Zeigt her eure Knie

Nicht alle Menschen haben sie: die Fabella. Es handelt sich um ein kleines, rundes Knöchelchen in der Kniekehle. Immer mehr Menschen, heißt es, besäßen heute eine Fabella. Das legt eine Untersuchung aus dem Jahr 2019 nahe. Die untersuchte Studien aus den letzten 150 Jahren und sah, dass in denen immer häufiger von der Fabella die Rede war. Aber, wie so oft in der Forschung, werden Ergebnisse, besonders wenn sie Aufmerksamkeit erregen, weil sie verblüffend sind, falsch dargestellt. Wenn in den untersuchten Studien vermehrt von der Fabella die Rede ist, heißt das noch nicht, dass mehr Menschen eine Fabella haben. Es kann einfach sein, dass sie mehr Beachtung gefunden hat. Das verschweigt die Studie (oder erwähnt es nur ganz am Rande). Und das führt zu falschen Schlussfolgerungen. Was den ästhetischen Reiz des Knies angeht, hatte Coco Chanel eine besonders dezidierte Meinung: Nicht eine von hundert Frauen habe ein schönes Knie, befand sie. Nicht schwer zu erraten, wie sie zum Minirock stand. (Rezec, Oliver: “Das große Osterrätsel ist gelöst”, in: Süddeutsche Zeitung 96/2020: 57)

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Gesundschrumpfen?

Als das Weströmische Reich unterging, blieb das Oströmische Reich bestehen. Und nicht nur das. Es verstand sich als einzige Großmacht, höchstens von Persien in seiner Hegemonie bedrängt. Zu dem Reich gehörten im Jahre 600 noch Antiochia, Karthago, Alexandria und auch Rom selbst, sowie sämtliche Mittelmeerinseln! Und Konstantinopel selbst war eine prächtige Stadt mit Hunderttausenden von Einwohnern. 200 Jahre später sah das ganz anders aus. Das Reich war auf ein Viertel seines ehemaligen Territoriums zusammengeschrumpft, reduziert auf Griechenland, Kleinasien und Süditalien. Doch gerade das war seine Rettung. Aus einem unregierbaren Reich wurde ein viel kleineres, homogeneres Staatswesen geworden, mit einem höchst effizienten System der Verteidigung und einer überschaubaren Verwaltung. Dieses System hielt sich noch Jahrhunderte. (Käppner, Joachim: “Betet, meine Kinder”, in: Süddeutsche Zeitung 96/2020: 51)

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Yid

Yid is a word used to refer to supporters of Tottenham Hotspur because many of their supporters are (believed to be) Jewish. The word has an entry in the OED and a variegated history. Yid war originally a Jiddish word used by Jews to refer to themselves. A neutral word. From the 1930s onwards, it began to gain negative connotations and was used by non-Jews to refer to Jews, in a derogatory way. This is, at least approximately, the way it is used by supporters of other football clubs to refer to the Spurs supporters (though one could argue that the racial undertones are not relevant here). It has become a nickname, as the OED calls it. And, as has happended to other words in recent decades, it has now been reclaimed by its former victims. In a response to the hostile word used by supporters of other clubs, Spurs supporters (some of them) have begun to use it themselves, thus allieviating the word of its charge. In a recent survey amongst Spurs supporters, 33% of respondent said they used the word regularly, though almost half of them said the word should be used less or not at all. Amongst Jewish Spurs supporters, 16% said the word should be used less, 26% said that it should be used not at all, but 58% said they did not object at all to the use of the word. The fact that the word was included in the OED spurred a lot of protest, a protest which is based on false assumptions about dictionaries (and probably language). The headline of the Guardian article says it all. (Murphy, Lynne: “The point of dictionaries is to describe how language is used, not to police it”. The Guardian: https://www.theguardian.com/commentisfree/2020/feb/17/dictionaries-language-tottenham-hotspur-oed-y-word-definition (accessed 24/04/2020)

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Biber miber

Im Türkischen kann man die Form falan filan einem Substantiv hinzufügen, wenn noch andere Dinge dazugehören, man diese aber nicht ganz genau benennen kann. Das bedeutet so etwas wie ‘und dergleichen’, ‘solche Sachen’, ‘so ein Zeug’, ‘und so weiter’. Wenn man Salat und so ein Zeug noch besorgen will, spricht man von salata falan filan. Man kann sich auch mit einer der beiden Formen begnügen, aber dann hat man keine freie Auswahl. Die richtet sich nach der türkischen Vokalharmonie. Es muss also salata falan heißen, aber, wenn es sich um Paprika handelt, biber filan. Auch für Personen (und deren Anhang) kann man das benutzen: Merve filan, ‘Merve und so’. Es gibt noch eine weitere Form, dasselbe auszudrücken, und zwar durch eine Reimdoppelung. Dabei wird das Wort wiederholt, bekommt aber im Anlaut ein /m/. So kann man von domates momates sprechen oder von biber miber.

