Hautana

Was ist Hautana? Es ist die ursprünliche deutsche Bezeichnung einer jetzt 100 Jahre alten Erfindung, die in verschiedenen Ländern gleichzeitig gemacht wurde, in den USA, in Frankreich, in Deutschland, des Büstenhalters. Der bedeutete, zumindenst im wörtlichen Sinne, eine Befreiung der Frau, die Befreiung aus dem Korsett.

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Very, very important entry

Ich habe diese Woche 2 Hausarbeiten, 14 Bewerbungen für ein Austauschprogramm und 210 Essays von Modulprüfungen korrigiert. In all den Texten ist nicht einmal, nicht ein einziges Mal, das Wort important vorgekommen, ohne dass nicht gleichzeitig very vorkam. Alles ist very important. Genauso ist alles very interesting, niemals nur interesting. Das entwertet nicht nur very, sondern lässt die Texte auch unidiomatisch klingen. Ich lese gerade ein Buch über London, und habe jetzt mal, des Spaßes halber, in zwei Kapiteln darauf geachtet: Auf 16 eng bedruckten, großen Seiten kommt das Wort very keinmal vor.

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Frühlings Erwachen

Der Frühling kommt, die Tage werden länger, die Temperaturen steigen, die Bäume schlagen aus, die Vögel zwitschern, das ganze Programm. Ich kann mir nicht helfen, ich finde es wunderbar, auch wenn es noch so ein Klischee ist. Ich kann auch ausklammern, dass das Zwitschern der Vögel eine Kampfansage, keine Konzerteinlage ist. Es tut mir in der Seele gut. Am liebsten würde ich die Zeit langsamer vergehen lassen. Beim Verlassen des Hauses fällt mir heute ein Baum auf, oder ein Strauch, der mir den Gefallen tut und die Sache langsam angehen lässt, Seite für Seite. Er präsentiert den Besuchern erst einmal seine Schokoladenseite.

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Lob der Bürokratie

Im Radio höre ich ein “Lob der Bürokratie”. Wie bitte, Lob der Bürokratie? Über Bürokratie klagt man, man macht sich lustig über ihre Auswüchse und fordert Bürokratieabbau. Die Sendung beruft sich unter anderem auf Max Weber, der gesagt hat, wir hätten nur die Wahl zwischen Bürokratismus und Dilettantismus. Auf Bürokratie sei Verlass, sie garantiere, dass jeder nach den Vorschriften behandelt werde und nicht willkürlich. Die Bürokratie gebe einem das “Recht”, als Nummer behandelt zu werden. Das gibt einem zu denken. Dennoch: Ist hier nicht eigentlich der Rechtsstaat gemeint und nicht die Bürokratie? Ist die nicht ein unliebsames Anhängsel des Rechtsstaats? Ich wundere mich jedenfalls immer noch, dass ich Bescheinigungen ausstellen muss, die bestätigen, dass ein Auslandsaufenthalt in einem englischsprachigen Land gut für einen Anglistikstudenten ist.

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Chinglish

Einer Zeitungsnotiz zufolge hat die Ausländerbehörde in China einen Übersetzungsführer veröffentlich, dem so wunderbare Dinge wie das government abused chicken zum Opfer fallen sollen. Jeder Sprachliebhaber muss das bedauern. Demnächst gibt es keinen Health Check for Aliens mehr, kein chicken without sex und keine liquor saturated crabs. Schade.

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Tornister

In einem Kreuzworträtsel bin ich heute auf das Wort Tornister gestoßen. In meiner Schulzeit war es ein gängiges Wort. In den Schulbüchern stand immer Ranzen. Das klang nach ranzig. Kein Mensch gebrauchte es. Selbst unsere Eltern sagten nicht Ranzen, sondern Tornister. Unter uns Kindern sagten wir Tonneck. Erst Jahre später, als ich Tornister zum ersten Mal geschrieben sah, entdeckte ich, dass es ein <r> enthielt. Jetzt, wo ich wieder auf das Wort gestoßen bin, wollte ich wissen, was es mit diesem Wort auf sich hat. Und siehe da: Es kommt aus den slawischen Sprachen (tschech. tanystra) und bezeichnete ursprünglich einen auf dem Rücken getragenen größeren Ranzen der Soldaten (oder, einem anderen Wörterbuch zufolge) einen Hafersack für Reiter. Es hat also den Weg von der Soldatensprache in die Gemeinsprache hinter sich und den Weg von den slawischen Sprachen in den ostmitteldeutschen und von da in den weiteren deutschen Sprachraum. Natürlich hat es uns als Kinder nie gestört, dass es ein Fremdwort war. Es war uns viel näher als das fremde, einheimische Wort Ranzen.

