Gewaltige Maßnahme

Die Gewalt in Ostafrika ist in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen. Das ist in erster Linie das Resultat der Bevölkerungszunahme. Landmangel und ausbleibendes Industriewachstum treiben die Menschen in die Armut und damit in die Gewalt. Die Zahl der Raubüberfälle stieg. Die kenianische Regierung entschied, die Raubüberfälle zu bekämpfen, indem sie darauf die Todesstrafe setzte. Jetzt sind die Raubüberfälle noch grausamer. Die Opfer werden nicht nur überfallen, sondern gleich getötet. Die Todesstrafe droht sowieso, und wenn das Opfer tot ist, sinkt die Chance, dass der Raub herauskommt. (Jaetzold, Ralph: Inside Africa. Trier: Geographische Gesellschaft Trier, o.J: 74)

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Fragen an die kubanische Revolution

Wer wollte die Stationierung von Raketen auf Kuba, Kuba oder die Sowjetunion? Was hielt Fidel Castro von dem Rückzieher Chruschtschows? War er einverstanden? War er überhaupt informiert? Hat die feindselige Haltung der USA gegenüber der kubanischen Revolution Kuba erst in die Hände der Russen und in den Kommunismus getrieben? War die Bewaffnung Kubas mit Hilfe der Sowjetunion eine Folge der Invasion in der Schweinebucht? War die Explosion des französischen Schiffs La Coubre im Hafen von Havanna (1960) ein Sabotageakt der USA? Fürchtet Fidel Castro nichts so sehr wie die Entspannungspolitik, weil das seiner Kriegslogik und seinem autoritären Einheitssystem entgegen stünde? Wie kam Camilo Cienfuegos ums Leben? War der Flugzeugabsturz ein Unfall? Oder wollte Fidel sich eines politischen Konkurrenten entledigen, einem Helden der Revolution? War Che Guevara ein Opfer Fidels? Hat es einen Bruch zwischen dem Che und Fidel gegeben, der den Che dazu veranlasste, Kuba zu verlassen? Warum schickte Fidel keine Truppen nach Bolivien, um den Che zu unterstützen? Warum wurde er nicht vor einem möglichen Verrat der Kommunisten gewarnt?

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Tönende Maske

Maske Larve Scheme. Das Deutsche hat alle drei Wörter aus den romanischen Sprachen entlehnt. Und mit den Wörtern auch die Sache. Masken trug man in Deutschland erst seit dem 15. Jahrhundert. In anderen Kulturen gab es sie schon viel früher. Die frühesten Masken haben immer etwas mit dem Totenkult zu tun. Wenn man eine Maske trug, konnte man das eigene Ich eine Zeit lang verdrängen und damit eine andere Person, einen Toten, heraufbeschwören. Die frühesten belegten Masken bei uns waren Teufelsmasken. Die wurden nicht im Karneval, sondern bei Prozessionen getragen. Das waren mobile Schauspiele, bei denen Geschichten aus der Heilsgeschichte aufgeführt wurden. Engel und Heilige waren vertreten genauso wie Teufel, und die trugen Masken. Das ging dann in die Karnevalstradition ein. Da war der Teufel los. Die Maskierung war eine gute Möglichkeit, sich zu verbergen. Man nimmt eine andere Identität an und entzieht sich den gewohnten gesellschaftlichen Zwängen. Die Maske im Karneval ist materiell greifbar, die im Alltagsleben nicht. Nicht umsonst ist Person von einem Wort abgeleitet, das ‘Charakter’, ‘Rolle’ bedeutet, aber ursprünglich ‘Maske’. Durch die ‘tönt es durch’:    per-sonar.   („Volle Deckung – Warum wir uns tarnen“, Gespräch mit Volkskundler Werner Mezger, in: SWR 2 Matinee: 02/03/2014)

 

 

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Kluge Bauern

Wie sinnvoll ist überhaupt Entwicklungshilfe? Wie effektiv ist sie? Wem hilft sie? Würde es den Entwicklungsländern besser gehen, wenn es keine Entwicklungshilfe gäbe? Eine Episode aus dem Buch eines Afrikakenners belegt, dass sie zumindest oft ins Leere läuft. In Kenia war 1963 ein groß angelegtes landwirtschaftliches Musterprojekt angelegt worden. Es brachte aber keine Erfolge. Die Untersuchung ergab dann: Die Farm lag an einer der ungünstigsten Stellen. Die Böden waren ausgelaugt und humusarm. Deshalb war dieses Gebiet von den einheimischen Bauern vermieden worden. (Jaetzold, Ralph: Inside Africa. Trier: Geographische Gesellschaft Trier, o.J: 87)

