Innocent Austrians

In a commemorative speech held in 2005, the Austrian chancellor, Schüssel, with reference to the foundation of the Second Republic in 1945, spoke of Austria’s birth or rebirth after the war, using a natural, biological metaphor. A political entity becomes  a child, suggesting that the state is innocent like a new-born child. The founders are referred to as the founding fathers of the Second Republic. The founders are said to have come back from the concentration camps, thus suggesting that only victims of the Nazi regime and not its collaborators were involved in the founding of the state. The political actors who really made independence possible, the Allied forces who defeated the Nazi regime, are not mentioned at all. The years before are referred to as a nightmare, thus making the event appear fateful and unavoidable like a natural disaster. All this constructs a historical view which makes commemoration possible and includes the perpetrators and their families. (Wodak, Ruth: “Language and Politics”, in: Culpeper, Jonathan, Katamba, Francis, et. al. (eds): English Language. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2009: 588-91)

 

 

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Bellerophon ist Joseph

Immer wieder verblüffend, die Parallelen in den Erzählungen unterschiedlicher Kulturen: Bellerophon, aus Korinth verbannt, weist an einem fremden Hof die Avancen der Ehefrau seines Gastgebers zurück. Daraufhin wird er von ihr beschuldigt, sie geschändet zu haben. Der fremde König glaubt seiner Ehefrau und schickt Bellerophon in die Verbannung, aus Angst, das Gesetz der Gastfreundschaft zu verletzen, wenn er ihn tötet. Bellerophon ist Joseph, die Frau, die ihm Avancen macht und ihn dann beschuldigt, ist die Ehefrau Potiphars. Potiphar glaubt ihr, und Joseph landet im Gefängnis. Stimmt alles.

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Begehrter Steinbruch

Es ist immer dasselbe: Erst ist man dagegen. Als man in Deutschland, wie bei der Renovierung des Breisacher Münsters, begann, wieder in eigenen Steinbrüchen Rohstoffe abzubauen und man die Unterstützung von Bürgermeistern, vom Landratsamt, vom Regierungspräsidium, vom erzbischöflichen Bauamt und so weiter hatte, stieß man erst einmal auf Widerstand bei der Bevölkerung. Die Argumente gegen die Steinbrüche basierten meistens auf Gerüchten: riesengroßer Steinbruch, viel LKW-Verkehr, Staub, Lärm usw. Dabei geht es in den Werksteinbrüchen relativ geräuscharm vor. Dynamit hat dort nichts zu suchen. Bei Stein, der mit Sprengstoff gewonnen wird, bilden sich kleine Haarrisse, die erst nach Jahren sichtbar und zum Problem werden. Außerdem gibt es gute andere Gründe, die gegen den Import von Stein aus fernen Ländern sprechen, nämlich die Kosten, aber auch die Bedingungen, unter denen dort gearbeitet wird. Am Ende, als sich alle Befürchtungen als gegenstandslos erwiesen hatten, war alles eitel Freude. Die Steinbrüche wurden besichtigt, man beschäftigte sich mit Begeisterung mit dem Steinbruch und war sogar traurig, als der dann wieder geschlossen und rekultiviert wurde. Man hätte ihn am liebsten offen gehalten für die anderen anstehenden Renovierungsarbeiten wie denen am Freiburger Münster. (Findeisen, Hans-Volkmar: “Längst totgeglaubt. Die Renaissance heimischer Steinbrüche”, in: SWR 2 Wissen: 25/03/2014)

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Du großer Gott!

Auf einem Hochrelief, heute im Archäologischen Museum in Athen, sieht man Äskulap und seine Tochter Hygieia. Äskulap nimmt die Dankesgaben von zwei gläubigen Menschen entgegen. Die unterscheiden sich von Äskulap und Hygieia durch ihre kleinere Gestalt  – genauso wie später in der christlichen Ikonographie die Stifter in der Präsenz von Heiligen.