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Schwierige Freiheit

In einer italienischen Kurzgeschichte, die ich gerade lese, hat der Protagonist, ein ehemals angesehener und vermögender Mann, der Ansehen und Vermögen verloren hat, sich darauf verlegt, Vögel zu fangen und diese zu verkaufen oder in Nahrung umzuwandeln. Ohne es zu wollen, kommt er in näheren Kontakt mit dem Dorftrottel, der ihn davon überzeugt, dass das Sünde sei und er die Vögel freilassen müsse. Nach einiger Gegenwehr lässt er sich darauf ein und entscheidet, die Vögel freizulassen. Sie gehen gemeinsam zu dem Haus, in dem die Vögel gefangen sind, im gesamten Erdgeschoss des Hauses, und ziehen an einer Kordel, die mit den Drahtnetzen der Fenster verbunden ist. Mit großen Getöse stürzen alle Drahtnetze gleichzeitig zu Boden, begleitet von den begeisterten Rufen des Dorftrottels: Los! Weg mit euch! Freiheit. Und die Vögel – bleiben sitzen. Sie sind keine Freiheit mehr gewohnt, sie wissen nicht, wie sie sie erlangen können, sie sind verschreckt, betäubt, benommen. Erst ganz langsam wagt sich einer voran und fliegt hinaus, mit einem Schrei, in dem sich Angst und Jubel mischen. Dann folgt ein anderer und noch ein anderer, und dann folgt mit großem Getöse die Menge. Ein schönes, einfaches, aber wirkungsmächtiges Bild.

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Derrick

Als ich dem Wort derrick zum ersten Mal im Englischen begegnete, kannte ich es schon – als Titel der deutschen Krimiserie. Ich dachte sofort: Da kommt das Wort bestimmt her. Aber dann war ich enttäuscht: Derrick und derrick hatten nichts miteinander zu tun. Das englische Wort bezeichnet eine Metallkonstruktion, eine Art Hebekran, wie man sie in Häfen hat. Jetzt habe ich einem dicken Buch über London gelesen, dass der Hebekran einen Vorgänger hat, eine Holzkonstruktion, eine ingeniöse Vorrichtung, wie ein Kran aussehend, die es ermöglichte, 23 zum Tode Verurteilte gleichzeitig zu hängen, ein wunderbares Beispiel für den Fortschritt der Zivilisation. Ihr Erfinder war der zweite Londoner Henker, ein Mann namens Derrick. Er wurde geradezu berühmt, und es gab einen Ausspruch (If Derrick’s cables do but hold), in dem sein Name vorkam. Der Namen der Krimiserie, vorausgesetzt, er war absichtlich gewählt, war also Programm: Derrick ist der, der die Verbrecher zur Strecke bringt!

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Zahlenspielchen der Natur

Im Gießener Mathematikum lerne ich, bekennender Mathe-Ignorant, die Fibonaci-Zahlen kennen, eine Zahlenreihe, bei der die nächste Zahl immer die Summe der beiden vorigen ist: 1 > 1 > 2 > 3 > 5 > 8 > 13 > 21 > 34 > 55 > 89 usw. Das sieht nach reiner Zahlenspielerei aus, die man interessant oder nicht finden kann. Aber dann kommt das Verblüffende: Solche Zahlenreihen kommen in der Natur vor! Bei Tannenzapfen, Gänseblümchen, Kakteen usw. Genau verstanden, wie, habe ich nicht, aber es geht bei den Tannenzapfen wohl um die Zahl der rechts- und linksdrehenden Schuppen. Wie immer die Details sein mögen, was treibt die Natur dazu, solche Zahlenspielchen zu machen? Woher weiß sie, welche die nächste Zahl ist? Welchen Vorteil kann das haben?

