Geschlechtsneutrale Erziehung

Schulbeginn in NRW. Die Schultüten werden, wie alles, was mit Kindern zu tun hat, immer aufwändiger und größer. Und die Kinder können sie selbst dekorieren. Welche Motive wählen die Mädchen? Einhörner, Blumen und Prinzessinnen. Und die Jungen? Autos, Raketen und Fußball.

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Käferplage

Die Beatles waren die netten Jungs von nebenan, die Stones die schlimmen Jungs, deren Umgang man seinen Kindern nicht zumuten wollte. Das ist die gängige Vorstellung heute. Ich habe mich schon immer gefragt, wo diese Vorstellung herkommt. Wer die Zeit miterlebt hat, sieht das anders. Damals verbreiteten beide Furcht und Schrecken, jedenfalls beim Establishment, die Beatles genauso wie die Stones. Das bestätigt jetzt auch ein Zeitungsartikel über den Beginn der Beatlemania vor fünfzig Jahren (Mrozek, Bodo: „Yeah, Yeah, Yeah“, in: Die Zeit 31/2014: 17). Die britische Presse sprach damals von einer mittelalterlichen Seuche, die deutsche von der Käferplage, in den USA sprach man von einer atavistischen Krankheit. In Israel wurde den Beatles die Auftrittserlaubnis entzogen, weil man negative Einflüsse auf die Jugend fürchtete. Christliche Aktivisten in den USA verbrannten vor laufenden Kameras Platten, Pilzkopfperücken und Bilder der Beatles auf einem Scheiterhaufen. In Japan wurde die Reise der Beatles von einem tropischen Sturm begleitet, der als Beatles-Taifun bezeichnet wurde, und Traditionalisten erklärten sich bereit, unter Einsatz von Kampfkünsten den Auftritt der Beatles im Budokan zu verhindern, der Halle, die der Vorführung traditioneller Kampfkünste vorbehalten war. Weltweit gaben Ordensträger ihre Medaille zurück, als die Beatles den Order of the British Empire bekamen. Im Westen erregten vor allem die Entgleisungen weiblicher Fans die Gemüter, die halb geschlossenen Augen, die entzerrten Gesichtszüge, die tierischen Schreie. Die Beatles selbst reagierten immer gereizter auf das Verhalten ihrer Fans, deren Schreie bei den Konzerten ihre Musik übertönte. Die Konzerte wurden immer kürzer, etliche wurden vorzeitig abgebrochen, und schon 1966 gaben die Beatles in San Francisco ihr letztes öffentliches Konzert.

 

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Lisztomanie

Der Begriff Beatlemanie spielte auf die Lisztomanie aus dem frühen 19. Jh. an. Schon damals hatte man, wie bei den Beatles, die ungewöhnlich langen Haare von Liszt und seinen exaltieren Vortragsstil verspottet, vor allem aber die weiblichen Fans, die dem Künstler auf manische Weise verfallen waren. Sie fielen in Ohnmacht, mussten mit Riechsalz wiedererweckt werden und balgten sich um Souvenirs wie das Wasserglas des Stars. Nichts Neues unter der Sonne. (Mrozek, Bodo: „Yeah, Yeah, Yeah“, in: Die Zeit 31/2014: 17)

