Grammatik im Eimer!

In einem Zeitungsartikel wird erklärt, wie es zu der Entwicklung von Dogecoin kam. Bei der Gelegenheit lerne ich dann auch gleich, was Meme sind. Dogecoin war eigentlich als Parodie auf Bitcoin gedacht, einer Internetwährung, die als Heilmittel gegen die Währungskaprizen in der realen Welt lanciert wurde (und Erfolg hatte). Ohne es zu wollen, wurde dann Dogecoin auch zu einem Erfolg. Was als Scherz gedacht war, wurde ernst. Dogecoin wird mit dem Mem Doge verbunden. Ein Mem ist ein Bild, das kopiert und leicht abgeändert weiterverbreitet werden kann, im Falle von Dogecoin ein Hund, dem Satzfetzen wie Wow such sad oder Many money in den Mund gelegt werden. In dem Artikel heißt es, das lasse auf den “etwas beschränkten englischen Wortschatz des Hundes” schließen. Das trifft aber die Sache nicht. Es ist nicht der beschränkte Wortschatz, sondern die defekte Grammatik, die solche nicht dem Standard entsprechende Äußerungen zutage bringt. Wenn man such durch so ersetzt und many durch much, erhält man völlig akzeptable englischen Satzglieder, auch mit geringem Wortschatz. (Shaller, Caspar: “‘Many Money’ macht ernst”, in: Die Zeit 4/2014: 57)

Posted in Gesellschaft, Grammatik, Sprache | Tagged , , , , | Leave a comment

Vivaldis arabische Musik

In einer Radiosendung erfahre ich, dass man in Europa die sogenannte gleichstufige Tonleiter benutzt. Das war nicht immer so. Noch bis ins 18. Jahrhundert benutzte man die pythagoräische Tonleiter des alten Griechenlands. Die Abstände sind dabei kleiner. Und das ist die Tonleiter, die man bis heute in der arabischen Musik benutzt. Hätte Vivaldi im Original für uns arabisch geklungen? (Siebert, David: „Ägypten. Eine Stimme der Revolution“, in: Profil. Deutschlandradio Kultur: 04/02/2014)

Posted in Musik | Tagged , | Leave a comment

Vorsprung verspielt

Wenn man in Hongkong junge Leute auf der Straße auf Englisch anspricht, hat man oft keinen Erfolg. Bei den älteren sieht das anders aus. Das britische Erbe ist in Hongkong noch überall anzutreffen: Straßennamen, Rechtssystem, Linksverkehr. Aber das sprachliche Erbe schwindet. Laut einem internationalen Ranking (Education First) befindet sich Hongkong mit seinen Englischkenntnissen nur noch im Mittelfeld, hinter Indien, Tschechien und Argentinien. Englisch ist weiterhin eine der zwei Amtssprachen Hongkongs, neben Chinesisch, und zwar dem kantonesischen Chinesisch. Bis 1997, bis zur Rückgabe der Kronkolonie an China, erfolgte der Schulunterricht in der Regel auf Englisch. Seitdem wird in der Regel auf Kantonesisch unterrichtet. Die chinesischen Nationalisten wandten sich gegen die Sprache der Kolonialherren. Das war ein Missverständnis, denn Englisch hatte längst seinen Status verändert und war nicht mehr die Sprache der Kolonialmacht, sondern längst internationale Verkehrssprache. Parallel zum Verfall des Englischen gewinnt die Hochsprache des chinesischen Festlands, Mandarin, immer mehr an Boden, durch Zuwanderung und Tourismus. Hongkong verspielt seinen Vorsprung, das historische Geschenk der Englischsprachigkeit. Das Gegenstück zu Hongkong ist Singapur, das früher oft mit Hongkong verglichen wurde, auch, was die Englischkenntnisse angeht. Da liegt Singapur, wo Englisch seit 20 Jahren gefördert wird, heute weit vor Hongkong. Außerdem holt jetzt das chinesische Festland, wo Englisch auch sehr gefördert wird, in Sachen Englisch auf. (Rimmele, Markus: „‘No comment‘ in der Ex-Kronkolonie: Hongkong verliert sein Englisch“, in: Deutschlandradio Kultur: 06/02/2014)