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Feuersignale

In einer italienischen Kurzgeschichte, die ich gerade lese, erzählt eine Frau aus der Metropole über die Zeit ihrer Verbannung in der Provinz, in den Abruzzen, in den Vierziger Jahren. Sie kann zunächst kaum zwischen Arm und Reich unterscheiden. Häuser, Menschen, Kleidung scheinen sich nicht groß zu unterscheiden. Dann merkt sie, dass es ein Unterscheidungsmerkmal gibt: das offene Feuer in den Häusern. Feuer mit Holzklötzen aus Eiche, Feuer mit Ästen und Feuer mit mühsam auf dem Weg zusammengetragenem Laub und Zweigen machen den Unterschied. (Natalia Ginzburg, “Inverno in Abruzzo”).

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Kein Gras über die Sache wachsen lassen

In der Zeitung lese ich über München, die “Hauptstadt der Bewegung”, und seine in der Vergangenheit oft halbherzigen Versuche, an seine eigene Rolle in der Nazizeit zu erinnern. Nebenher ist von zwei kleinen, aber feinen Gedenkformen die Rede: Vor der Wohnung von Georg Elser leuchtet jeden Abend eine moderne Wandskulptur kurz auf und erinnert an die Minute, in der 1939 am 8. November im Bürgerbraukeller seine Bombe losging. Und in den gepflegten Rasen des Königsplatzes schneidet ein Künstler jedes Jahr am 9. November ein Loch, um an den Scheiterhaufen zu erinnern, dem 1933 die Bücher und Zeitschriften verfemter Schriftsteller zum Opfer fielen.

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Gegenmittel

In einer italienischen Kurzgeschichte lese ich von einem Mann, der nach nicht bestandenem Examen aus Rom in die Provinz flüchtet und sich dort zu Tode langweilt. Er pflegt seine Langeweile geradezu. Eines Tages bekommt der Besuch von einem der Dorfgrößen, der überhaupt kein Verständnis dafür hat, dass er sich langweilt. Er macht ihm auf der Stelle einen Vorschlag: “Kommen Sie doch heute Abend zu mir. Dann können wir Dame spielen.”

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Bartlos

In einem Buch über London lese ich von einem der vielen Londoner Originale, einem Arzt, der ein Pony mit bemalten Flanken besaß und den einbalsamierten Leichnam seiner verstorbene Ehefrau in der Stube seines Hauses hielt. Er weckte auch allgemeines Aufsehen dadurch, dass er teetotaller – Abstinenzler – war.  So etwas muss zu der Zeit, am Ende des 18. Jahrhunderts, ziemlich exzentrisch gewirkt haben. Noch mehr interessiert mich aber ein anderer Grund, der ihn als Sonderling auszeichnete: Er ließ sich einen Bart wachsen! Das muss “so was von unmodisch” gewesen sein. In der nächsten Generation änderte sich dann das Blatt, und im 19. Jahrhundert trug man einfach einen Bart. Man denke nur an die drei big shots, Darwin, Marx, Freud, alles Bartträger. Vielleicht war der Londoner Arzt ja der Begründer einer langen Tradition.

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Akademische Saufbrüder

In einer Zeitungsnotiz lese ich, dass Akademiker mehr trinken als Nichtakademiker. Alkohol, versteht sich. Das gibt mir zu denken. In meiner nicht ganz vorurteilsfreien Welt war es bisher immer der Malocher auf der Fernsehcouch der Prototyp des Trinkers, gefolgt von Kegelbrüdern und Schützenbrüdern und Stammtischlern. Aber nein, wir piekfeinen Akademiker sind die wahren Trunkenbolde. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Mehr Geld? Mehr Gelegenheit? Mehr Zeit? Oder animieren wir uns öfter gegenseitig, einem mitzutrinken? Oder ist die Studentenzeit einfach die richtige Lehrzeit gewesen?

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Frühe Druckerkunst

Der Diskos aus dem Palast in Phaistos auf Kreta ist das älteste Druckwerk der Welt. Die Hieroglyphen wurden mit Stempeln in den weichen Ton gedrückt. Der Schreiber hatte für jeden Buchstaben einen eigenen Stempel. Der Text ist bis heute nicht entziffert. (Haarmann, Harald: Geschichte der Schrift. München: Beck, 2002: 25-6)

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