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Material für die Pyramiden

Was brauchte man, um die Pyramiden zu bauen? Eine Schrift! Für die gigantische Baustelle müssen Tausende, vermutlich Zehntausende von Menschen abgestellt werden. Die müssen ernährt werden, wenn sie arbeiten sollen. Also muss die Nahrung woanders her. Von denen, die sich dem Ackerbau widmen, den Bauern. Dazu brauchte man ein System, mit Lieferzeiten, Liefermengen, Kontrollen, mit Steuerlisten und Quittungen. Und was brauchte man für Listen und Quittungen? Eben, eine Schriftsprache. (Janson, Tore: Språkens historia. o.O.: Norstedts, o.J.: 61-63)

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Kontaktlos?

Meistens findet man es schwer, die Fäden zusammenzuführen, aber gelegentlich hilft der Zufall, wie jetzt bei der Lektüre in drei ganz verschiedenen Büchern (Mythologie, Afrika, Sprachgeschichte). Hier kommt das erste Kuriosum: Als die Griechen unterwegs nach Troja sind, wird ihre Weiterfahrt durch eine Windstille behindert. Dafür hat Artemis gesorgt, die noch eine Rechnung mit Agamemnon, dem Führer der Griechen, offen hat. Kalchas, der Seher, weissagt, dass Agamemnon seine Tochter Iphigenie opfern müsse, um die Göttin zu besänftigen. Iphigenie wird herbeigeschafft, und der Altar wird vorbereitet. In dem Moment, wo Agamemnon sein Schwert erhebt, geht Artemis dazwischen, nimmt Iphigenie von dem Altar und ersetzt sie durch eine Hirschkuh (Karabatea: 117). Bekannte Geschichte? Ja, Abraham und Isaak ist gleich Agamemnon und Iphigenie. Die Frage ist: Woher kommt die Ähnlichkeit? Hat es Kontakte gegeben oder sind die Geschichten unabhängig voneinander entstanden? Wenn sie unabhängig voneinander entstanden sind: Was sagt uns das über das menschliche Denken? Sind wir alle gleich gestrickt? Bei der zweiten und der dritten Kuriosität stellt sich die gleiche Frage. Einmal geht es um die Entstehung des Menschen. Es hat offensichtlich zwei Ansätze gegeben, einen in Ostafrika und einen in Südafrika. Die Frühmenschen in Südafrika hatten jedoch keinen Bestand und sind ausgestorben (Jaetzold: 110). Wie kann es sein (wenn man die Abstammung des einen von dem anderen ausschließt), dass so eine Besonderheit sich zweimal unabhängig voneinander ereignet? Und wenn das der Fall ist, warum hat sich das nicht dutzendfach wiederholt? Das dritte Kuriosum betrifft die Entwicklung der Schrift. Die ist in Mesopotamien (vor ca. 5.000 Jahren), in China (vor ca. 3.500 Jahren) und in Mittelamerika (vor ca. 2.300 Jahren) entwickelt worden. Die drei Schriftsysteme haben viel gemeinsam. Wie kommt das? Hat es Kontakte gegeben? Vom Mittelmeer nach Ostasien, ohne dass unterwegs Spuren hinterlassen wurden? Über den Atlantik oder den Pazifik nach Amerika, fast 2.000 Jahre vor Kolumbus? Das klingt noch unwahrscheinlicher als die andere Erklärung, nämlich, dass man ganz unabhängig voneinander so eine bahnbrechende Erfindung gemacht hat, vielleicht die wichtigste in der Geschichte der Menschheit (Janson: 58).

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Antike Panscherei?

In Ägypten wie in Griechenland und in Rom wurde der Wein mit Wasser gemischt. Das Verhältnis war häufig zwei (Wein) zu fünf (Wasser). Eine Kombination zu gleichen Teilen galt schon als unmäßig. Pur wurde nur das Trankopfer an die griechischen Götter genossen. Man goss stets das Wasser in den Wein, nie umgekehrt. Die ersten Edelreben wurden von den Minoern gezüchtet. Die wurden von den Griechen durch Kreuzung verfeinert. Griechischer Wein wurde bald zu einem erfolgreichen Exportartikel. (Schreiber, Mathias: “Der Heilige Trank”, in: Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 2/2012: 164-5)

