Erkenne dich selbst – besser nicht

Im antiken Rom gab es kein Ideal der Jungfräulichkeit. Im Gegenteil: Das Beharren auf der Unberührtheit galt als Zeichen von Einseitigkeit, Beziehungslosigkeit, mangelnder Bereitschaft zur Weiterentwicklung. So kommt es auch in den Mythen zum Ausdruck, bei Narziss zum Beispiel. Der flieht bei Ovid vor Echo und sieht nur sich selbst. Und geht daran zugrunde, als er sich in sein eigenes Spiegelbild verliebt. Eine Paradoxie: Er scheitert daran, dass er sich selbst erkennt! Genauso hat es Tiresias, der blinde Seher, vorausgesagt:  Er werde ein langes Leben haben, solange er sich nicht selbst erkennt. (Giebel, Marion: Ovid. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 5/2003: 75-76)

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