen und mit Fugenlinien, was sie aussehen lässt, als wenn sie aus Naturstein wäre. Eine Lösung angesichts des fehlenden Steins in der Gegend. Die Fenster des Corpus Christi College sind sehr niedrig, niedriger als sie eigentlich sein dürften. Das liegt an dem gewachsenen Straßenniveau. Cambridge liegt, wie andere alte Städte, auf historischem Bauschutt. Auch St. Benet und die Round Church liegen, wie man deutlich sehen kann, unter dem Straßenniveau.

Über dem Eingang zu einem naturwissenschaftlichen Museum sieht man das Wappen der Universität Cambridge, mit einem geschlossenen Buch in der Mitte statt, wie in Oxford, einem offenen Buch.

Auch hier in Cambridge begegne ich wieder dem Patrozinium St. Botolph΄s, wie in Colchester. Hier ist es der Name einer Pfarrkirche. Die befindet sich ebenfalls außerhalb der Innenstadt. Genauer gesagt, war sie ursprünglich Teil der Stadtmauern. Auch hier konnten also Reisende, Pilger aufgenommen werden, was wiederum das Patrozinium erklärt. Der Name hat aber, wie ich jetzt erfahre, noch eine weitere Bedeutung: Nördlich von Cambridge gibt es eine Stadt, deren Namen sich, wie man glaubt, auf Botolph bezieht: Boston. Und die ist wiederum die Namensgeberin des amerikanischen Boston!

Kurz dahinter liegt das Queens΄ College. Der Pfarrer von St. Botolph΄s war auch Abt des Klosters. Er wollte aus seinem Kloster eine Universität machen, und fragte um Unterstützung bei der Königin, Margaret von Anjou, nach. Sie sagte zu, „to enhance the honour of the feminine sex“. Damit war allerdings nur die Gönnerin gemeint sein, Studentinnen oder gar Professorinnen gab es natürlich nicht. Als Margaret starb, förderte auch ihre Nachfolgerin, Elizabeth Woodville, das Projekt, und das erklärt den Plural in Queens‘ College im Gegensatz zum King’s College.  Das sieht man am Ende der Straße. Die Fassade des Queens΄ College, die den großen Teil der einen Straßenseite einnimmt, ist völlig in ihrem Originalzustand erhalten.

Im Innenhof kann man schön die typische Anlage der Colleges sehen, mit Kapelle, Speisesaal, Schlafsaal, Vorlesungssälen, immer in der gleichen Anordnung. Die Innenhöfe heißen in Cambridge Court, in Oxford Squad. Das gesamte College-Areal ist ein Ensemble verschiedener Innenhöfe, auch hier, wo eine geschwungene Holzbrücke, die Mathematical Bridge, zu den neueren Innenhöfen führt.

Dann geht es auf die King΄s Parade, die Hauptstraße von Cambridge. An einer Ecke befindet sich in einem Schaufenster die neueste, immer von einem Pulk Menschen umstandene Attraktion von Cambridge, eine Uhr in Form einer goldene Scheibe mit Pendel. Das Pendel bleibt ab und zu stehen und setzt sich dann wieder in Bewegung, aus welchen Gründen auch immer. Oben auf der Scheibe sitzt eine Heuschrecke.

In der Nähe die Universitätskirche. Sie hat den Glockenschlag von Big Ben, oder eher umgekehrt, Big Ben hat ihren Glockenschlag.

Ziemlich genau gegenüber zwei Gebäuden, die die einzigen eigentlichen Universitätsgebäude sind und zu keinem der Colleges gehören. Eins der beiden ist der Senat. Hier werden die Ergebnisse der Abschlussprüfungen durch Anschlag bekanntgegeben. Die Universität verleiht das Abschlusszeugnis, nicht das einzelne College. Es wird erzählt, dass Prinz Edward an dem Tag, an dem die Ergebnisse veröffentlicht wurden, feststellen musste, das seine beiden Leibwächter, die mehr aus Langeweile ebenfalls ein Studium aufgenommen hatten, wo sie schon drei Jahre zum Schutz des Prinzen in Cambridge sein würden, ein besseres Examen abgelegt hatten als er.

Dann geht es in zum King΄s College selbst und in seine berühmte Kapelle. Das King΄s College wurde von Heinrich VI. gegründet. Er ließ dafür einen ganzen Straßenzug einschließlich einer Kirche abbrechen. Der Bau zog sich über mehrere Generationen hin und wurde erst unter Heinrich VIII. abgeschlossen, von späteren Umbauten ganz abgesehen. Heinrich VI. hatte auch seine eigene Schule, nämlich Eton, und lange Zeit war das Studium am King΄s College nur den Absolventen von Eton erlaubt.