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New schools

English has borrowed school from Latin. The Latin word, schola, is easily recognisable when we look at the word. When we hear it, it is much more difficult to see the relationship: /∫ola/ vs. /sku:l/. And the plural form is also quite different: scholae # schools. English school was later borrowed by Setswana, a Bantu language spoken in Botswana.  As Setswana does not have /sk/, a vowel was introduced between the two sounds, which makes it sekole. Plurals in Setswana are not formed by changing the end of the word but by changing the beginning of the word. The group of nouns to which  sekole belongs forms its plural by replacing se- by di-. So we end up with dikole. At the end of the chain, dikole corresponds to scholae. One must have a very sharp eye to detect that they are related. (Janson, Tore: Språkens historia. o.O.: Norstedts, o.J.: 48-9)

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Hl. Pilatus

Seine Berühmtheit bis auf den heutigen Tag verdankt er einer Hinrichtung. Einer durch ihn veranlassten Hinrichtung. In der äthiopischen und in der koptischen Kirche ist er sogar ein Heiliger: Pontius Pilatus. Pilatus war, wie eine 1961 entdeckte Inschrift belegt, Präfekt von Judäa. Er trat das Amt im Jahre 26 als fünfter Präfekt an, eine Auszeichnung für seine Verdienste. Pilatus residierte in Cäsarea, nicht in Jerusalem. Nach Jerusalem war er, als es zu dem Prozess gegen Jesus kam, nur wegen des Passahfestes gekommen. Präfekt  zu sein, war keine leichte Aufgabe: Pilatus war dem Kaiser verantwortlich, aber auch dem Oberstatthalter in Syrien und den jüdischen Würdenträgern. Eine Gratwanderung. Zur Erfüllung seiner Aufgaben standen ihm nur 3.000 Soldaten zur Verfügung, meist Hilfstruppen aus der Region. Einen Aufstand durfte er nicht riskieren. Er musste sich im Zweifelsfall auf die Seite des Hohen Rates schlagen. Pilatus residierte nicht etwas in Jerusalem. Er war nur des Passahfestes wegen gekommen. Welche Rolle er in dem Prozess gegen Jesus spielte, ist unklar. Jedenfalls ist es nicht so gewesen, wie die Evangelien berichten. Erstens gab es damals vermutlich gar keine Festtagsamnestie und zweitens hätte Pilatus gar kein Begnadigungsrecht gehabt, wenn es um Hochverrat ging. Das war dem Kaiser vorbehalten. Es kann dann also auch keine (jüdische) Menschenmenge gegeben haben, die „Kreuzige ihn!“ gerufen hat. (Auch das Waschen der Hände als Zeichen der Unschuld war bei den Römern nicht üblich). Historisch wahrscheinlich ist es jedoch, dass die jüdische Elite Jesus an Pilatus überstellte, mit dem Vorwurf, er sei ein politischer Unruhestifter. Für religiöse Fragen interessierte sich Pilatus nicht, und er war dafür auch nicht zuständig. Das religionsgesetzliche Verfahren musste also in ein politisches umgewandelt werden. Es fand vermutlich öffentlich statt, vor dem herodianischen Palast, in dem Pilatus während seines Aufenthalts wohnte. Wenn Jesus nicht die Anklage, er erhebe den Anspruch, der König der Juden zu sein, widerlegen konnte oder wollte, war sein Urteil gefällt. In jedem Fall konnte nur der Statthalter die Todesstrafe verhängen, selbst wenn Kaiphas vorher ein Urteil gefällt haben sollte. Sich die Hände in Unschuld zu waschen, ist also nicht angebracht. Und warum ist Pilatus trotzdem ein Heiliger in der äthiopischen und in der koptischen Kirche? Weil er seinen Teil dazu beigetragen hat, dass Jesus durch seinen Opfertod die Menschheit erlöste! (Gatterburg, Angela: „Das Urteil“, in:Großbongardt, Annette & Pieper, Dietmar (Hg.): Jesus von Nazareth und die Anfänge des Christentums. München, Deutsche Verlags-Anstalt, 2/2012: 123-129)

 

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Wie viele Sprachen?

