Die Judenchristen glaubten, mit einigem Recht, als einzige das Erbe Jesu bewahrt zu haben, aber sie wurden von der Kirche wie von der Synagoge gleichermaßen als Verirrte angesehen. Schon im 2. Jahrhundert waren Christen, die weiter nach dem Gesetz des Moses lebten, verpönt, und später war die Befolgung der Geboten des Alten Bundes den Christen sogar verboten. Dabei war Jesus im Grunde ein gesetzestreuer Jude. Der Jude Jesus wirkte unter Juden und wollte auch nur unter ihnen wirken. Er sei nur gesandt “zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel” (Mt 15.24), sagte er. Entsprechend war auch die Sendungsrede an die Jünger: “Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht in keine Stadt der Samariter” (Mt 10.5-6). Dazu passt, dass Jesus auch in der Regel keine Nichtjuden heilte, obwohl in den rabbinischen Quellen von niemandem vertreten wurde, das sei nicht erlaubt. Es gibt nur zwei Ausnahmen: Einmal, als er die geisteskranke Tochter einer Phönizierin heilte, einmal, als er den Knecht eines römischen Hauptmanns aus Kapernaum heilte. Die Worte der Phönizierin, die sich vor ihn hinwarf, beeindruckten Jesus ebenso wie die Worte des frommen Hauptmanns, der Jesus ausdrücklich nicht in sein Haus bat (“Herr, ich bin nicht würdig …”), um zu verhindern, dass Jesus durch die Berührung mit einem Nichtjuden unrein würde. Darum bat er Jesus, seinen Knecht auf Entfernung zu heilen. In beiden Fällen werden die entscheidenden Worte nicht von Jesus, sondern von einem “Heiden” gesprochen. (Flusser, David: Jesus. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 4/2006: 44-67)
Zitate
Wenn der Ungar lustig ist, muss er immer weinen.
— Hermann Leopoldi-
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