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Mozart-Effekt

Der Mozart-Effekt: Paradebeispiel für fragwürdige Forschung und die fragwürdige Wiedergabe von Forschungsergebnissen an die Öffentlichkeit. Und eine Öffentlichkeit, die diese Ergebnisse mit religiöser Inbrunst aufnimmt: Mozart-Musik, so hieß es, verbessere die kognitiven Leistungen von Studenten. Das hatten Frances Rauscher und Gordon Shaw von der University of California in einem Experiment “nachgewiesen”. Es wurde kolportiert, klassische Musik mache Kinder kreativer, intelligenter und geistig gesünder. Auf einer wilden Begeisterungswelle versorgten ehrgeizige Eltern ihre Babys mit klassischer Musik, und der Gouverneur von Georgia versprach, jedes Baby von Seiten des Staates mit einer CD mit klassischer Musik auszustatten. Den Skeptikern wollte, wie immer, niemand mehr zuhören. Die machten darauf aufmerksam, dass a) der Effekt nach einer Viertelstunde wieder verpufft war, dass b) jede Musik diesen Zweck erfüllte und dass c) überhaupt jede geistige Anregung diesen Zweck erfüllte. Es musste nicht Mozart sein, es konnte auch Stephen King sein. Die Legende verbreitete sich trotzdem. Dass Musik irgendwie das Gehirn beeinflusst, steht (fast) außer Frage, die Frage ist nur: wie? Und wie kann man das nachweisen? Wenn Kinder, die ein Instrument spielen, bessere Sprachleistungen erbringen als Kinder, die kein Instrument spielen, muss das nicht am Musikunterricht liegen. Vielleicht haben überdurchschnittlich sprachbegabte Kinder einfach mehr Interesse an Musik. Oder vielleicht sind Eltern, die ihre Kinder ein Instrument erlernen lassen, einfach wohlhabender und gebildeter als andere Eltern und fördern ihre Kinder mehr. Es besteht also eine Korrelation, kein Kausalzusammenhang zwischen den beiden Phänomenen. Ob sich Musik auf den IQ oder überhaupt auf andere Fähigkeiten oder die Persönlichkeit auswirkt, ist schwer nachzuweisen. Dazu müsste man eine repräsentative Gruppe von Kindern aus allen sozialen Schichten haben und sie viele Jahre lang beobachten. Man müsste also eine Längsschnittstudie machen. Man könnte dann per Los entscheiden, welche Kinder Kunst- und welche Kinder Musikunterricht bekommen und könnte dann sehen, welcher der Kinder den besseren Schulabschluss bekommen. Aber das machen erfahrungsgemäß weder Eltern noch Kinder mit, und für die Forscher ist es eine zeit- und kostenintensive Angelegenheit. Man könnte auch versuchen, herauszufinden, ob sich Musik auf die sozialen Fähigkeiten der Kinder auswirkt. Werden Kinder durch Musik emphatischer, friedlicher, kooperativer? Schön wär’s. Immerhin berichten viele Musiklehrer, dass sich die Atmosphäre in der Klasse schlagartig ändert, wenn der Musikunterricht beginnt und auch ausgewiesene Rabauken ihre Instrumente mit Sorgfalt behandeln. Auch das beruht aber zunächst einmal nur auf Beobachtungen. Stichhaltige Nachweise gibt es kaum. Man sollte Musik um der Musik willen ausüben, nicht um irgendwelcher Nebeneffekte willen. (Drösser, Christoph: “Machen Töne schlau?”, in: Die Zeit 26/2014: 31-32)

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Merkel als Pilotin

Bei Angela Merkel, so Franz Müntefering, fühlt man sich so wie bei einem sicheren, erfahrenen Piloten. Man setzt sich ganz entspannt ins Flugzeug. Nur weiß man nicht, wohin die Reise geht!

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Frühreifes Früchtchen

Aprikose heißt wörtlich ‘frühreif’. Dass man das nicht erkennt, liegt daran, dass sich ein Artikel in das Wort eingeschlichen hat. Der Stamm ist praecox und dessen Variante praecoquium. Über griechisch πρεκóκκια kam das Wort dann ins Arabische, und daher kommt der Artikel: al-barquq. Daraus wurde port. albricoque und span. albaricoque (in beiden ist der arabische Artikel noch erhalten) und frz. abricot. Über ndl. abrikoos kam das Wort dann ins Deutsche, das wie das Englische (apricot) und das Schwedische (aprikos) den Anfangslaut /b/ durch /p/ ersetzt hat (wahrscheinlich durch eine Fehlinterpretation) und damit wieder näher am Original ist! (Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin, New York: De Gruyter, 1999: 641; DudenDas Herkunftswörterbuch. Mannheim, Wien, Zürich: Dudenverlag, 1963: 49)