Tore Janson macht in seinem Buch zur Geschichte der Sprache folgende Rechnung auf: Wenn man annimmt, dass vor 12.000 Jahren auf etwa 2.000 Menschen eine Sprache entfiel und wenn man annimmt, dass es etwa 10 Millionen Menschen gab, dann gab es damals 5.000 Sprachen, also, ganz grob gesprochen: so viele wie heute. Das sind natürlich Schätzungen, aber wohlbegründete Schätzungen. (Janson, Tore: Språkens historia. o.O.: Norstedts, o.J.: 31-33)

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Spaltpilz

Es ist schwer, jemanden zu finden, der nicht gegen oder für Fidel Castro ist. Er scheint zu polarisieren. Das gilt auch für die Menschen aus seinem engsten Umfeld. Sein ehemaliger Schwager, Rafael Díaz Balart, der Mann seiner ersten Ehefrau, polemisiert und agitiert aus den USA gegen ihn. Sein Sohn Fidelito aus der ersten Ehe lebt weiterhin in Kuba und hat ein enges Verhältnis zum Vater. Seine Tochter Alina hat eine regelrechte Hetzschrift gegen ihn verfasst. Ihre Mutter, Naty Revuelta, dagegen, eine Aristokratin, hält Fidel und der Revolution noch immer die Treue. Seine deutsche Geliebte, Martina Lorenz, Tochter eines Kapitäns, kehrte ihm den Rücken und kam später nach Kuba zurück, um Fidel Castro im Auftrag der CIA zu ermorden. (Gratius, Susanne: Fidel Castro. München: Diederichs, 2005: 13-15)

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Mythos Revolution

Die kubanische Revolution ist eine Revolution sui generis. Sie ist und war eine nationalistische, fidelistische, lateinische Revolution. Und das System, das durch sie hervorgegangen ist, unterscheidet sich von anderen kommunistischen Systemen. Zum einen gibt es in Kuba keinen Personenkult. Man sieht kaum mal ein Bild von Fidel Castro, von Marx und Lenin sowieso nicht, und auch kaum mal von Che Guevara. Der einzige “Held”, den Kuba hat, ist José Martí (auf den sich auch Fidel Castro immer beruft und dessen Werk er eingehend studiert hat), und der tritt meist in Form von Zitaten auf. Kurios ist auch, dass Fidel Castro kaum jemals etwas publiziert hat, außer seine Reden. Der Impuls für die kubanische Revolution war weniger pro-kommunistisch als anti-imperialistisch. Von der Diktatur des Proletariats und vom Marxismus-Leninismus stand am Anfang und steht auch jetzt nichts in der Verfassung. Wenn es zwischendurch in die Verfassung aufgenommen wurde, war das eine Konzession an die Sowjetunion. Dass man sich in deren Arme warf, war eine pragmatische Entscheidung: Irgendwie musste man überleben. Und die SU nahm Zuckerrohr gegen Garantiepreise ab, lieferte Erdöl (das Kuba nicht ganz verbrauchte, sondern weiterverkaufte) und gab günstige Kredite. Trotzdem war Kuba nie ein Satellitenstaat der SU. Kubas Alleingänge in Afrika waren berüchtigt und wurden in Moskau als Provokation empfunden. Die Abhängigkeit von der Sowjetunion in wirtschaftlichen Dingen rächte sich nach dem Zusammenbruch der SU. Jetzt blieb man auf dem Zuckerrohr sitzen und hatte kein Öl. Kuba erlebte einen regelrechten ökonomischen Kollaps. Die Versorgungslage ist fatal. Man wundert sich, dass das System immer noch überlebt. Das liegt einmal an dem Mythos Revolution (der klassische Fall von David gegen Goliath, 82 gegen 20.000), der Abwehr des amerikanischen Invasionsversuchs in der Schweinebucht, dem Charisma Fidel Castros (das nachwirkt, obwohl er kaum noch in Erscheinung tritt), dem Improvisationstalent der Kubaner, der Unterstützung durch Exil-Kubaner (alleine zwei Millionen in Miami) und der Flexibilität des Systems, das immer wieder den Kopf aus der Schlinge zieht. Die kubanische Revolution hat inzwischen zehn US-Präsidenten kommen und gehen sehen, und Fidel Castro hat nicht nur sie überlebt, sondern auch Dutzende von Versuchen durch die USA, ihn zu eliminieren. (Gratius, Susanne: Fidel Castro. München: Diederichs, 2005)