 

 

Posted in Gesellschaft, Sprache, Sprachwahl | Tagged , , , , , , | Leave a comment

Neue Zeit

Gleich am Anfang von Čechovs Kirschgarten fragt Lopachin, der Kaufmann: “Wie spät ist es?” Man überliest das leicht. Jedenfalls ging es mir so. Ich wurde auch nicht hellhörig, nachdem Lopachin diese Frage später noch mehrmals stellt. Erst durch das Nachwort wurde ich darauf aufmerksam. Für Lopachin, den Aufsteiger, den Kaufmann, den Pragmatiker, den Vertreter der neuen Zeit, ist die Uhrzeit wichtig, wichtiger als für die Gutsbesitzerin und ihre Familie, die Vertreter der alten Zeit, dem Landadel, der sich Muße und Langeweile widmen kann, ohne auf die Uhrzeit achten zu müssen. Diese Frage nach der Uhrzeit ist eins von den vielen versteckten Symbolen des Stücks: der Schlüssel, der an Warjas Gürtel hängt (die Macherin, die den Laden am Laufen hält), der Kaffee, den die Gutsbesitzerin ständig trinkt (westliche Gewohnheit, Ruhelosigkeit), die leere Bühne, die der alte Diener Firs betritt (Vereinsamung, Ausgeschlossensein), das imaginäre Billardspiel Gaews (Spielcharakter, Herumgestoßenwerden im Leben), die Zauberstücke Čarlottas (Versuch, der Banalität des Lebens zu entkommen). Und natürlich der Kirschgarten selbst, der für Schönheit und Vergangenheit steht. (Schriek, Wolfgang: “Nachwort”, in: Чехов Антон: Вишнёвый сад. Čechov, Anton: Der Kirschgarten. Stuttgart: Reclam, 2011: 118-127)

Posted in Literatur | Tagged , , , , , , | Leave a comment

Asian competitiveness

In language teaching classes, German students tend to see that it makes sense to use different form of correction such as teacher-correction, peer-correction or self-correction. Of the three, peer-correction tends to be the less popular. A Korean student, during an oral exam, made reference to this distinction and immediately said what her preference was: peer-correction. This, she said, was “competitive”. I could not help thinking of this is terms of cultural prejudice. On the other hand, there was one thing where the Korean student coincided with her German counterparts: the belief that correction is useful and necessary. Although the point of the lecture was that it is usually neither. One does not necessarily learn by being corrected and one does not mainly learn by being corrected. This insight is not apt to undermine cherished beliefs about language learning.

 

Posted in Fremdsprache, Irrtümer, Sprache | Tagged , , | Leave a comment

Das Böse in der Tierwelt?

Gibt es das Böse auch in der Tierwelt? Es wird immer wieder gesagt, Tiere hätten keine Moralvorstellungen und dürften deshalb auch nicht an menschlichen Moralvorstellungen gemessen werden. Was sie täten, sei instinktgeleitet und deshalb natürlich. Das muss man sich schon in Erinnerung rufen, wenn man gewisse Szenen aus der Tierwelt vor Augen geführt bekommt, wie ich jetzt bei der Rezension eines Buches über Insekten. Dabei ging es darum, wie Schlupfwespen die Nahrung für ihre Jungen sicherstellen: Sie nehmen sich eine vollsaftige Made vor und setzen durch punktgenaue Stiche in jedes Segment der Made deren Bewegungsapparat außer Kraft. Dann platzieren sie neben die Made die eigenen Eier, so dass die ausschlüpfenden Larven leckere Frischkost vorfinden. Die Kleinen fressen dann also die lebendige, schmerzempfindliche, aber bewegungsunfähige Made bei lebendigem Leib, und zwar die lebenswichtigen Organe zuletzt. (Schneider, Wolfgang: „Kampfgrillen und Bienentänze“. Rezension von Hugh Raffles‘ Insektopädie, in: Sachbuch, Deutschlandradio Kultur: 06/02/2014)

 

Posted in Natur, Philosophie | Tagged , , , , , | Leave a comment

Dumme Kuh?