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Nord gegen Süd

Der typische Nordurlauber ist etwas älter, etwas wohlhabender und deutlich gebildeter als der typische Südurlauber. Und er kommt eher aus den nördlichen Bundesländers. Anders als der Südurlauber, nimmt er sein eigenes Auto mit, mietet eine Ferienwohnung und fährt durch die Gegend. Der Tag hat keine immer wiederkehrende feste Form. Der Tag des Südurlaubers folgt dagegen einer festen Choreographie. Der Süden wird genauso romantisiert wie der Norden: Lebensfreude, Leichtigkeit, gutes Essen einerseits, unberührte Natur, Stille, Einsamkeit, weite Räume andererseits. Nach Süden fährt man wegen des Essens und wegen des Wetters, nach Norden trotz des Essens und trotz des Wetters. Der Norden verlangt mehr “Rechtfertigung”. Dabei hat der Norden im Sommer mehr Sonnenstunden als der Süden. Der Südurlauber verklärt den Süden. Mit Abstand geht das besser. Kein Mailänder käme auf die Idee, Apulien zu verklären. Obwohl der Urlauber den Süden verklärt, kommt er kaum mit ihm in Berührung. Oft bleibt er im Club oder der Hotelanlage und schafft es noch nicht einmal bis zum Strand. (Allmaier, Michael, Baumstieger, Moritz: “Viele mögen es heiß”. Interview mit Professor Martin Lohmann, in: Die Zeit 30/2014: 56)

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South African Coconuts

Under Apartheid, South Africa had quite a rigid social division based on race: Whites, Blacks, Coloureds, Indians. There was little mixing between them. There were also four easily identifiable social dialects of English corresponding to these classes. After the end of Apartheid, from the 1990s onwards, young children of all backgrounds could join high-quality schools once reserved for the Whites – provided their parents could afford it. Initially, white children dominated in these schools. Social networks developed which favoured the English of this class, and children of the other classes accommodated to these prestige norms. As a result, certain features were “deracialised”. The GOOSE vowel, for instance, the vowel of food, who, true, etc., is traditionally fronted in White South African English, a feature that was first described in the 1920s. The vowel is fronted to different degrees. One can describe fronting in this way: the higher the social position and the younger the speaker, the fronter the vowel. In an experiment involving young, middle-class students it was shown that the Black children had almost entirely accommodated their White mates as far as fronting is concerned. This can be interpreted favourably: the linguistic feature has become de-racialised, young Blacks were confidently using the prestige accent of most educated people, a new middle-class was emerging in which race was no longer a barrier to friendship and social relations. However, it also introduced new divisions where there had not been any: division between children who had made it to these schools and their parents and divisions between Blacks who had made it to these schools and those who had not. Apartheid (and Black solidarity) gave way to a sense of differentiation between “authentically” Black or not, ultimately encapsulated in the term coconut: dark on the outside, white on the inside. (Mesthrie, Rajend: “Social change and changing accents in South Africa, in:  Seargeant, Philip & Swann, Joan (ed.): English in the World. History, Diversity, Change. Abingdon: Routledge, 2012: 316-22)