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Menschliche Sprache

Wie viele Khoisan-Sprachen gibt es eigentlich? Gar nicht so einfach zu sagen. Eine deutsche Forscherin. Dorothea Bleek, kam in den 50er Jahren auf 20. Kein Forscher nach ihr kam zu genau derselben Liste, mit denselben Namen. Eines Tages machte sich jemand die Mühe, alle in der Literatur erwähnten Khoisan-Sprachen aufzulisten. Und kam auf 141. Was denn nun? 20 oder 141? Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass 141 (viel) zu hoch gegriffen ist. Wie kommt es dann zu der hohen Zahl? Erstens sind einige der Sprachen inzwischen ausgestorben. Zweitens gehören einige der Sprachen vielleicht gar nicht den Khoisan-Sprachen zu. Sie haben so wenig mit den Khoisan-Sprachen zu tun, dass sie vermutlich einer anderen Gruppe zugehören. Drittens tauchen einige Sprachen unter verschiedenen Namen mehrmals auf (so wie in Europa español und castellano oder Flämisch und Niederländisch). Man muss sich klar machen, dass die meisten dieser Sprachen keine Schrift haben und die Forscher darauf angewiesen sind, die Menschen zu fragen, welche Sprache sie sprechen. Dazu müssen sie in den meisten Fällen vorher deren Sprache gelernt haben. Und wenn sie dann die Frage stellen, bekommen sie oft die Antwort: “Weiß nicht”. Das klingt fremd für uns, aber ist es gar nicht. Warum sollen ein paar Dutzend Menschen, die als Jäger und Sammler in kleinen Gruppen durch die Gegend ziehen und nur ganz gelegentlich Kontakt mit anderen Gruppen haben, einen Namen für ihre Sprache haben? Häufig antworten in ihrer Verlegenheit mit einem Wort, das mit dem Wort khwe oder khwi in Zusammenhang steht. Das bedeutet einfach “Volk” oder “Mensch”. Sie sagen also dem Forscher, dass sie die menschliche Sprache sprechen! Das Gegenstück zu den Khoisan-Sprachen bilden die australischen Eingeborenensprachen. Hier hat jede Gruppe eine klare Identität und eine Antwort darauf, welche Sprache sie spricht. Wenn man danach geht, beläuft sich die Zahl auf 700, eine riesige Anzahl von Sprachen, wenn man von einer Million Einwohnern zum Zeitpunkt der Ankunft der Europäer ausgeht. Der australische Sprachwissenschaftler Dixon glaubt, bei vielen dieser Sprachen handele es sich um Dialekte, nicht Sprachen, denn sie seien gegenseitig verständlich. Das ist allerdings ein wenig verlässliches Kriterium. Auch europäische Sprachen wie Norwegisch und Dänisch sind gegenseitig verständlich. Trotzdem gelten sie als unterschiedliche Sprachen. Das Kriterium liegt außerhalb der Sprache. (Janson, Tore: Språkens historia. o.O.: Norstedts, o.J.: 24-30)

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Eins- zwei -drei? Vier – fünf -sechs!

Es wird häufig kolportiert, dass gewisse Sprachen nur sehr wenige Zahlwörter haben, z.B. eins – zwei – drei. Kann sein, aber man hätte es schon gerne etwas genauer. Tore Janson hat es etwas genauer: In Ju/’Hoan, einer Khoisan-Sprache, gesprochen von den San (Buschmännern) in Namibia, gibt es kein Wort für eine höhere Zahl als sechs. Warum auch? Sie haben weder Vieh noch Geld noch sonst etwas, was Rechnen erforderte. Die Sprache deckt die Bedürfnisse der Sprecher, aber eben auch nicht mehr. (Janson, Tore: Språkens historia. o.O.: Norstedts, o.J.: 22)

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Strafarbeit

Die Menschen waren schon immer einfallsreich, wenn es darum ging, sich Strafen auszudenken. In der griechischen Mythologie muss Sisyphos einen Stein einen Berg hinauf rollen. Wenn er oben angekommen ist, fällt der Stein wieder hinunter, und er muss von vorne beginnen. Prometheus wird in die schlimmste Einöde des Kaukasus geschleppt und an einen Felsen über einem Abgrund gekettet. Jeden Tag kommt ein Adler und frisst seine Leber. Die aber erneuert sich immer wieder, da er ein Unsterblicher war. Tantalos wird in die Hölle verstoßen. Dort steht er in einem Teich. Er hat Hunger und Durst. Das Wasser geht ihm bis zum Hals, und dennoch kann er nicht trinken. Jedes Mal, wenn er sich bückt, sinkt das Wasser. Über ihm hängen reife Feigen an einem Baum, aber dennoch kann er nicht essen. Jedes Mal, wenn er die Hände danach ausstreckt, kommt ein Windstoß und bläst die Zweige in die Höhe. Es lebe die menschliche Phantasie!

 

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