Geburtenschwäche?

Noch nie wurden in Deutschland so wenige Kinder geboren wie 2011. Das löst allgemein Befürchtungen, manchmal Entsetzen aus. Man könnte aber auch die Frage stellen: Ist das wirklich so schlimm? Man könnte die Prognosen einfach auf den Kopf stellen und ein positives Bild malen: kleinere Klassen, mehr Wohnraum, mehr Arbeitsplätze, vielleicht sogar weniger Staus, weniger Gedränge, kürzere Schlangen. Ist das schlecht? Deutschland hatte, so weit ich weiß, noch nie so viele Einwohner wie heute, auch als es viel größer war. Müssen es noch mehr werden?

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Japanische Geldwäsche

Die saubersten Geldscheine gibt es in Australien und Neuseeland, die schmutzigsten in China. Die Oberfläche von Geldscheinen ist, entgegen unserer Wahrnehmung, nicht glatt und damit ein idealer Nistplatz für Mikroben. Besonders mögen sie es, wenn das Geld möglichst direkt am Körper getragen wird, zum Beispiel in der Hosentasche. Da ist es schön warm. Vermehren können sie sich dennoch kaum, denn die Geldscheine haben ein Manko: Sie sind trocken. Dennoch geht man in Japan auf Nummer Sicher: Die Geldscheine, die man aus dem Automaten zieht, werden vorher auf 200° erwärmt.

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Andy Becker

Der Blaue Montag, höre ich in einer Radiosendung, sei ein Geschenk des deutschen Kaisers Andy Becker. Habe ich richtig gehört? Ein deutscher Kaiser mit dem Namen Andy? Und dem Nachnamen Becker? Hießen die nicht Konrad und Heinrich und Maximilian? Und hatten gar keine richtigen Nachnamen? Lange Leitung. Erst dann merke ich, dass ich nicht richtig gehört habe.

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Mutter Erde, Vater Himmel?

In den meisten Kulturen, heißt es in einer Radiosendung, sei der Himmel männlich, die Erde weiblich. Der Himmel bringt Regen hervor, den Samen der Götter. Die mütterliche Erde, die uns beherbergt, sei die andere Seite. Kann schon sein, aber warum so weit schweifen? Man kann einfach bei der Metapher bleiben: Die Erde empfängt den Regen. Aber das nur nebenbei. Wichtiger ist die Frage: Was bedeutet ‘in den meisten Kulturen’? Wer hat die gezählt? Wie kann man das überprüfen? Und: Gibt es auch Hinweise auf die Geschlechterrollen von Himmel und Erde in Kulturen, deren Sprachen kein grammatisches Geschlecht kennen?

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Vermisst

In Deutschland werden jeden Tag 200 Kinder als vermisst gemeldet. Die meisten sind Ausreißer und bald wieder zurück. Aber nicht alle. 1,600 Kinder gelten als dauerhaft vermisst.

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Autonomer Nachvollzug

Eine Studie der Universität Bern hat ergeben, das zwei Drittel aller Schweizer Gesetze von der EU-Gesetzgebung beeinflusst sind. Die meisten Regelungen übernimmt man ohnehin, und für den Export in die EU muss sich die Schweiz an die dort geltenden Regelungen halten (80% der Schweizer Exporte gehen in die EU). Auch der Schweizer Käse muss sich daran halten. Als die Europäische Union Bulgarien und Rumänien aufnahm, rief Bern seine Bürger zu einer Volksabstimmung auf. Jeder Schweizer sollte mitentscheiden, ob die mit der EU vereinbarte Freizügigkeit auch für Bulgaren und Rumänen gelten soll. Die Stimmung in der Schweiz war damals eindeutig gegen rumänische oder bulgarische Zuwanderer. Doch dann machte die EU der Schweiz klar, dass sie darüber nicht zu entscheiden hätte. Die Verträge gälten mit der EU insgesamt, man könne nicht einzelne Länder ausnehmen. Wenn die Abstimmung ein Nein ergebe, würden alle Vereinbarungen hinfällig. Die Schweizer würden die Freizügigkeit in der gesamten EU verlieren, die Schweizer Wirtschaft den Zugang zum Binnenmarkt, die Swiss Air könnte nicht mehr so frei über EU-Länder fliegen, und viele Studenten müssten ihr Studium im Ausland abbrechen. Daraufhin stimmten die Schweizer brav für die Öffnung ihrer Grenzen für Rumänen und Bulgaren. Dennoch wird die Fiktion der nationalen Autonomie aufrechterhalten. Autonomer Nachvollzug nennt sich dieser Prozess der Übernahme der Regelungen der EU. (“Zwischen Gipfeln und Abgründen”, in: SWR 2 Radioakademie, 26/05/12)