Im Altertum konnte man den eigenen Kindern die Namen von Tieren geben. Das ist bei uns verloren gegangen. Im Gegenteil benutzen wir die Tiernamen eher als Schimpfwörter: Esel, Kuh, Schaf, Ziege. Im jüdischen Altertum hießen die Kinder dagegen Rebecca, ‚Kuh‘, Jona, ‚Vogel‘, Rachel, ‚Mutterschaf‘, Deborah, ‚Biene‘ usw. Dadurch brachte man die Nähe zu den Tieren und deren Wertschätzung zum Ausdruck. Heute werden Haustieren eher die Namen von Menschen gegeben, Ausdruck der übertriebenen Liebe, die den Haustieren entgegengebracht wird, im Gegensatz zu den Nutztieren, zu denen man ein distanziertes Verhältnis hat. Auf das Paradox, dass der Mensch zu seinen Haustieren eine emotionale Beziehung hat, zu den Nutztieren aber nicht, hatte schon Horkheimer aufmerksam gemacht. (“Bruder Esel, Schwester Schlange. Das Christentum und die Tiere”, in: Forum, SWR2: 31/01/2014)

 

 

Posted in Eigennamen, Gesellschaft, Sprache, Sprachgebrauch, Sprachvergleich | Tagged , , , , , | Leave a comment

Kausalzusammenhang

Zu den Sachen, die ich in der Schule gehört habe und die ich lange Zeit nicht verstanden habe, gehört der Ausbruch des 1. Weltkriegs: Im bosnischen Sarajewo, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte, wird ein Mitglied der österreichischen Herrscherfamilie erschossen. Deshalb marschiert Deutschland ein paar Wochen später in Belgien und Frankreich ein. Seien wir ehrlich. Wer so etwas liest, denkt sich doch erst einmal: „Häh?“ (Auszug aus Nikolaus Nützels Roman Mein Opa, sein Holzbein und der Große Krieg)

 

Posted in Geschichte | Tagged , , , , | Leave a comment

Endzeiterwartung hier

Die Zeitgenossen Jesu hofften auf Befreiung und Erlösung, in ganz unterschiedlicher Weise. Sie hofften auf die Wiederherstellung der staatlichen und gesellschaftlichen Einheit. Sie hofften, dass die religiösen Verhältnisse und das eigene Leben in Ordnung gebracht würden. Die Endzeiterwartung des Judentums war also hoffnungsfroh und auf diese Welt bezogen. Erwartet wird nicht der Untergang der Welt, sondern, dass der Messias die Dinge auf Erden richtet. (“Ein unglaublicher Machtanspruch”. Interview mit Christoph Marschies, in: Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 22012: 81-82)

Posted in Religion | Tagged , , , | Leave a comment

Jungfrauengeburt universal

Viele Motive, die sich im Evangelium wiederfinden, sind nicht neu, sondern aus anderen Kulturen übernommen. Die Jungfrauengeburt gibt es in den Mythen der Babylonier, der Ägypter, der Perser, der Griechen und der Römer. Der werdende Religionsstifter Siddhartha wählte etwa die tugendhafte Königsgattin Maya zur Mutter. Dieser Maya erschien im Traum ein Elefant, der in ihre Seite eindrang. Nach zehnmonatiger Schwangerschaft gebar sie den zukünftigen Buddha. (Keller, Claudia: “Geheimnisvolle Geschichten”, in: Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlangs-Anstalt, 2/2012: 46 und Traub, Rainer: “Wiedergeburt und Ewigkeit”, in: Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 2/2012: 83)

