Das Morgenländische Schisma, die Trennung der lateinischen Kirche des Westens von der griechischen Kirche des Ostens, hatte eher kirchenpolitische als ideologische Gründe. es ging darum, wo das Zentrum der Christenheit war – in Rom oder in Konstantinopel – und wer das Sagen hatte. Aber die Spaltung war auch ein Resultat der Entfremdung, und da spielt die Sprache eine Rolle: Im Westen war es immer unüblicher geworden, Griechisch zu sprechen. Schon Augustinus und Gregor der Große sprachen, im Gegensatz zu Hieronymus und Ambrosius, kein Griechisch! Die Messe wurde ab dem 4. Jahrhundert auf Latein gelesen, bis dahin auf Griechisch. Umgekehrt konnten die meisten Patriarchen in Konstantinopel kein Latein. Das galt als barbarische Sprache. Zur gegenseitigen Verständigung war man immer mehr auf Übersetzer und Sekretäre angewiesen. Am Anfang der Entfremdung stand also die Sprache. Auch bestimmte Haltungen gingen damit einher: Die Griechen sahen die Römer als ungebildet und barbarisch an, die Römer die Griechen als hochnäsig und spitzfindig.