7. Dezember (Sonntag)
Als wir in Lima landen, atme ich einmal tief durch. Gut gegangen. Aber wieder eine Reise mit Haken und Ösen. Der Uber, der mich zum Flughafen bringen sollte, kommt nicht, aber Illac springt kurzfristig ein. Am Flughafen erkennt der Automat meinen Reisepass nicht und die Flugnummer auch nicht. Ich werde zum Schalter durchgelassen, und der Mann muss mich in der Liste der Fluggäste suchen, um die Bordkarte auszudrucken. Dabei muss ich wieder nachweisen, wann ich aus Peru ausreise, und der Screenshot, den ich gemacht habe, reicht nicht. Irgendwie klappt es dann doch. Bei der Sicherheitskontrolle fällt meine Brille aus der Tasche, aber eine Aufsichtsperson merkt es und macht mich drauf aufmerksam. Bei LATAM gibt es im Gegensatz zu Avianca ein paar Chips und ein Getränkt, aber ich lehne dankend ab. Das flaue Gefühl im Magen ist noch nicht weg.
Als wir in Lima durch die Passkontrolle sind, suche ich am Ausgang nach einem Schild mit meinem Namen – nichts. Dann muss ich erst einmal versuchen, mich in das Internet des Flughafens einzuwählen. Das klappt am Ende, und ich sehe, dass ich gleich von zwei Männern Anrufe habe, die mich abholen wollen. Dann spricht mich einer an. Es ist der Vermieter des Apartments selbst. Es sei ihm danach gewesen, mich persönlich abzuholen, den Abholservice habe er abgesagt. Das scheint aber nicht geklappt zu haben.
Der Mann, Javier, ist sehr gesprächig, aber die Fahrt zieht sich hin. Als ich irgendwann frage, ob der Flughafen so weit vom Zentrum entfernt sei, erfahre ich, dass es einen Umweg gefahren ist – extra für mich! Ohne zu ahnen, dass ich nur so schnell wie möglich in die Unterkunft kommen will.
Als wir auf Lima zuflogen, hatte man das Gefühl, in der Wüste zu landen. Alles Sandboden, kein Baum, kein Strauch, kein Grashalm, und die kahlen Berge im Hintergrund. Ja, so sei es, sagt Javier, hier regne es kaum einmal, trotz der Nähe zum Meer, und die grüne Promenade am Meer entlang ist menschengemacht. Man hat auch die Berge zur anderen Seite mit Netzen abgesichert und den Sandboden bepflanzt, so dass man irgendwann mal durch ein grünes Spalier fahren kann.
Als erstes sieht man den Containerhafen, dann fahren wir ein Stück direkt am Meer entlang und passieren anschließend den Ortsteil Callao. Danach sehen wir Miraflores, das Vorzeigeviertel, oben auf einem Berg liegen.
Es stellt sich heraus, dass seine Kinder aus erster Ehe, Sohn und Tochter, in Deutschland leben, Sohn ist gerade fertig geworden mit Wirtschaftswissenschaftsstudium in Heidelberg, Tochter studiert Jura in Bonn. Seine Frau, zu der er noch einen guten Kontakt hat, lebt in Genf. Seine jetzige Frau ist halb Kroatin, und er spricht schwärmend von Dubrovnik und Split.
Er selbst arbeitet bei einer staatlichen Erdölfirma, und da hat er auch seine jetzige Frau kennengelernt. Auch im Justizministerium hat er mal gearbeitet, wie ich erfahre, als wir an dem monumentalen Justizpalast vorbeikommen.
Man muss sich wieder auf neue Nationalhelden einstellen. Einer davon ist Miguel Grau, an dessen Statue wir vorbeikommen. Er bezieht seinen Ruhm aus dem Krieg gegen Chile (XIX), in dem es um die Grenzziehung ging. Peru verlor damals eine Provinz an Chile, etwas, womit man sich bis heute noch nicht abgefunden hat.
Wir kommen auf Vargas Llosa zu sprechen, und Javier sagt, der sei hier gar nicht so beliebt. Woran liegt das? Daran, dass er nach Spanien ausgewandert sei? Nein, mehr daran, dass er aus Arequipa stammt. Die Leute von dort gelten als arrogant. Ganz anders als die im Norden.
Es geht endlich aufs Stadtzentrum zu. Ich wohne quasi Wand an Wand mit dem Präsidenten Perus, an der Plaza Mayor. Es handelt sich um einen jungen Mann, gerade mal 38, der, wie schon seine Vorgänger, Peru vorangebracht habe. Peru ziehe jetzt Einwanderer aus anderen Ländern Südamerikas an, und Lima vor allem auch interne Einwanderung, vom Lande. Die Stadt hat über 10 Millionen Einwohner und ist damit eine der größten Südamerikas, nach einer Statistik sogar die zweitgrößte nach Sao Paulo.
Wir fahren in ein Parkhaus, wo er wohl freie Einfahrt hat, müssen aber bis in den 7. Stock fahren, um einen Platz zu finden, und dann mit Gepäck zu Fuß die Treppe runter.
Gleich unten an der Straßenecke steht ein uniformierter Mann, bei dem ich Geld wechseln kann. Die peruanische Währungseinheit ist der Sol. Ich bekomme 330 Sol für 100 Dollar. Auch an neue Steckdosen gilt es sich zu gewöhnen. Gott sei Dank spielt mein Adapter mit.
Die Wohnung ist groß und geschmackvoll eingerichtet, aber Javier will die Miete bar bezahlt haben. Das habe ich nicht auf der Rechnung gehabt.
Zum Schluss muss ich noch eine App runterladen. Mit der öffnet man die Tür zum Haus. Oben für die Wohnung gibt es Schlüssel.
Als ich alleine bin, reicht die Energie so gerade noch zum Auspacken.