Besichtigen kann man nur die Kapelle. Das Wort Kapelle scheint hier eher unpassend. Sie hat die Ausmaße einer Kirche, vor allem in der Länge. Dabei wirkt sie kürzer als sie tatsächlich ist, da der Blick nach Osten durch eine Chorschranke mit einer großen Orgel versperrt ist.

Die Kapelle ist ein Prachtbau, und der Eindruck ist vom ersten Augenblick an überwältigend. Das hat vor allem zwei Gründe: die Fenster und das Gewölbe. Die hohen Fenster sollen das größte erhaltene mittelalterliche Fensterensemble sein, wobei mittelalterlich nur cum grano salis gilt. Das Gewölbe ist nach der Art des typisch englischen und exklusiv englischen fan-vaulting, und das ist in der Tat sowohl schön als auch beeindruckend.

Die Fenster, ebenso wie die Steinmetzarbeiten, kann man „lesen“ – wenn man es kann, und zwar nicht nur hinsichtlich der Heilsgeschichte, sondern auch hinsichtlich der Herrschergeschichte. Es erscheinen alle möglichen Herrschersymbole wie die französische Lilie, die Rosen von Lancaster und York und die Initialen von Heinrich VIII und einer seiner Frauen, als Nachweis über die Tätigkeit der verschiedenen Herrscher beim Bau der Kapelle.

Zum Abschluss gehe ich noch in den Buchladen der berühmten Cambridge University Press, dem angeblich ältesten Buchgeschäft der Welt. Die Cambridge University Press selbst ist längst nicht mehr hier, im Stadtzentrum, untergebracht, und auch das Gebäude ist neueren Datums. Hier gibt es nur Bücher von Cambridge University Press zu kaufen. Ich erwische eins von Kate Burrigde, die so schön lebendig und höchst subjektiv über gegenwärtige und vergangene Entwicklungen in der Sprache schreibt.

Vor dem Rückweg nach Colchester lege ich noch einen Halt im Eagle ein, um die „Rauchzeichen“ der amerikanischen Soldaten zu sehen. Ich bin zu erschöpft für ein Bier, aber hier gibt es auch Kuchen, und zwar exzellenten, und den lasse ich mir nicht entgehen.

Am Abend höre ich im Radio, wie drei verschiedene Sprecher, der Interviewer und die Interviewten,  hintereinander in drei Äußerungen literally sagen, ohne wirklich literally zu meinen. Es verliert mehr und mehr an Bedeutung und wird zu einem reinen Diskursmarker.

12. April (Donnerstag)

Nach dem Frühstück gehe ich einmal in umgekehrter Richtung, stadtauswärts, den langen Hügel hinunter. Auch hier, im Osten, kommt man, wie im Norden, über den Colne, der Colchester, das wie ein flaches Rechteck aussieht, an zwei Seiten umfließt. Den ganzen Weg entlang gibt es alte Häuser mit niedrigen Stockwerken und Eingangstüren mit Türklopfern.

Kurz hinter dem Fluss steht links das prächtige Old Siege House, ein altes Fachwerkhaus, an dessen Fassade noch Einschusslöcher aus der Belagerung im Bürgerkrieg zu sehen sind. Man hat sie mit roten Kreisen markiert.

Noch etwas weiter stadtauswärts liegt ein weiteres, langgestrecktes Fachwerkhaus aus der gleichen Bauzeit (XV), heute ein Pub mit Hotel mit dem Namen Rose and Crown. Es ist ganz in Schwarz und Weiß, während das Old Siege House auch Flächen mit Ziegelsteinen hat.

Dann geht es wieder in die Innenstadt und in das kleine Naturwissenschaftliche Museum, auch in einer ehemaligen Kirche untergebracht, gleich gegenüber der Touristeninformation. Es ist klein und bescheiden und etwas altmodisch und präsentiert vernünftigerweise meist Dinge mit Bezug zur Region.

