Kermani Superstar

Alle Welt schwärmt von Kermani. Und er bekommt Preise über Preise. Muss doch gut sein, dachte ich. Was für eine Enttäuschung. Jedenfalls nach Große Liebe zu urteilen. Was für ein Schmarrn! Eine selbstverliebte, inkohärente, kitschige Beschreibung der ersten Liebe, in hundert Kapiteln. Die hundert Kapitel voll zu bekommen, aber auch nicht zu übertreffen ist ständiges Anliegen des Autors. Das teilt er mit dem geplagten Leser. Der muss sich dann immer wieder die Überlegung anhören, ob es denn jetzt nicht bald Zeit werde für den ersten Kuss oder die erste Nacht. Der Inhalt ist nervtötend, aber die Sprache ist kein bisschen besser. Es werden alle Register gezogen, aber völlig willkürlich und wild durcheinander. Mal hört sich der “Roman” wie ein Auszug aus dem Protokoll einer Stadtratsstzung an, mal wie ein Jugendbuch, mal wie ein Leserbrief, mal wie ein unbeholfener Liebesroman aus der Erotikabteilung. Die Satzstellung ist oft merkwürdig gezwungen, die Ausdrucksweise künstlich obsolet, dann wieder flapsig-modern. Zitate können die Qualität der Sprache besser belegen als Argumente:

  • … den der verdiente Orientalist Fritz Meier aus Basel in einer Studie zu Baha-e Walad … erwähnt (50)
  • … nahmen jene Schüler nicht für voll, die keinen Menschen je groß geliebt (49)
  • Den Wein, den sie vor ihrem Lachanfall getrunken und den Joint, den sie gemeinsam geraucht.  (50)
  • … die ihm mit dem Kuss endgültig zuteil geworden (54)
  • … tiefer vorgedrungen als je ein Sufi, der Bücher noch schrieb (48)
  • … dass alles Suchen seither Sehnsucht nur ist (48)
  • Aus gegebenem Anlass möchte ich … (82)
  • … bedarf keines Hinweises mehr (72)
  • Weil ich eine Dröhnung aus eigener Anschauung kenne … (82)
  • … nicht den geringsten Schimmer (80),
  • … einen mordsmäßigen Aufstand machte (86)
  • … weil ich das Bändchen besorgt und nach dreißig Jahren noch einmal studiert habe (72)
  • … das Prinzip von Ying und Yang, über das ich seither eine ganze Menge las (80)
  • … nach Marihuana mehr als nur roch (80)
  • … wodurch für die Verzweiflung immer noch vierzig Seiten blieben, und schlösse ich heute … die Wegstrecke ab (40)
  • Ich kann mich auch erinnern, dass er achtgab, mit seinem Hosenschlitz nicht an den ihren zu stoßen, weil sich der Stoff schlagartig auswölbte (32)

 

 

 

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