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Bremsgefahr

Stephensons Rocket und die anderen frühen Lokomotiven hatten keine Bremse. Die Geschwindigkeit wurde reduziert, indem man Dampf abließ. (“Sieg der Dampfrakete”, in: Arte, 26/05/12)

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Joggen beim Joggen

Zufällig habe ich beim Joggen eine Radiosendung gehört, in der es um Joggen ging. Die deutsche Übersetzerin von Asterix, Gudrun Penndorf, erzählt darin, wie sie das damals neu aufkommende Wort in einem der Bände verwenden wollte, aber damit bei dem Verlag nicht durchkam. Es musste durch Frühsport machen ersetzt werden. Außerdem erzählt sie, wie auch gute Übersetzungen  immer wieder überarbeitet werden mussten, weil der Text einfach zu lang war. Deutsch ‚dauert‘ länger als Französisch, es benötigt mehr Buchstaben, und das war besonders bei den Sprechblasen ein Problem. Sie wurde also immer wieder gebeten, den Text zu kürzen. Eine schwere Aufgabe für den Übersetzer. Genauso wie die Wortspiele, die oft auf den Unregelmäßigkeiten der französischen Rechtschreibung beruhten. Im Französischen gibt es bis zu fünf Schreibweisen, mit der ein und dieselbe Lautkette wiedergegeben werden kann. Da ist es nicht genug, gut Französisch zu können. Penndorf erzählt, wie sie, junge, wenig erfahrene Übersetzerin, ihr erstes Vorstellungsgespräch bei dem französischen Verleger hatte und der gar nicht von der Übersetzung oder überhaupt von Asterix sprach, sondern über Gott und die Welt. Er wollte nur herausfinden, ob ihr Französisch gut genug war. Was er nicht überprüfte, war, ob ihr Deutsch gut genug war. Das wird meistens einfach vorausgesetzt – ein Fehlschluss.

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Wrong Road

Bei der Lektüre bin ich auf das italienische Wort freccia gestoßen, ‘Pfeil’. Auf Spanisch heißt es flecha. In dem Zusammenhang erinnerte ich mich an span. Catalina vs. deutsch Katharina und engl. Catherine und Kathleen. Bei /l/ und /r/ befinden wir uns auf rutschigem Boden, nicht nur die Japaner und Chinesen, wie der japanische Student, der mir einmal erzählte, er hätte in London ein Taxi bestiegen und verlangt, zur Wrong Road gebracht zu werden.

