Schwierige Freiheit

In einer italienischen Kurzgeschichte, die ich gerade lese, hat der Protagonist, ein ehemals angesehener und vermögender Mann, der Ansehen und Vermögen verloren hat, sich darauf verlegt, Vögel zu fangen und diese zu verkaufen oder in Nahrung umzuwandeln. Ohne es zu wollen, kommt er in näheren Kontakt mit dem Dorftrottel, der ihn davon überzeugt, dass das Sünde sei und er die Vögel freilassen müsse. Nach einiger Gegenwehr lässt er sich darauf ein und entscheidet, die Vögel freizulassen. Sie gehen gemeinsam zu dem Haus, in dem die Vögel gefangen sind, im gesamten Erdgeschoss des Hauses, und ziehen an einer Kordel, die mit den Drahtnetzen der Fenster verbunden ist. Mit großen Getöse stürzen alle Drahtnetze gleichzeitig zu Boden, begleitet von den begeisterten Rufen des Dorftrottels: Los! Weg mit euch! Freiheit. Und die Vögel – bleiben sitzen. Sie sind keine Freiheit mehr gewohnt, sie wissen nicht, wie sie sie erlangen können, sie sind verschreckt, betäubt, benommen. Erst ganz langsam wagt sich einer voran und fliegt hinaus, mit einem Schrei, in dem sich Angst und Jubel mischen. Dann folgt ein anderer und noch ein anderer, und dann folgt mit großem Getöse die Menge. Ein schönes, einfaches, aber wirkungsmächtiges Bild.

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