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Simple, pero no fácil

Im Libanon lässt sich alles erklären und nichts verstehen. Schöne Formulierung, in einem Zeitschriftenartikel gefunden. Der (scheinbare) Widerspruch von erklären und verstehen bringt eine Spannung in den Satz, die ihn von einer alltäglichen Formulierung unterscheidet. Ähnlich in einer Radiosendung, in der im Zusammenhang mit Apollo 13 von erfolgreichem Scheitern die Rede war- successful failure. Oder in einem Rezept für die spanische Fabada im Internet. Da heißt es, eine Fabada zu machen, sei einfach aber nicht leicht – simple, pero no fácil.

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Monduntergang

Bei Vollmond gepflückte Äpfel verrotten schneller als die zu anderen Zeiten gepfückten, bei Vollmond gefälltes Holz ist besser als das zu anderen Zeiten gefällte. Immer wieder hört man diese Behauptungen. Im Fernsehen werden zwei Experimente gezeigt – sehr einfach bei den Äpfeln, aufwändig beim Holz – die beides überzeugend widerlegen. Aber dann kommt eine wissenschaftliche Studie, die belegt, dass man bei Vollmond schlechter schläft. Seit Jahren mache ich mir keine Freunde, wenn ich das als Unsinn bezeichne. Aber jetzt kommen Wissenschaftler und belegen diese These. Und sind selbst überrascht von dem Ergebnis. Sie hätten sich die Daten immer wieder angesehen, aber es gebe kein Vertun: Bei Vollmond waren die Probanden fünf Minuten später eingeschlafen, fünf Minuten eher aufgewacht und hatten um 30% kürzere Tiefschlafphasen gehabt. Doch dann sieht ein anderer Wissenschaftler sich die Ergebnisse an und stellt fest: Bei den Vollmond-Probanden war das Durchschnittalter viel höher als bei den anderen. Und alte Menschen schlafen eher etwas schlechter (meines Erachtens deshalb, weil sie tagsüber, oft ohne es zu merken, schon mal ein Nickerchen machen). Wieder das alte Lied: Es gab eine Korrelation zwischen zwei Faktoren, keinen Kausalzusammenhang! Der kritische Wissenschaftler führte dann ein eigenes Experiment durch, mit 200 Probanden und viel mehr Schlafstunden als bei dem ursprünglichen Experiment. Und einer ähnlichen Altersstruktur bei beiden Gruppen. Ergebnis: kein Unterschied! Der Mythos wird sich trotzdem halten. Was sind schon Fakten gegen die eigenen Erfahrung, gegen die eigene Wahrnehmung, gegen die eigene Überzeugung? Ich werde mir weiterhin keine Freunde machen, wenn die Rede auf das Thema kommt. Es sei denn, ich halte die Klappe.

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Schaltstelle 23

Der Mensch hat 23 Chromosomenpaare in seinem Erbgut. Und auf das 23. kommt es an, wenn es um das Geschlecht geht. Man hat zwei X-Chromosomen oder ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom. Zwei X-Chromosome zu haben ist ein Vorteil: Gibt es in einem Chromosom in einem Gen einen Defekt, kann der durch das andere ausgeglichen werden. Bei Säugetieren, und eben auch beim Menschen, haben die Weibchen zwei X-Chromosome. Das bedeutet auch eine längere Lebenserwartung: Frauen leben weltweit etwas viereinhalb Jahre länger als Männer. Auch bei anderen Tieren ist das der Fall. Extreme Beispiele sind die Deutsche Schabe und die Breitfuß-Beutelmaus. Weibliche Schaben leben ca. 200 Tage, männliche nur ca. 25 Tage, bei den Mäusen sterben die Männchen nach ca. elf Monaten, die Weibchen werden bis zu drei Jahre alt. Es gibt aber auch Tiere, bei denen die Männchen zwei X-Chromosome haben. Dazu zählen Vögel und Schmetterlinge. Hier hat das Männchen eine längere Lebenserwartung, aber ihr Vorteil an Lebenszeit ist geringer. Er liegt nur bei ca. 7%. Das 23. Chromosom erklärt also nicht alles, auch die unterschiedliche Lebenserwartung bei den Menschen nicht. Eine weitere Rolle spielt der Lebensstil. Frauen gehen weniger Risiken ein, trinken weniger Alkohol, ernähren sich vernünftiger. Aber auch die Selektion spielt eine Rolle. Männer verbrauchen viel mehr Energie im Kampf um eine Partnerin. Der zehrt an den Kraftreserven. Und geht auf die Gesundheit. (Regel, Nadine: “Doppelt hält besser”, in: Süddeutsche Zeitung 63/2020: 23)