Posted in Religion | Tagged , , , , | Leave a comment

Das Evangelium nach Judas

Nikodemusevangelium? Thomasevangelium? Judasevangelium? Nazaränerevangelium? Schon mal gehört? Sie alle sind der Kanonisierung zum Opfer gefallen und gehören zu den apokryphen Schriften. Die Geschichte der Kanonisierung ist auch eine Geschichte der Ausgrenzung. Der Kanon setzt sich im Laufe der Zeit durch, ohne formalen Beschluss eines Kirchengremiums. Dabei wurden vor allem Schriften ausgesondert, die gnostisches Gedankengut enthalten. Für die gnostisch-christlichen Gemeinden stand das wahrhaft Göttliche im Gegensatz zur Welt. Die war das Produkt eines bösen Schöpfergottes. Das Ziel der Seele war es, sich von allen weltlichen Verstrickungen zu lösen. Mit der Verwerfung einiger Schriften, besonders des Thomasevangeliums, grenzt sich die Kirche von den gnostischen Lehren ab. (Keller, Claudia: “Geheimnisvolle Geschichten”, in: Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 22012: 56-60)

Posted in Religion | Tagged , , , , | Leave a comment

Alltagssprachenrhetorik

Leider werden rhetorische Figuren meist im Zusammenhang mit Dichtung besprochen. Entsprechend sind dann auch die Beispiele. Das führt zu der falschen Annahme, so etwas finde sich nur in einem elaborierten Code wie der Dichtung. Tatsächlich sind rhetorische Figuren natürlich Teil der Alltagssprache. Wir alle benutzen sie, auch wenn wir es nicht merken: Schieß los! -die Grabenkämpfe in unserer Firma – eine Schlange in der Mensa – Sie ist auf dem besten Wege – Er hat einen Riecher für neue Themen- Das Schwein hat mich verpfiffen (Metaphern); Brasilien spielt gegen Uruguay – Der hat sich an einem Abend zehn Flaschen reingezogen – Warum willst du dir einen Ford kaufen? (Metonymie); ein warmes Grün, heiße Rhythmen, kalte Farben, bittere Worte (Synästhesie).

 

Posted in Sprache, Sprachgebrauch | Tagged , , , , | Leave a comment

Das Mädchen meines Auges

Das spanische Wort für Pupille ist niña, was aber auch ‚Mädchen‘ heißt. Im Portugiesischen heißt menina sowohl ‘Mädchen’ als auch ‘Pupille’, und im Griechischen gilt das für kore. Und unser Wort Pupille ist von lat. pupilla abgeleitet, was ‚Püppchen‘ heißt. Zufall? Irgendwo habe ich jetzt gelesen, dass man dasselbe Phänomen im Chinesischen findet. Und auf Swahili.

Posted in Sprache, Sprachvergleich | Tagged , , , , | Leave a comment

Du schaffst es sowieso nicht

Drei Sprachen, drei Fälle, dieselbe Beobachtung, drei Deutungen: JH berichtet, in China erlaube man ihm als Ausländer oft nicht, Chinesisch zu sprechen und wechsle lieber ins Englische. BH berichtet, in Schweden erlaube man ihr oft nicht, Schwedisch zu sprechen und wechsle lieber ins Englische. WS berichtet, in Griechenland erlaube man ihm oft nicht, Griechisch zu sprechen und wechsle lieber ins Englische. JH sieht das als Zeichen eines Minderwertigkeitskomplexes der Chinesen, die zwar stolz auf ihre Vergangenheit, aber nicht auf ihre Gegenwart seien. BH sieht das als Zeichen der Freundlichkeit der Schweden. Sie stellten sich eben auf ihre Gäste ein und kämen ihnen entgegen, indem sie nicht auf dem Schwedischen beharrten. WS sieht das als ein Zeichen der Herablassung. Für ihn klingt das, als wollten die Griechen sagen: Versuch’s erst gar nicht. Du schaffst es sowieso nicht.

Posted in Fremdsprache, Kommunikation, Sprache | Tagged , , , | Leave a comment

Koiné

Zur Zeit Jesu war Griechisch die Verkehrssprache rund um das östliche Mittelmeer, nicht in ihrer klassischen Ausprägung, sondern in der Form der Koine, einer Sprache, die sich seit dem vierten vorchristlichen Jahrhundert durch Vermischung verschiedener Dialekte im Heer Alexander des Großen herausgebildet hatte. Ob auch Jesus diese Sprache beherrschte, ist nicht sicher. (Pieper, Dietmar: „Anfang einer neuen Zeit“, in: Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 22012: 23-24)

Posted in Sprachgeschichte, Sprachwahl | Tagged , , | Leave a comment