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A sign of Cajunness

Language change can be systematically studied by comparing contemporary speech with historical records but also by comparing the speech of different age groups, as in this study (carried out by Dubois and Horvarth) of the Cajun dialect spoken in Louisiana. One of the features of this dialect is the nasalised pronunciation of vowels. This feature is associated with the traditional community and is gradually disappearing. As might be expected, middle-aged speakers use it less than older speakers. There is no gender difference in these groups. There is a gender difference, however, in the group of younger speakers. Younger women use nasalised vowels even less than middle-aged people, i.e they continue the trend. But younger men reverse the trend. They nasalise almost all their vowels. This may be due to the fact that young men are often involved in the tourist industry and have re-adopted the feature as a sign of their “Cajunness”. A similar trend can be observed with regards to another feature of the Cajun dialect, the absence of aspiration in voiceless plosives. Older and middle-aged men and women use this variant more often than not, with no significant difference between men and women. This is different in the younger group, where women have almost entirely given up the old feature but men have not. In both cases, gender and age seem to related, and in both cases, women lead the change towards Standard English. Not all young women, however, behaved in the same way. Those who have closed networks, i.e. those who have more ties with their local community and spend most of their time with other members of their community behave differently from those who have open networks. This was reflected in the results for another feature of the Cajun dialect, the replacement of the dental fricative in think or this by plosives, /t/ and /d/. Women with closed networks use the traditional Cajun forms more often than those with open networks. (Meyerhoff, Miriam, Strycharz, Anna: “Variation and change in English”, in: Seargeant, Philip & Swann, Joan (ed.): English in the World. History, Diversity, Change. Abingdon: Routledge, 2012: 302-10)

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Café Europa

Beim Café Europa anlässlich der österreichischen Präsidentschaft der EU 2006 stellte jedes Land einen landestypischen Kuchen oder ein Gebäck vor: Wienerbrød (Dänemark), Kanelbulle (Schweden), Streuselkuchen (Deutschland), Waffeln (Belgien), Shortbread (UK), Scones (Irland), Madeleines (Frankreich), Tiramisu (Italien), Vasilopita (Griechenland), Baklava (Zypern), Dobos Torta (Ungarn) usw. Gute Idee. Ich finde die Wahl von Streuselkuchen für Deutschland gut. Der ist wirklich im Alltagsleben präsent, und er ist in anderen Ländern nicht so bekannt. Das sollte ich mir merken für die nächste Gelegenheit, wenn ich nach typischen Gerichten in der Heimat gefragt werde.  Bei Irland ist die Zuordnung eher überraschend. Scones sind für mich echt englisch, aber das UK hatte das schottische Shortbread gewählt, so dass die Scones übrig waren. Baklava ist für mich typisch türkisch, und es ist interessant, dass Zypern diese Wahl getroffen hat.

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Maastricht, Belgien?

Wenn es zur Zeit der Gründung von Belgien eine Volksabstimmung gegeben hätte, wäre Maastricht (sowie die gesamt Provinz Limburg) vermutlich zu Belgien gekommen. Es wurde aber “von oben” bestimmt, dass Maastricht bei den Niederlanden verbleiben sollte. Die Menschen in Maastricht betonen aber ihre “Andersartigkeit”: ganz im Süden gelegen, mehrheitlich katholisch, mit Karneval, einem fast südländischen Flair und einem eigenen Dialekt. Den kann man in Maastricht förmlich “sehen”, nämlich an den “zweisprachigen” Straßenschildern in der Innenstadt. Die Maas teilt die Stadt in zwei Stadtteile, die sich durch eine herzliche Rivalität auszeichnen. Der “andere” Stadtteil, der am rechten Maasufer, heißt Wyck, abgeleitet vom lateinisch vicus, ‘Dorf’, ‘Bezirk’. Maastricht gehört zu dem Teil der heutigen Niederlande, das zum Römischen Reich gehörte. Der Name soll auf Traiectum ad Mosam oder Mosae Traiectum zurückgehen. Die beiden Stadtteile werden von der Alten Brücke, der Sint-Servaas-Brügge, verbunden. Sie wurde kurz vor der Befreiung Maastrichts im 2. Weltkrieg gesprengt und danach wieder aufgebaut, original, aber mit einer Erweiterung, von der heute die Fußgänger und Radfahrer profitieren. Die erste Brücke wurde von den Römern gebaut. Sie stürzte im 13. Jahrhundert bei einer Prozession ein. Der Heilige Servatius war der erste Bischof von Tongern. Er verlegte den Bischofssitz nach Maastricht und starb hier. Er wurde im Dom von Maastricht begraben. Dadurch wurde Maastricht zu einem der wichtigsten Wallfahrtsorte Mitteleuropas. Der Zulauf der Pilger war so groß, dass man für die Kleriker eine eigene, gotische Kirche gleich nebenan baute. Sie wurde später evangelisch. Die Straße, die die beiden Kirchen voneinander trennt, heißt Vagevuur, ‘Fegefeuer’. Später gehörte die Stadt dem Bischof von Lüttich und dem Herzog von Brabant gleichzeitig! Eine echte Besonderheit von Maastricht. Man sagt, das erkläre die zweiseitige Freitreppe am Rathaus. In der Familie bestimmte jeweils die Mutter, zu welcher Herrschaft ihre Kinder gehören sollten!