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Mythenmacher Wissenschaftler

Affirmative citation bias – ein etwas sperriger Begriff, aber was er bezeichnet, ist wichtig. Der Begriff wurde geprägt von einem norwegischen Philosophen aus Lillehammer, Kåre Letrud. Es geht, vereinfacht gesagt, um die Wissenschaftsgläubigkeit der Wissenschaft. Wissenschaftler neigen dazu, an etablierten Erkenntnissen festzuhalten. Der Aufhänger für Letruds These ist die Literatur zum Hawthorne-Effekt. Es gab drei Studien, die die Stichhaltigkeit der Untersuchungen zum Hawthorne-Effekt in Zweifel zogen. Die Datenlage war einfach nicht solide genug. Diese Studien wurden wiederum zitiert von anderen Wissenschaftler, aber als Bestätigung des Hawthorne-Effekts! Obwohl sie gerade das Gegenteil aussagten! Eine der Studien wurde insgesamt 196 mal zitiert, dabei 155 mal falsch, als Bestätigung des Hawthorne-Effekts. Wie kommt das? Haben die Wissenschaftler die Studien falsch verstanden? Oder erst gar nicht gelesen? Und gedacht, ach, da ist vom Hawthorne-Effekt die Rede, also kann ich die Autoren als Gewährsleute für den Hawthorne-Effekt zitieren. Oder haben sie die Studien gelesen, waren aber so sehr auf eine positive Bewertung des Hawthorne-Effekts gepolt, dass sie ihre Vor-Urteil in den Text hineingelesen haben? Wie dem auch sei, nicht nur Laien, auch Wissenschaftler sind offensichtlich beteiligt an der Verbreitung wissenschaftlicher Mythen. Letrud geht es hierbei nicht so sehr um den Hawthorne-Effekt selbst als um die Rezeption der Literatur zum Hawthorne-Effekt innerhalb der Wissenschaft. Der Hawthorne-Effekt selbst ist davon nicht unbedingt betroffen. Er ist benannt nach der Hawthorne-Fabrik in Cicero, Illinois. Dort wurde in den Zwanziger Jahren untersucht, ob die Lichtverhältnisse Auswirkungen auf die Arbeitsleistung hatte. Es stellte sich heraus: Die Arbeitsleistung stieg bei verbesserten Lichtverhältnissen. Aber: Die Arbeitsleistung stieg auch bei der Kontrollgruppe, bei denen die Lichtverhältnisse dieselben wie vorher waren. Und: Als man in der Experimentalgruppe zu den alten Lichtverhältnissen zurückkehrte, blieb die Arbeitsleistung weiterhin erhöht. Schlussfolgerung: Die Arbeitsleistung stieg nicht aufgrund der verbesserten Lichtverhältnisse, sondern durch die Präsenz der Forscher und weil die Arbeiter wussten, dass sie Teil eines Experiments waren. Das erhöhte ihre Motivation. Menschen, und das ist ein großes Dilemma für solche Untersuchungen, verändern ihr Verhalten, wenn sie wissen, dass sie beobachtet werden. “Mythen der Wissenschaft” in: Forschung aktuell: Deutschlandfunk: 10/02/2020

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Engagement überflüssig

Deutsche Soldaten sind heute – nach dem Krieg lange Zeit undenkbar – an zahlreichen Auslandseinsätzen beteiligt, u.a. in der Westsahara, in Mali, am Horn von Afrika, in Jemen, im Sudan, im Südsudan, in Afghanistan und im Kosovo. Die Stimmen werden, in Deutschland und außerhalb von Deutschland, immer lauter, die mehr “Engagement” von Deutschland fordern. Aber die Erfahrungen der großen militärischen Aktionen der letzten Jahrzehnte spricht dagegen. Mit militärischen Mitteln waren die Ziele nicht zu erreichen, auf einen schnellen Sieg folgte anhaltendes Chaos, was als überschaubare Mission begann, endete in jahrelangen blutigen Auseinandersetzungen. Nach dem Sturz Gaddafis herrschen in Libyen bis heute katastrophale Zustände, ebenso wie im Irak nach dem Sturz Saddam Husseins; der Angriff auf den Irak 2003 war ein verlogen begründeter Angriffskrieg, die Massenvernichtungsmittel, die den Krieg legitimieren sollten, wurden nie gefunden; die Begründung, der Krieg in Afghanistan dämme den Terrorismus ein und erhöhe die deutsche Sicherheit, war ein taktisches Konstrukt, die Wirklichkeit hat diese Behauptung Lügen gestraft; humanitär begründete Bombenangriffe fordern zivile Opfer, die als “Kollateralschäden” verbucht werden. Im Nachhinein wird noch deutlicher, was von Anfang an klar war: Die Entscheidungen, sich nicht zu beteiligen, waren richtig, die Entscheidungen, sich zu beteiligen, waren falsch:

