Betrug am Leben

Wieland unterhält Goethe mit stundenlangen Belehrungen über den Humor. Jetzt weiß Goethe, dass er keinen Humor hat. Jeder, der Humor hätte, hätte ihn erheuchelt. Wer Humor hat, betrügt das Leben um seinen Ernst. Seinen furchtbaren Ernst. (Walser, Martin: Ein liebender Mann. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2009: 187)

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Unbewusst glücklich

“Wenn man weiß, warum man glücklich ist, dann ist man doch gar nicht mehr glücklich”, sagt Goethes junge Freundin Ulrike von Levetzow. (Walser, Martin: Ein liebender Mann. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2009: 164)

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Unmögliche Ehe

Die Ehe, findet Goethe, zumindest der fiktionale Goethe, ist eine Form, etwas Unmögliches möglich zu machen. Sie ist aller Ehren wert, aber wer es ernst meint, bedarf ihrer nicht. Die Ehe ist nur da notwendig, wo einer der beiden es weniger ernst meint als der andere.(Walser, Martin: Ein liebender Mann. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2009: 119)  Aber: Ist das nicht immer so?

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Für dein Alter …

Goethe, zumindest der fiktionale Goethe, ärgert sich über die Komplimente über sein gutes Aussehen. Er liest die Komplimente so: Dafür, dass Du so ein alter Schleicher bist, siehst du noch ganz gut aus. In seinem Alter, findet er, gibt es , wenn es um das Aussehen geht, nur noch Beleidigungen. (Walser, Martin: Ein liebender Mann. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2009: 68-9)

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Dankbar für Dankbarkeit

“Man könnte sagen, sagte Goethe, wer mir dankbar ist, dem bin ich dafür, dass er mir dankbar ist, so dankbar, wie er mir gar nicht sein kann.” (Walser, Martin: Ein liebender Mann. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2009: 32-3)

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Auch wahr

“Alle diese Sätze sind, wenn man sie umdreht, genauso wahr”, sagt Ulrike von Levetzow zu Goethe. Goethe hatte gesagt: “Es wäre schön, einen Menschen zu haben, der genau die Angst empfindet, die man selber hat.” Ulrike setzt dagegen: “Es wäre schön, einen Menschen zu haben, der genau die Angst nicht hat, unter der man leidet.” Goethe hatte gesagt: ” Wer mir nicht sagt, was er denkt, beleidigt mich.” Ulrike setzt dagegen: “Wer mir sagt, was er denkt, beleidigt mich.” (Walser, Martin: Ein liebender Mann. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2009: 32-3)

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Größe durch Glatze

Die Glatze verleiht Größe und Respekt. Das jedenfalls hat eine schlichte Studie an der Wharton Business School belegt. Den Probanden wurden zwei verschiedene Bilder von jeweils denselben Männern vorgelegt, einmal mit Haar, einmal ohne (retuschiert). Das Resultat: Die Glatzköpfigen wurden als dominanter und als kräftiger und (um 2,5 cm) größer  eingeschätzt. Die Glatze stellt die letzte männliche Domäne dar. Geschäftsfrauen tragen auch Anzug und Aktentasche, aber sie rasieren sich den Schädel nicht. (Joffe, Josef: “Kahl ist cool”, in: Die Zeit 42/2012: 14)

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English, please!

In 1422, the London brewers took an important decision: they decided that from then on they would record their proceedings in a new language, and this new language was to be – English! Till then, they had recorded their proceedings in French. English was now beginning to replace French (and, very gradually, also Latin) as the normal form of written communication. In 1399, the order disposing Richard II was read in English, and his successor, Henry IV, used English to claim the throne and in his acceptance speech. His successor, Henry V, followed his father in publishing his will in Engish. His reign saw the legendary victory at Agincourt – over the French! It engered a rising consiousness of nationhood and the increasing use of English in official contexts. Knowledge of French had been on the wane before. In 1395, a certain John of Trevisa complained that English children knew not enough French to be taught in that language. He claimed that their Latin lesson should be given in English, not French. (Howatt, A.P.R.: A History of English Language Teaching. Oxford: Oxford University Press, 1984: 4-5)

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Christliche Wirrungen

Nach der Veröffentlichung eines Aufrufs zur Einheit aller Christen, von vielen Prominenten unterzeichnet, sagte einer der Initiatoren, Norbert Lammert, es habe nur zwei Einwände gegen den Text gegeben: Er sei zu katholisch. Und: Er sei zu evangelisch.