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Afrikaans vs. English

In 2004, the new constitution of Namibia declared English the sole official language. Up to then, both English and Afrikaans, as a result of South African control of the country, had been the country’s official languages. The administrative and military control was largely exercised through Afrikaans, however. It would have been much easier for the country to stick to Afrikaans. Though it was associated with the country’s white nationalist government, most Namibians were willing to learn it because it was the main language of schooling from fourth grade on and the main language for access to employment. None of the indigenous languages could compete with it. Neither could English. It was rarely used and not widely known. It was spoken only be 2% of the population, mostly in urban areas. Afrikaans was reasonably successful as a lingua franca. Continuing with Afrikaans would have had the advantages of continuity, the ability to use the existing human resources. On the other hand, Afrikaans had negative connotations for most of the people, and English could be regarded as the ethnically most neutral language and be seen as a unifying factor. However, it was not neutral with regards to class – the few who did know English well constituted an elite, whether members of the former ruling class or the well-educated political leadership who had been in exile. Elevating an indigenous language to the status of official language or medium of instruction would have been problematic for political and practical reasons and favoured one ethnic group over the other. For English, a vast array of educational resources was already available in other countries. In practice, however, the implementation of English meant that quite a lot of problems had to be overcome: Many delegates to the first parliament were unable to participate in the discussions because they had insufficient knowledge of English. Not enough teachers had sufficient proficiency in English to teach other subjects in English. And it was difficult for learners to do all their academic work in English which so far they had only studied as a school subject. (McCormick, Kay: “English and other languages”, in: Seargeant, Philip & Swann, Joan (ed.): English in the World. History, Diversity, Change. Abingdon: Routledge, 2012: 255-9)

 

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Der Gau

In einem wunderbaren Radiobeitrag wird die Entscheidung des ADAC, das Wort Gau aus seiner Satzung zu streichen, kritisch unter die Lupe genommen. Es ist unglaublich, was man über das Wort Gau so alles nicht weiß. Es klingt für viele von uns nach Nationalsozialismus (Gauleiter), und das ist wohl auch der Grund, warum der ADAC, als Teil der Strategie zur Aufbesserung seines Images (die aus ganz anderen Gründen nötig ist), das Wort jetzt verbannen will. Das ist aber viel zu kurz gedacht. Das Wort ist natürlich viel älter als die Nazis. Es war schon vor dem 1. Weltkrieg en vogue, als der ADAC gegründet wurde. Und es war ganz und gar passend, denn durch die Gaue, reichbewässerte, fruchtbare Gegenden, fuhren die frühen ADAC-Mitglieder (die ja Motorradfahrer, nicht Autofahrer waren) mit ihren Krafträdern. Schon damals hatte das Wort eine kontroverse Geschichte hinter sich. Es war im 18. Jahrhundert verschmäht, wurde dann aber von Romantikern und Revolutionären wiederentdeckt. Besonders Burschenschaftler, Wandervögel und Turner gliederten sich in Gaue. Der Begriff klang mittelalterlich, und gerade das machte ihn modern. Etymologisch hängt der Gau mit der Au zusammen und findet sich in geographischen Bezeichnungen wie Breisgau und Allgäu. In der Schweiz heißt der Kanton, durch die die Aare fließt, Aargau, und der Kanton, durch die die Thur fließt, Thurgau. (Müller-Ullrich, Burkhard: “Beim ADAC wird der “Gau” zur “Region”, in: Deutschlandfunk: Kultur Heute: 02.07.2014)