  • 1990: Helmut Kohl kauft sich mit horrender Summe von der Beteiligung am ersten Irak-Krieg frei
  • 1999: Gerhard Schröder entscheidet sich für eine militärische Intervention im Kosovo, einem Krieg ohne UN-Mandat
  • 2001: Gerhard Schröder entscheidet sich für die Teilnahme Deutschlands am Krieg in Afghanistan
  • 2003: Gerhard Schröder verweigert die Teilnahme am Krieg gegen Saddam Hussein, misstraut der amerikanischen Begründung für den Krieg von Anfang an
  • 2011: Angela Merkel verweigert deutsche Beteiligung am NATO-Einsatz in Libyen

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Gibt es im Deutschen nicht

Sahra Wagenknecht wurde als Sarah Wagenknecht geboren. Oder zumindest unter diesem Namen ins offizielle Geburtenregister eingetragen. Ihre Mutter hätte, wegen des iranischen Vaters, die persische Form Sahra bevorzugt, aber eine couragierte Hebamme wusste das zu verhindern, mit dem Argument, das gebe es im Deutschen nicht. Sarah Wagenknecht benutzte aber die persische Form ihr Leben lang, auch an Schule und Universität. Das ging immer glatt. Bis sie ein Mandat im Europaparlament erhielt. Da wurde die doppelte Namensführung zum Problem. Was Sarah Wagenknecht zum Anlass nahm, eine Namensänderung zu beantragen. So wurde aus Sarah Wagenknecht doch noch Sahra Wagenknecht.

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Nachtschwärmer

Im 17. Jahrhundert wurde die Nacht, die bis dahin terra incognita gewesen war, durch die verbesserten Formen der Beleuchtung, neu erschlossen. Die Straßenbeleuchtung wurde heller und kontrollierbar, die Festbeleuchtung heller und glanzvoller. In den europäischen Metropolen bildete sich das Nachtleben heraus. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren die Feste noch bei Tageslicht gefeiert worden. Das änderte sich jetzt. Parallel dazu ergab sich eine Verschiebug des Tagesablaufs nach hinten. Man kann diese Zeitenverschiebung am deutlichsten an den Mahlzeiten ablesen. In einer französischen Sittenschilderung von 1801 heißt es, die Franzosen hätten vor 200 Jahren ihre Hauptmahlzeit noch um 12 Uhr eingenommen. Heute, heißt es, speisten der Handwerker um 2 Uhr, der Kaufmann um 3 Uhr, der Angestellte um 4 Uhr, der Unternehmer um 5 Uhr, der Minister um 6 Uhr. Die unterschiedlichen Tagesabläufe entwickelten sich also entlang einer sozialen Skala. Je später der Tag begonnen wurde, umso höher der soziale Rang. Früh aufstehen, früh zur Arbeit zu gehen, früh zu Bett gehen wird zu einem Erkennungszeichen der einfachen Leute. Der späte Tagesablauf war ein Privileg der Bessergestellten, und so wie sich der Adel durch spätere Zeiten vom Bürgertum absetzte, so setzte sich das Bürgertum durch spätere Zeiten von den Kleinbürgern und Handwerkern ab. Der Adel ging am Abend ins Theater oder in die Oper. Dann folgten das Soupée. der Spielsalon, der Ball oder das Bordell. Gegen drei Uhr morgens begegneten die Nachtschwärmer auf dem Heimweg den Frühaufstehern, die auf dem Weg zur Arbeit waren. (Schivelbusch, Wolfgang: Lichtblicke. Zur Geschichte der künstlichen Helligkeit im 19. Jahrhundert. Frankfurt am Main: Fischer, 2004: 133-137)