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Latin against French

A good indication of the decline of Latin and the rise of French as an international language is the use of these two languages in the context of war diplomacy. In 1660, both the negotiations and the treaty between Sweden, Austria and Poland in Oliva were in Latin. In 1678, the negotiations between Sweden, France, Spain and others in Nijmegen was in French, the treaty was in Latin. In 1714, both the negotiations and the treaty between Austria and France in Rastatt were in French. (Janson, Tore: Sprakens historia. Stockholm: Nordstedts, 2011: 215)

 

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Rechenkünste

Immer wieder dasselbe: Die Angst der Menschen ist fehlgeleitet. Sie ignorieren die offensichtlichen Gefahren und suchen sich andere, versteckte. In Deutschland sind über 40%  aller Todesfälle die Folge von Herz- und Kreislaufkrankheiten, über 25% die Folge von Krebs. Wie man Herz- und Kreislaufkrankheiten am besten entgegenwirken kann, ist bekannt: kein Tabak, kein Alkohol, gesunde Ernährung, Bewegung. Stattdessen hat man Angst vor Viren, Pestiziden in Lebensmitteln, nächtlichen Überfällen. Das sind aber “Peanuts”. Im Vergleich jedenfalls. Solche Gefahren werden meistens dramatisiert. In seinem Buch Das Risikoparadox führt Ortwin Renn ein dramatisches Beispiel an: In England wurde 1995 in der Boulevardpresse kolportiert, das Todesrisiko durch die Einnahme der Pille hätte sich verdoppelt. Die Folge: Frauen begannen reihenweise, die Pille abzusetzen, vor lauter Panik. Sie nahmen mehr Abtreibungen vor, auch illegale, und bei denen starben mehr Frauen als durch das gesteigerte Risiko der Pille. Tatsächlich bezog sich das Risiko bei der Pille nur auf die Thrombose, und das war, den Statistiken zufolge, von 0,05 auf 0,1 gestiegen. Es hatte sich “verdoppelt”. (“Falsche Ängste”, in: Kritik. Deutschlandradio Kultur: 21/03/2014)

 

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Differenzierung unerwünscht

Ein Geograph berichtet von einer Erfahrung, deren Bedeutung für unsere Welt, um es etwas pathetisch zu sagen, gar nicht überschätzt werden kann. Er hatte ein Buch darüber geschrieben, welche Pflanzen auf welchem Feld am besten für den Anbau in Kenia geeignet waren. Das Buch wurde ein Erfolg, aber der Autor selbst fand, dass das Buch die Naturbedingungen überbewertete. Er schrieb deshalb einen Ergänzungsband, der auch die Preise, die Marktbedingungen, die Infrastruktur und die sozioökonomischen Traditionen berücksichtigte. Kaum jemand interessierte sich dafür. Die Menschen wollten keine Komplikationen. (Jaetzold, Ralph: Inside Africa. Trier: Geographische Gesellschaft Trier, o.J: 88-89)

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Afrika-Klischee

Savanne mit Schirmakazien: unser typisches Bild von Afrika, von seiner Natur, geprägt von Buchdeckeln und Dokumentarfilmen. Aber das ist gerade die große Ausnahme, weitgehend auf das Herzstück der Serengeti beschränkt. Sonst fehlen meist die Bäume. Das Gras der Savanne nimmt das Wasser auf, bevor es zu den Wurzeln der Bäume durchdringen kann und diese eine Reserve für die trockenen Monate bilden können. Bäume können nur dann wachsen, wenn ein Gewässer in der Nähe ist. Und das ist in der Serengeti der Fall. (Jaetzold, Ralph: Inside Africa. Trier: Geographische Gesellschaft Trier, o.J: 108)

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Arme Apostel

Wo waren die Apostel, als Jesus gekreuzigt wurde? Warum gibt es keinen Aufruhr, als Jesus bei Letzten Abendmahl verkündet, einer von ihnen werde ihn verraten? Es gibt keine Empörung, keinen Streit, keine Prügelei. Warum passiert Petrus nichts, als er einem Knecht des Hohepriesters bei Jesus’ Verhaftung das Ohr abhaut? Warum haben die Apostel – bis auf den Selbstmörder Judas – überhaupt überlebt, nachdem ihr Anführer erbärmlich am Kreuz gestorben war? Lauter Fragen, die jeden verstandesorientierten Bibelleser zur Verzweiflung treiben. Und warum lassen sich die Apostel, wie ein paar dumme Trottel, ständig von Jesus zurechtweisen und herumkommandieren? In der Bibel kommen sie nicht sonderlich gut weg. Bestenfalls als Stichwortgeber für Jesus. Wie muss es ihnen ergangen sein, wenn Jesus in der Bergpredigt auf die Vögel des Himmels verwies, für die “euer himmlischer Vater” sorgte, wenn sie selbst hungrig waren? Wie müssen sie sich gefühlt haben, wenn sie mal wieder von misstrauischen Dorfbewohnern verjagt wurden? Arme Apostel! (Borger, Sebastian: “Schwache, treue Seelen”, in: Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 2/2012: 189-201)