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Brooklynese

Many Americans look down on the speech of New Yorkers, and many New Yorkers themselves don’t like they way they talk. As a matter of fact, until a few decades ago students of Manhattan High Schools were given diagnostic exams and, if needed, speech classes to get rid of their accent, and many New York colleges required voice and diction courses targeted at certain local particularities. The best known of the features which characterise what is often called Brooklynese (more because of Brooklyn’s status as an icon of city life than for any specific linguistic reason) is the vowel of words like coffeecaughttalkedsaw, which makes coffee rather sound like cu-uhfee. A similar process applies to the short a in cab or pass or avenue, which makes a New Yorker speak of ki-ubbs which pi-uhss on Fifth i-uhvenue. (Whereas in the surrounding areas all words with a short a are pronounced i-uh, in New York this does not affect the short a in pat, cap, average, etc. – this is the so-called “short a split” of New York). However, there is also one aspect of their dialect of which New Yorkers seem to be proud, and that is their vocabulary: stickball, schlep, salugi, like a dradel and what a schmuck! are all typical of New York. The appeal of these words lies in their invocation of immigrant roots, and this makes the New York dialect, and the city itself, something of a counterpoint to mainstream Anglo America. This is where the disparagement comes from. Today, however, speaking like a New Yorker is no longer a social and professional handicap. Many middle-class New Yorkers of all ethnicities use the dialect, to say nothing of billionaires like Donald Trump. In assuming a New York middle-class dialect, these speakers leave behind a speech commonly associated with their ethnic communities. This working class minority speech has taken on the outsider status the classic Brooklynese has left behind. (Newman, Michael: “New York Tawk”, in: Wolfram, W. & Ward, B. (eds.): American Voices: How Dialects Differ from Coast to Coast. Oxford: Blackwell, 2006: 82-7).

 

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Scheidung international

In Russland ist es ganz und gar normal, sich scheiden zu lassen. Russland hat die höchste Scheidungsrate der Welt. Frühere Ehepartner bleiben oft freundschaftlich miteinander verbunden. In Indien gibt es kaum Scheidungen. Und wenn es eine Scheidung gibt, kann sich der Prozess bis zu zwölf Jahre hinziehen. Wenn ein Paar geschieden wird, werden gleichzeitig zwei Familien geschieden, und geschäftliche Beziehungen und die Familienehre werden in Mitleidenschaft gezogen. In Südafrika gab es früher nur in besonderen Fällen Scheidungen. Heute ist das Scheidungsrecht gelockert worden, und nicht zuletzt haben zwei Präsidenten dazu beigetragen, die Scheidung akzeptabler zu machen. Nelson Mandela war geschieden, und der jetzige Präsident, Jacob Zuma, hat schon sechs Scheidungen hinter sich. Inzwischen ist die Scheidungsrate bei Schwarzen höher als bei Weißen. In Shanghai werden inzwischen mehr Ehen geschieden als geschlossen. Viele Paare lassen sich scheiden, weil sie als Paar nur Anrecht auf eine Wohnung haben. Da sie ihr Geld gerne in Immobilien anlegen, lassen sie sich scheiden, kaufen sich eine zweite Wohnung, leben aber weiter zusammen. (Baxmann, Matthias, Eckoldt, Matthias: “Alltag Anders”, in Deutschlandradio Kultur: 04.07.201)

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