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Religiöse Alphabetisierung

In einer Realschule im südlichen Münsterland gibt es konfessionsübergreifenden Religionsunterricht. Er wird abwechselnd von katholischen und von protestantischen Lehrern unterrichtet. Um das zuwege zu bringen, bedurfte es eines eigenen Vertrags zwischen dem Kultusministerium, der evangelischen Landeskirche und den katholischen Bistümern. Auch konfessionslose und muslimische Schüler können an dem Religionsunterricht teilnehmen. Dabei gilt es, Ängste zu überwinden. Ein muslimischer Schüler glaubte, die Bibel nicht anfassen zu dürfen, weil es nicht das Heilige Buch war. Der Schulleiter sieht den konfessionsübergreifenden Unterricht als “religiöse Alphabetisierung”. Viele der Schüler wissen nicht, welcher Konfession sie angehören oder ob sie getauft sind. Eine Schülerin äußert sich positiv über den Unterricht. Dort lerne man was über die Religion, zum Beispiel “über das Evangelium und das … Katholium”.

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Die Milch macht’s

Der höchste Energiebedarf beim Konsum von Tee ergibt sich ganz am Ende, beim Kochen des Wassers. Dieser Vorgang fällt mehr ins Gewicht als der Anbau und die Verarbeitung des Tees. Und der Transport spielt die geringste Rolle. Dessen Bedeutung wird häufig überschätzt. Der Transport erfolgt meistens per Schiff, in großen Containern, und auf die Menge Tee bezogen macht das wenig aus. Das gilt auch für konventionell hergestellten Tee. Loser Tee ist besser als Beuteltee, aber die Unterschiede sind nicht groß. Was aber richtig reinhaut, ist die Milch. Deren Herstellung verbraucht rund fünf mal so viele Ressourcen wie der Tee selbst. Selbst wenn es nur ein kleiner Schuss Milch ist. (“Tee oder Kaffee? Was ist besser für Umwelt und Klima?”, in: Umwelt und Verbraucher, Deutschlandfunk: 30/10/2019)

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Ein echter Liberaler?

Klar ist: Vargas Llosa liebt die Kontroverse, nichts läge ihm ferner als ein unreflektiertes Abnicken der Thesen anderer. Und das war wohl auch einer der Hauptgründe, warum er schließlich zum Liberalismus fand – denn für einen echten Liberalen, so Vargas Llosa, gebe es eben keine unumstößlichen Wahrheiten: „Ein Liberaler ist sich bewusst, dass wir nicht alle Lösungen kennen und dass nicht sicher ist, ob unsere Antworten immer die besten und richtigsten sind, nicht einmal, dass sich überhaupt Antworten finden lassen auf all die Fragen, die wir uns zu so vielen unterschiedlichen Dingen stellen. […] Ein Liberaler ist ‚in mancher Hinsicht im Grunde ein Skeptiker‘, einer, der selbst jene Wahrheiten, die ihm am teuersten sind, als vorläufig ansieht. Eben diese Skepsis in Bezug auf das Eigene erlaubt ihm, sich gegenüber anderen Überzeugungen und Anschauungen tolerant und versöhnlich zu zeigen, sosehr sie auch von den eigenen abweichen.“

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Die vier Ks

An die digitalen Medien knüpft sich die Hoffnung auf eine wahre Bildungsrevolution. Und so wird viel Geld in die Anschaffung von Technik gesteckt. Die digitalen Medien sollen Kreativität, kritisches Denken, Kollaboration und Kommunikation fördern, die 4 Ks. Aber ob sie das tun, dafür fehlt jede empirische Basis. Und auch das bildungstheoretische Fundament (sie gelten für den Papst ebenso wie für einen Mafiaboss). Entscheidend ist: Ein schlechter Unterricht wird durch die digitalen Mittel nicht besser. Worauf es letztlich ankommt, ist die Qualität des Unterrichts, das Verhältnis von Lehrer und Schüler, die Form der Präsentation der Inhalte, der Umgang mit Fehlern, der Platz für selbständiges Denken, das Schaffen von Neugier, ein Niveau, das Schüler nicht überfordert (oder unterfordert). Alles andere sind letztlich Nebensächlichkeiten: die Gestaltung der Klassenräume, der Zeitpunkt der Einschulung, der Zeitpunkt des Unterrichtsbeginns, die Sitzordnung im Klassenraum usw. In der Abschlussklasse jeder Schulform besteht, so hat die Forschung festgestellt, kein signifikanter Zusammenhang zwischen Einschulungsalter und Notendurchschnitt. Und doch beherrschen diese Fragen die öffentliche Diskussion. Entscheidend aber ist: Was Kinder und Jugendliche lernen, muss so vermittelt werden, dass es ihnen etwas bedeutet. Mit oder ohne digitale Medien. (Zierer, Klaus: “Nicht ablenken lassen!”, in: Die Zeit 30/2019: 58)

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