Es gibt eine Ecke mit ausgestopften Insekten. Besonders häufig ist der Hirschkäfer vertreten, der stag beetle, dem ein Lehrer aus Colchester kleinere Forschungsarbeiten gewidmet hat. Im Mittelalter wurde er – der Käfer, nicht der Lehrer – verdächtigt, Kohlenstücke zwischen den Fühlern zu transportieren und Feuer zu legen. Aus den Käfern wurden andererseits aber auch Amulette gemacht, die vor allem gegen Krämpfe schützen sollten. In der Viktorianischen Zeit wurde der Verzehr des Hirschkäfers  propagiert. Das sollte Versorgungsengpässe entschärfen und für eine proteinreiche Ernährung sorgen. In Japan sind Insekten wie der Hirschkäfer Haustiere. Und werden zu Schmuck verarbeitet. Man sieht die Nachbildung eines Armbands, für das 70.000 £ bezahlt wurde.

Man kann an einem Baumstamm mit Löchern riechen, so wie der Hirschkäfer, der, so wird vermutet, zu bestimmten Baumstämmen durch den Geruch von Pilzen hingezogen wird.

Weibchen, erfährt man, werden zweimal so häufig wie Männchen überfahren. Erstens ziehen sie es vor, zu gehen statt zu fliegen, zweitens mögen sie den warmen Straßenasphalt.

Gefressen wird der Hirschkäfer vor allem von Elstern. Er ist deren Lieblingsspeise. Sie fressen aber nur das weiche Hinterteil und werfen die knackigen Füße und Köpfe weg.

Hauskatzen spielen mit dem Hirschkäfer und hinterlassen ungerührt Einstiche auf deren Körper.

Ganz in der Nähe der Insekten, aber ohne Bezug zu ihnen, gibt es ein altes interaktives Schaubild, mit dem die Temperaturen in englischen Häusern thematisiert werden. Die Durchschnittstemperatur ist von sagenhaften 13° in den Siebzigerjahren auf heute 20° gestiegen.

In Diaramen sind Tiere der Gegend, vor allem aus dem Mündungsdelta des Colne zu sehen, darunter brent geese, Ringelgänse. Sie sehen wie große Enten aus. Sie kommen aus Russland und überwintern in England. Ihre Zahl fluktuiert ziemlich stark. Das wiederum hängt mit der Zahl der Lemminge zusammen. Die sind die Leibspeise des Polarfuchses. Wenn es viele Lemminge gibt, gibt es auch viele Ringelgänse. Wenn es weniger Lemminge gibt, begnügen sich die Polarfüchse mit den Ringelgänsen.

Auch sprachlich gibt es hier eine Falle: Wer (oder was) entscheidet, ob ein Tier als Ente oder Gans gilt? Aussehen? Verbreitungsgebiet? Paarungsverhalten? Gene?

In ganz Essex ist die Kreide vertreten, allerdings meistens unterirdisch. Nur im Norden und im Süden der Grafschaft tritt sie an die Oberfläche. Es handelt sich um einen weichen Kalkstein. Was man daraus machen kann, ist durch Exponate belegt: Tafelkreide, Zahnpasta, Zement!

An einigen Stellen durchziehen Schichten aus Feuerstein die Kreide. Was heute Feuerstein ist, waren früher Schwämme, was heute Kreide ist, waren früher Algen. Auch hier kann man sehen, wozu man das Material verwendet: Faustkeil, Amulett, Hausbau, Pistole! Bei der wird der Feuerstein gegen ein Eisen geschossen und damit ein Funke ausgelöst. Als Stein für den Hausbau wird der Feuerstein an einer Seite ganz glatt und blank gerieben. So können sehr regelmäßige, schöne Mauern entstehen.

Es gibt noch Informationen über Naturkatastrophen in Colchester, einem Erdbeben (1884), einer Überschwemmung (1953) und einem Hurrikan (1987). Es gibt Augenzeugenberichte, die erkennen lassen, dass es durchaus keine Spaßveranstaltungen waren, wenn auch die Verwüstungen sich in Grenzen hielten.

Um die Mittagszeit breche ich auf und setze mich in einen Bus nach Coggeshall, dem, wie es heißt, schönsten Ort in der unmittelbaren Nähe von Colchester. Bekannter sind Milford und Lavenham, aber die liegen in Suffolk und sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln schwer zu erreichen. Die Wahl von Colchester als Standort war vielleicht keine gute Idee.

Die Fahrt dauert immerhin eine dreiviertel Stunde, obwohl es gerade einmal neun Meilen sind. Coggeshall hat außer einer Straßenkreuzung kein richtiges Zentrum und hält nicht ganz, was es verspricht. Es gibt aber zwei Dinge zu sehen, Grange Farm und Paycock House. Außerdem kann ich meine Sammlung kurioser Shop Names erweitern: Fork ‘Andles, ein Haushaltswarengeschäft, und Do Dah’s, ein Geschäft mit Nichtigkeiten.