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Dein Name sei Penner

Im deutschen Sprachraum trifft man gelegentlich auf den Nachnamen Penner. Umgangssprachlich steht Penner für einen, der viel schläft oder einen, der nichts mitbekommt oder einen Pennbruder auf der Parkbank. Man könnte versucht sein, diese Bedeutungen mit dem zu Namen assoziieren. Ganz weit hergeholt ist das nicht, denn Nachnamen sind wirklich oft von einer auffälligen Eigenschaft eines Ahnen abgeleitet: Kurz, Breit, Groß, Klein usw. Aber da stellen sich Zweifel ein: Die modernen Bedeutungen von Penner sind vermutlich zu neu für den Namen. Also sucht man nach anderen Erklärungen. Dabei ist der Kopf hilfreich. Umgangssprachlich heißt es oft Kopp. Nicht umsonst. Die umgangssprachliche, niederdeutsche Variante ist die ältere Form, gegenüber dem hochdeutschen Kopf. Das ist die Form, die sich erst nach der Lautverschiebung gebildet hat, eine Lautverschiebung, die das Niederdeutsche genauso wenig mitgemacht hat die wie anderen germanischen Sprachen. Also haben wir engl. pipe, schw. pipa, aber Hochdeutsch Pfeife, engl. pepper, schw. peppar, aber Hochdeutsch Pfeffer, also immer /p/ gegenüber /pf/. Wenn man das jetzt auf den (niederdeutschen) Penner anwendet, dann wird aus dem ein hochdeutscher Pfenner, und man ist der Sache schon näher. Jetzt muss noch berücksichtigt werden, dass Rechtschreibung traditionell nicht maßgebend ist und gleiche Laute regional unterschiedlich wiedergegeben wurden. Dann kann man <e> durch <ä> ersetzen und ist beim Pfänner. Der Penner hatte also etwas mit einer Pfanne zu tun. Aber mit welcher Pfanne? Einer Bratpfanne? Es gibt ja auch den Nachnamen Koch und viele andere Namen, die Berufsbezeichnungen sind.  Das ist auch hier der Fall, aber beim Penner war es eine andere Pfanne, nämlich die Salzpfanne. Der Penner arbeitete in einem Salzbergwerk. Wie wichtig Salz war, nicht nur als Würze, sondern auch als Konservierungsmittel, lässt sich heute noch an geographischen Bezeichnungen wie Salzuffeln, Salzburg, Salzach und an der Salzstraße vieler Städte ablesen.  Ebenso aber auch an Halle, Hallein und Reichenhall. Die führen alle das keltische Wort für ‘Salz’ im Namen.

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Dein Name sei Holyband

Die ersten Bücher zum Erlernen von Englisch als Fremdsprache wurden von Franzosen geschrieben, darunter The French Schoolmaster von Claudius Holyband. Der hatte einen englischen Nachnamen adoptiert, angelehnt an seinen eigentlichen Nachnamen de Sainliens (oder Desainliens). Diese Details sind nicht nur von akademischem Interesse, denn Holyband gehörte zu den Flüchtlingen, die sich soweit an das neue Land anpassten, dass sie ihren Namen änderten. Er mag dabei auch kommerzielle Interessen verfolgt haben, angesichts der stillen Vorbehalte, auf die die immer größer werdende Zahl von Flüchtlingen traf. (Howatt, A.P.R.: A History of English Language Teaching. Oxford: Oxford University Press, 1984: 19-20)

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Dein Name sei Adorno

Theodor W. Adorno hatte eine glückliche Kindheit. Das lag vor allem an seiner geliebten Mutter und an seiner Tante. Nicht umsonst nahm er später den katholischen Nachnamen seiner italienischen Mutter an, während der jüdische Nachname des Vaters, Wiesengrund, auf das W. reduziert wurde. (Hartwig, Ina: „Arlette und ihr Adorno“, in: Die Zeit 41/2012: 58-9)

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Dein Name sei Eco

Wenn man anfängt, sich für etwas zu interessieren, trifft man an jeder Ecke auf etwas aus diesem Gebiet. So ging es mir jetzt bei Namen. Darauf bin ich viermal innerhalb von kürzester Zeit gestoßen, in den unterschiedlichsten Zusammenhängen. Zuerst auf Umberto Eco. Sein Vater war ein Findelkind. Dem wurde von einem Gemeindediener nach jesuitischer Tradition der Nachname Eco gegeben: Ex coelo oblatus, ‘vom Himmel geschenkt’. (Nerlich, Michael: Umberto Eco. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2010: 7)

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Peeptoes und Fleshtunnels

Wenn man beruflich mit Englisch zu tun hat, wird man immer wieder von Freunden und Bekannten auf englische Wörter angesprochen, die plötzlich im Deutschen auftauchen. Meistens muss ich da passen. So geschehen in dieser Woche mit und peeptoes, Schuhen, die die Zehen freilassen, und fleshtunnel, Schmuckstücke, die wie Ohrringe aussehen, aber wohl eine Form von Piercing sind. War mir beides nicht bekannt, weder aus dem Deutschen noch aus dem Englischen. Obwohl mir das Wort fleshtunnel unbekannt war, war es die Sache nicht. Ganz ähnlich Formen von Piercing habe ich Dutzende Male in altamerikanischen Skulpturen und Abbildungen gesehen. Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Das wissen aber die Träger der fleshtunnels nicht.

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Vater und Mutter

Was heißt Vater und Mutter auf Englisch? Die Frage scheint zu läppisch, um überhaupt beachtet zu werden, und ich kann mich auch nur auf mein Sprachgefühl berufen, aber trotzdem: Meines Erachtens stehen Mutter & Vater und Vater & Mutter im Deutschen nebeneinander, genauso wie Mama & Papa und Papa & Mama. Im Englischen dagegen klingt Mother & Father eingängiger als Father & Mother und Mum & Dad viel eingängiger als Dad & Mum, das geradezu falsch klingt. Im Japanischen, habe ich mir von einem befreundeten Experten sagen lassen, sind chichi & haha (umgangssprachlich) und otousan & okasan (formal) die gängigeren Varianten, mit dem Vater vorne! Anders herum, heißt es, klinge es sehr unnatürlich. Ähnlich bei Französisch Papa & Maman (feststehende Reihenfolge), während es bei Père & Mère etwas mehr Spielraum gibt, aber auch hier mit dem Vater vorne als Vorzugsvariante. Wenn das so ist, was hat das zu bedeuten? Und hat es überhaupt etwas zu bedeuten? Wir haben auch Maße und Gewichte gegenüber weights and measures (Umkehrung in beiden Fällen praktisch unmöglich). Da könnten wir uns leicht mit “Konvention” als Erklärung zufriedengeben. Aber gilt das auch für Vater und Mutter?

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