Arme Apostel

Wo waren die Apostel, als Jesus gekreuzigt wurde? Warum gibt es keinen Aufruhr, als Jesus bei Letzten Abendmahl verkündet, einer von ihnen werde ihn verraten? Es gibt keine Empörung, keinen Streit, keine Prügelei. Warum passiert Petrus nichts, als er einem Knecht des Hohepriesters bei Jesus’ Verhaftung das Ohr abhaut? Warum haben die Apostel – bis auf den Selbstmörder Judas – überhaupt überlebt, nachdem ihr Anführer erbärmlich am Kreuz gestorben war? Lauter Fragen, die jeden verstandesorientierten Bibelleser zur Verzweiflung treiben. Und warum lassen sich die Apostel, wie ein paar dumme Trottel, ständig von Jesus zurechtweisen und herumkommandieren? In der Bibel kommen sie nicht sonderlich gut weg. Bestenfalls als Stichwortgeber für Jesus. Wie muss es ihnen ergangen sein, wenn Jesus in der Bergpredigt auf die Vögel des Himmels verwies, für die “euer himmlischer Vater” sorgte, wenn sie selbst hungrig waren? Wie müssen sie sich gefühlt haben, wenn sie mal wieder von misstrauischen Dorfbewohnern verjagt wurden? Arme Apostel! (Borger, Sebastian: “Schwache, treue Seelen”, in: Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 2/2012: 189-201)

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