Auch die Liste der Wörter für Straßen wird immer länger: street, road, avenue, drive, lane, way, walk, close, crescent, hill, gate, grove, drive, mews, cury.

Grange Farm liegt etwas außerhalb des Zentrums an einem Waldrand. Als ich mich für einen Moment suchend umsehe, sprechen mich sofort zwei Wanderer an, ziehen ihre Karte hervor und weisen mir den Weg. Wunderbar!

Am Eingang zu dem Gelände sehe ich ein Schild mit dem zweideutigen Hinweis: slow walkers on track.

Grange Farm ist eine Scheune aus dem Hochmittelalter, die wundersamerweise überlebt hat. Sie gehörte zu einem Zisterzienserkloster, das einen großen Teil des Ortes aufgekauft hatte und nun Platz für sein Getreide brauchte. Neben der Scheune bauten die Zisterzienser eine Kapelle am Fluss und leiteten den Fluss um. Neben der praktischen Funktion hatte die Scheune, die auf dem Hügel liegend auch aus der Distanz gut sichtbar war, auch eine repräsentative Funktion.

Nach der Auflösung der Klöster gingen dessen Besitztümer und damit auch die Scheune an Thomas Seymour, den Bruder der dritten Frau von Heinrich VIII. So sorgte man damals für die Familie.

Bevor die Scheune zum Museum wurde, war sie so verfallen, dass Passolini sie für seine Verfilmung von The Canterbury Tales benutzte. Viele Bewohner des Ortes kamen in kleinen Rollen und als Statisten zum Einsatz und können noch heute davon berichten.

Die Scheune ist aus Eichenholzstämmen, die das Fachwerk bilden, und roten Ziegelsteinen. Die sind das Resultat eines Umbaus aus der Zeit um 1381. Da wurde auch das Strohdach durch Dachziegel ersetzt. Die Scheune besteht aus einem einzigen, langgezogenen Raum mit zwei größeren Toren im Süden und zwei kleineren im Norden. Durch die großen fuhren die voll beladenen Wagen hinein, durch die kleinen die leeren hinaus.

Das Getreide, Weizen und Gerste, wurde hier nicht nur gelagert, sondern auch behandelt. Auch dafür wurden die Tore eingesetzt. Sie wurden zu beiden Seiten geöffnet. Der Durchzug sorgte dafür, dass das Getreide trocknete. Davor wurde das Getreide mit Dreschflegeln vom Stroh getrennt und dann durch Hochwerfen in großen, flachen Siebkästen von der Streu getrennt, die leichter war und hinausflog.

Die zweite Sehenswürdigkeit des Ortes, Paycock House, liegt am anderen Ende des Ortes, und für einen Moment überlege ich, ob ich mir das noch antun soll. Die vielen Fußwege der letzten Tage fordern ihren Tribut. Aber wenn ich schon einmal da bin. Der wieder sehr freundliche Empfang entschädigt schon fast für den Weg. Paycock House ist das Haus eines reichen Tuchhändlers aus der Tudor-Zeit, Thomas Paycock. Dessen erste Frau war kinderlos gestorben. Dann hatte er wieder geheiratet. Seine Frau war schwanger, und er hoffte auf einen männlichen Nachkommen. Er erlebte aber die Geburt nicht mehr. Er starb selbst kurz davor. Seine Frau bekam dann ein Mädchen. Das Mädchen erbte 500 Mark, ein Vermögen zu der Zeit. Sie konnte aber nicht den Besitz erben. Das konnten nur männliche Nachkommen. So gingen das Haus und der Handel in andere Hände über.

Man hat das Haus unter großem Aufwand wiederhergestellt, nachdem es zwischendurch in drei getrennte Häuser aufgeteilt war, ganz wie Dragon Hall in Norwich. Es gibt bleiverglaste Fenster, Holzpaneele, gedrechselte Stühle, Holzbalkendecken, Truhen. Außen ist das Haus, einschließlich der Schnitzereien, weißlich übertüncht, dazwischen die rotbraunen Streifen der Ziegelsteine.

Dann geht es zurück nach Colchester und zum Kofferpacken. Ab morgen soll das Wetter wieder besser werden. Just my luck! Allerdings habe ich noch Glück gehabt. In einer Woche mit schlechtem Wetter habe ich immerhin noch den besten Teil des Landes erwischt.

 

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