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Überraschungs-Cola

In einer Fernsehsendung sah ich ein Experiment von der Berliner Charité, bei dem drei Sorten Cola, Pepsi, Rivercola und Coca-Cola, zu gleichen Teilen vermischt werden, sodass eine Flüssigkeit entsteht, die keine bestimmte Marke repräsentiert. Die Cola-Mischung wird dann auf vier Kartuschen verteilt, und die Probanden werden viermal zum Probieren eingeladen, bekommen aber jedes Mal dasselbe Getränk. Bevor sie tranken, wurde jeweils das Logo einer der Marken eingeblendet: Coca-Cola, Pepsi Cola, Rivercola und eine erfundene “T-Cola”. Das Ergebnis: Alle Probanden glaubten, verschiedene Getränke bekommen zu haben. Die meisten äußerten deutliche Präferenzen für die eine oder andere Sorte, manchmal mit ganz spezifischen Angaben wie dem etwas metallischen Geschmack von Pepsi, den ein Proband wiedererkannt haben wollte. (“Der Coca-Cola-Check”, in: ARD, 07/05/2012)

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Keine Bonuspunkte

In England werden die Vorzüge der Muttermilch mit missionarischem Eifer proklamiert. Wenn man bei Boots Säuglingsnahrung kauft, gibt es keine Bonuspunkte. Und wenn man nicht stillt, bekommt man es mit den britischen Übermüttern zu tun. Was aber, wenn das Stillen zum Problem wird? Was, wenn die Mutter gute Gründe hat, nicht zu stillen? Und was, wenn sie es nicht tut, obwohl sie keine gute Gründe hat? Statt das einfach hinzunehmen, wie man das in einer zivilisierten Gesellschaft erwarten würde, wird auf diese Frauen eingedroschen. Das britische Besserwissergen lässt keine Alternative zu.

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Schlussverkauf

Früher gab es zweimal im Jahr den Schlussverkauf, mit reduzierten Preisen. Jetzt gibt es längst keinen Schlussverkauf mehr, die Rechtslage hat sich geändert. Aber unser Unterbewusstsein hat sich noch nicht auf die neue Rechtslage eingestellt. In Studien in den USA wurde herausgefunden, dass Kunden solche Produkte automatisch billiger fanden, auf denen Sale stand. Klar sind sie for sale. Wofür denn sonst? Genau wie alle anderen Artikel in dem Geschäft. Und doch lassen wir uns was vormachen. (Rohwetter, Marcus, “Das will ich haben!”, in: Die Zeit 18/2012: 21-22)

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Falschfahrer

Einer der letzten Zufluchtorte der Sprache vor den Gerechten sind die Verkehrsnachrichten. Hier gibt es nur Falschfahrer. Alle Falschfahrer sind, wenn man die Logik der Sprachpedanten anwendet, Männer.

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Nearest the Wall Takes

In a book on London I read the following description of children’s games the other day: ‘Marbles were rolled in gutters, and the paving stones were marked with chalk for a hopping game. Children made use of walls, against which ‘fag-cards’ were flicked in games such as ‘Nearest the Wall Takes’ or ‘Nearest the Wall Spins up’. (Ackroyd, Peter: London. A Biography. London, Vintage Books 2001: 647). This is exactly what we used to do as children in a provincial German city, under the name of Bostern. One wonders whether this came to us at some stage from other places or whether children all over the world invent the same kind of games, independently.

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Goldenes Handwerk

In einem der Rankings, denen man jetzt überall begegnet, erfahre ich, welches die acht häufigsten Berufe in Deutschland sind (in der Sendung irreführend als die acht beliebesten Berufe bezeichnet). Wider Erwarten interessant. Für mich steht für den klassischen Beruf immer noch ein Handwerk. Wenn ich spontan Berufe zu nennen hätte, würde ich nicht auf Fernfahrer oder Rechtsanwalt oder Krankenschwester kommen, sondern auf Schreiner, Maurer, Bäcker. Die tauchen unter den acht häufigsten Berufen aber gar nicht auf. Da stehen Metallarbeiter (430.000), Koch (584.000), Krankenpfleger (830.000), Kraftfahrer (966.000), Ingenieur (1.051.000), Lehrer (1.383.000), Verkäufer (1.480.000), Bürofachkraft (4.372.000). Kaum Handwerker, und kaum jemand, der etwas herstellt. Wir kümmern uns meistens um uns selbst als Konsument, als Patient, als Lernender oder als Akte.

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