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Teuflisch göttlich

Der Wein ist, dem Mythos zufolge, ein Gottesgeschenk: Dionysos übergab Ikarios, einem einfachen Mann, die Rebe und lehrte ihn, wie man Wein herstellt. Der Gott vergaß aber, ihn über den Effekt des Weines zu informieren. Ikarios servierte einer Gruppe von Hirten den Zaubertrank, und als die merkten, was mit ihnen geschah, glaubten sie, er habe sie vergiftet. Sie rächten sich an ihm und töteten ihn (Karabatea, Marilena: La mitología griega.Athen: Ediciones Adam, o.J.: 182-3). Teuflisch, dieses Gottesgeschenk.

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Elefanten räumen auf

Dass es Savannen gibt, das nimmt man normalerweise einfach hin. Warum auch nicht. Aber irgendwie müssen sie ja auch entstanden sein. Wenn man darüber nachdenkt, wie, kommt man auf Wirbelstürme, Klimaveränderungen, Überschwemmungen oder so etwas. Dass es auch zoogene, also von Tieren verursachte Savannen gibt, darauf wäre ich nicht gekommen. Habe ich aber jetzt gelernt. Elefanten stoßen die Bäume um, um besser an die Blätter zu kommen oder fressen ihre Rinde und bewirken dadurch, dass sie eingehen. So kann aus einem Feuchtwald eine Feuchtsavanne entstehen. (Jaetzold, Ralph: Inside Africa. Trier: Geographische Gesellschaft Trier, o.J: 106)

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Sykamore

Im Englischen begegnet man in der Literatur immer wieder einer Baumart, für die es im Deutschen keine eindeutige Entsprechung zu geben scheint: sycamore. Es gibt das deutsche Wort Sykamore, der wissenschaftliche Begriff für bestimmte Arten von Feigen wie der Maulbeerfeige. Allerdings wird sycamore auch für ‘Ahorn’ oder ‘Platane’ gebraucht. In Wikepedia findet man deshalb unter sycamore keinen deutschen Eintrag, wohl aber den englischen zu sycamore, wenn man unter Maulbeerfeige sucht. Kompliziert. Die Maulbeerfeige ist auch der Baum, auf dem Zachäus dem vorbeiziehenden Jesus erwartet. Die Maulbeerfeige ist ein Baum, der leicht zu erklettern ist.

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Drei Jahreszeiten

Im Englischen gab es eine Periode, wo nur drei Wörter für die Jahreszeiten gebracht wurden, nicht vier. Jetzt habe ich gelesen, dass man im antiken griechischen Mythos eine ähnliche Annahme findet: Persephone, von Hades in seinem unterirdischen Reich festgehalten, wird, nach dem Ratschluss der Götter, auf Bitten ihrer Mutter, Demeter, demnächst vier Monate bei ihrem unterirdischen Ehemann und acht Monate bei ihren überirdischen Mutter verbringen. Drei Jahreszeiten? Oder sogar nur zwei? Dafür gibt es gute Gründe. Wenn wir nicht “wüssten”, dass es vier Jahreszeiten gibt, würden wir möglicherweise in unseren Breiten nur drei annehmen. Die Vierzahl scheint sprachlich vorgegeben, nicht durch die Natur.

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Sofort bezahlen!

Im russischen Reisebüro: “Cherr Schäffer, chabben Sie eine andere Familie?” Ein Satz, der Aufnahme in ein Lehrbuch zur Sprache verdient. Nicht nur wegen der Aussprache. Russisch фамилия (familia) bedeutet nicht ‘Familie’, sondern ‘Nachname’. Und es geht nicht um einen anderen Nachnamen, sondern um einen weiteren. Doppelte Interferenz. Auch kulturell eine interessante Erfahrung: Die Rechnung kam ohne Anschreiben und Anrede, mit der alle westlichen Gepflogenheiten von Höflichkeit in den Wind schlagenden Aufforderung: “Sofort bezahlen!”

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Wundersame Ortsverschiebung

Der Ort, an dem sich die wundersame Brotvermehrung ereignet haben soll, liegt am Ostufer des Sees Genezareth. Irgendwann einmal war den Pilgern der Weg zu weit und die Gegend zu gefährlich, also wurde der Ort kurzerhand an das Westufer des Sees verlegt. (Großbongardt, Annette: “Am Tisch des Herrn”, in: Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 2/2012: 252)

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