Preguntón

Buñuel war nach seiner Übersiedlung nach Mexiko konsterniert von dem schnellen Griff zur Waffe, der in Lateinamerika an der Tagesordnung war. Die mexikanischen Zeitungen berichteten fast jeden Tag darüber, dass irgendwo jemand aus einem geringfügigem Anlass abgeknallt worden wurde. Besonders war Buñuel diese Zeitungsnotiz in Erinnerung geblieben: Ein Mann kommt zu Haus Nr. 39 und fragt den Portier nach Herrn Sánchez. Der Portier sagt, der wohne in Nr. 37. Der Mann geht zu Nr. 37 und fragt dort den Portier nach Sánchez. Der Portier sagt ihm, der wohne in Nr. 39. Der Portier von Nr. 39 müsse sich geirrt haben. Also geht der Mann wieder zu Nr. 39 und berichtet dem Portier, was er nebenan gehört habe. Der Portier bittet den Mann, einen Moment zu warten, geht in einen Nebenraum, kommt mit einer Pistole zurück und knallt den Mann nieder. Buñuel war vor allem der Ton der Geschichte ins Auge gesprungen. Der Journalist schrieb so, als wolle er dem Portier Recht geben. Der Titel der Geschichte war “Lo mata por preguntón – Er tötet ihn, weil er immer so viel fragt”.  (Wimmer, Stefan: “Das Leben ist ein Schnapsglas”, in: SWR 2: 18/10/2012)

 

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